Hilde Mattheis ordnet die Lage der SPD ein
Beim Politischen Aschermittwoch der SPD in Schelklingen konzentriert sich die Abgeordnete auf die eigene Partei
● SCHELKLINGEN - Gar nicht lustig ist derzeit die Situation in der BundesSPD. Deshalb zeigte sich die Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis froh, dass ihr jährlicher Auftritt beim Aschermittwochstreffen in Schelklingen kein humoristischer sein muss, sondern ganz sachlich „Bericht aus Berlin“genannt wird. Sich über andere lustig zu machen, würde ihr in der gegenwärtigen Situation schwerfallen. Sie schilderte die Vorkommnisse in ihrer Partei seit der Bundestagswahl Ende September und benutzte einmal die Redewendung „so doof kann man doch gar nicht sein“. Zum Beispiel wurde Andrea Nahles als kommissarische Schulz-Nachfolgerin genannt, was zu dem Zeitpunkt laut Statuten für ein Nichtmitglied des Parteivorstandes gar nicht möglich war. Ein Parteimitglied unter den Veranstaltungsbesucher räumte später ein, Freunde sprächen ihm ihr Beileid aus.
Hilde Mattheis ist dem linken Spektrum der Sozialdemokraten zuzuordnen, und sie stimmte am Wahlabend der Aussage von Spitzenkandidat Martin Schulz zu, die SPD wird in die Opposition gehen, um Oppositionsarbeit zu machen und sich zu erholen. Dieser Meinung sei sie heute noch, im Gegensatz zum inzwischen verschwundenen Martin Schulz. Mattheis ist nicht scharf auf Neuwahlen, aber eine Minderheitenregierung ist ihrer Meinung nach eine Alternative, weil dann Argumente ausgetauscht werden müssten, Debatten entstünden und für Entscheidungen geworben werden müsste. Die CDU würde dann wohl pro Vorhaben vorab einen ersten Partner werben, ehe im Bundestag beraten und beschlossen wird. Die Partner wären wohl in Sachen Umwelt die Grünen, bei der Flüchtlingsthematik die AfD und bei Sozialem die SPD. Sogenannte Superministerien in einer Koalition und Vereinbarungen im Koalitionsvertrag seien kein Garant, die gesteckten Ziele zu erreichen, sagte Mattheis und nannte auch ein Beispiel aus der vergangenen Legislaturperiode. In skandinavischen Ländern, in Thüringen und Nordrhein-Westfalen habe man mit Minderheitenregierungen Erfahrungen gemacht. Die SPD sei in den Landtagen damals erstarkt. „Eine Minderheitenregierung ist nix für Feiglinge“, lautet Mattheis’ Slogan dazu.
Es reiche nicht mehr aus, im Schlaf die sozialpolitischen Ziele vorbeten zu können. Einen bitteren Nachgeschmack habe bei ihr die Klage vieler Wähler hinterlassen, dass Politiker tun würden, was sie wollen, unabhängig davon, was sie versprechen. Die Glaubwürdigkeit müsse zurückgewonnen werden, betonte sie im mit mehr als 30 Zuhörern sehr gut gefüllten Rittersaal. Zu den Zuhörern zählte auch Schelklingens Bürgermeister Ulrich Ruckh (parteilos). Mit 20,5 Prozent der Wählerstimmen im Bund ist die Zustimmung wieder weiter zurückgegangen, beklagte Mattheis. Zu befürchten sei irgendwann die Einstelligkeit, was in anderen EU-Ländern bereits bei Parteien eingetreten ist. Das Phänomen lasse auch die Grünen und die CDU nicht unberührt, wenn nicht gegengesteuert würde, meint die Politikerin. „Es reicht nicht aus, nur ins Grübeln zu kommen, sondern es muss ernsthaft gehandelt werden“, sagte die Bundestagsabgeordnete, die allerdings glaubt, dass diese Erkenntnis nicht gänzlich im Willy-Brandt-Haus eingegangen sei. „Der Absturz einer Volkspartei trifft dann die Demokratie“, warnt Mattheis. Aber Angela Merkel müsse sich auch etwas überlegen, meinte Hilde Mattheis.
Beklagt wurde in der Diskussionsrunde, dass Personalfragen dominieren, weil die Politiker nicht die Inhalte erklären wollen. Davor habe aber einst der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen Herbert Wehner (1906 – 1990) gewarnt. In der Diskussionsrunde wurde auch moniert, dass auch von staatlicher Seite Schindluder mit befristeten Arbeitsverhältnissen getrieben würde, zum Beispiel bei Lehreranstellungen. Die Klage traf auch schwammige Formulierungen im Koalitionspapier, zum Beispiel beim Thema Pflege. Die Schwammigkeit zeigte sich in Schelklingen beim Thema Migration. Hilde Mattheis wiederholte, was die Medien auch irreführend kolportieren. Sie sagte: „Die Obergrenze liegt bei 200 000 Flüchtlingen pro Jahr“. Auf Nachfrage präzisierte sie, dass mit der Zahl Arbeitsmigranten aus Drittstaaten zusammen mit Kriegsflüchtlingen gemeint seien. Bald könnten wohl auch 1000 Angehörige als Familiennachzug von Asylbewerbern in Härtefällen im Monat nach Deutschland kommen, wobei Hilde Mattheis nicht sagen konnte, wer das Erreichen dieses monatlichen Limits kontrollieren wird.