Den geölten Blitz hält kein Zyklon auf
Pita Taufatofua und sein Pfullendorfer Coach Thomas Jacob vor dem Rennen ihres Lebens
● ie Schocknachricht erreichte Pita Taufatofua und Thomas Jacob bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang mitten in der Vorbereitung auf das Rennen ihres Lebens: Die Pazifikinsel Tonga, Taufatofuas Heimat, war von einem schweren Wirbelsturm getroffen worden. Am Freitag muss der 34-Jährige die Gedanken an die Heimat freilich wegwischen, die getrübte Stimmung ausblenden – denn dann stehen für den Langläufer, der einst ein Taekwondokämpfer war, und seinen Pfullendorfer Trainer Jacob die 15 Kilometer Freistil an. Pita Taufatofua will dort der Welt zeigen: Den geölten Blitz hält kein Zyklon auf.
Nach den ersten Informationen zu dem Wirbelsturm wusste Taufatofua nicht, ob es seiner Familie und seinen Freunden gut geht. „Betet für Tonga“, schrieb er auf Facebook. Sogar IOC-Präsident Thomas Bach erkundigte sich telefonisch bei ihm nach der Situation in der Heimat. Bach habe ihm Unterstützung zugesichert, zerstörte Sporteinrichtungen wieder aufzubauen, schrieb Tautatofua weiter, „es war ein Traum von mir, olympische Einrichtungen für Kinder in Tonga zu errichten, damit sie eines Tages das Privileg haben, ein Olympionike zu sein und die Fahne zu schwenken. Nach dem Zyklon haben wir nichts, nun haben wir etwas Hoffnung.“Ob da Taufatofuas gut geölte oberkörperfreien Auftritte bei den Eröffnungsfeiern der letzten zwei Olympischen Spiele ein wenig den Helfergeist des IOC-Präsidenten animiert haben?
Die wichtigste gute Nachricht für Taufatofua aber: Seiner Familie geht es gut.
DDer vorletzte Platz als Ziel
Kalt gelassen hat natürlich auch Thomas Jacob der zerstörerische Wirbelsturm in Tonga nicht. „Wir sind alle niedergeschlagen“, schrieb der tongaische Nationaltrainer aus Pfullendorf via Whatsapp. Am Freitag (7 Uhr, ZDF und Eurosport) wird aber auch Jacob, im Hauptberuf Malermeister, diese Gedanken ausblenden, wenn sein Schützling in die olympische Loipe geht. „Es wird sehr hart für ihn, die Strecke ist brutal. Der vorletzte Platz – das wäre ein Traum.“
Akribisch bereiten er und Steve Grundmann, der Sportchef des Teams Tonga, Pita Taufatofua auf das Rennen seines Lebens am Freitag vor. „Wir trainieren täglich zweimal bei widrigen Bedingungen“, so Jacob. Der kalte Wind mache aus den minus zwölf Grad auch mal gefühlte minus 25 Grad. Sein Tag beginne gegen neun Uhr, wenn er nach dem Frühstück ins Rennbüro gehe und sich die Wetterdaten geben lasse. Dann präpariere er drei Paar verschiedene Ski. Diese würden getestet, um am Renntag auf alles vorbereitet zu sein. „Der Schnee hier ist sehr speziell“, sagte Jacob.
Ihren olympischen Traum leben Taufatofua und Jacob seit ihrer Ankunft vor eineinhalb Wochen jeden Tag intensiv. Bisheriger Höhepunkt war der gemeinsame Einlauf während der Eröffnungsfeier ins Stadion – und das längst nicht nur für Taufatofua. Auch für Jacob, der direkt hinter seinem Schützling lief, waren die Eindrücke phänomenal: „Die Eröffnungsfeier war natürlich das größte Sporterlebnis meines Lebens und wird auf immer unvergessen bleiben.“
„Die Koreanerinnen lieben Pita!“
Taufatofua werde auf seinen Auftritt bei der Eröffnungsfeier oft angesprochen, gab Jacob Einblicke in den Alltag: „Die Koreanerinnen lieben Pita!“Taufatofua selbst beschrieb die Situation mit einer sehr großen Zahl an Liebesbriefen und Heiratsanträgen: „73,4 Millionen-Milliarden! Es ist witzig. Es kam einiges rein. Viele schreiben mir: Verbrenne deinen Pass. Bleib einfach in Südkorea. Verbrenne deinen Pass! Man kann ja aber nur mit einem Menschen zusammensein ...“, sagte er dem Sportinformationsdienst SID.
Für den Exoten sei es „schon schwer“, fokussiert zu bleiben, da er auch viele Medienanfragen habe, gab Jacob zu. „Aber das ist wohl der Preis dafür“, resümierte er, ohne dabei genervt zu klingen. Neben der Konzentration auf den sportlichen Wettbewerb, bleibe sogar Zeit, sich diverse Rennen anzuschauen. Jacob schaut vor allem die Langlaufwettbewerbe, zu einem Abstecher zu den beiden Verfolgungsrennen der Biathleten hat es ebenfalls gereicht. Den Goldlauf von Laura Dahlmeier hat er so live aus nächster Nähe erlebt.