Stuttgarts schwarzer Samstag
Torwartfehler, umstrittene Unterzahl – der VfB geht auch in Hamburg leer aus
HAMBURG (dpa/SID/sz) - Hannes Wolf war nach der Niederlage beim Hamburger SV bedient. „Es war ein bitterer Nachmittag“, sagte der VfBTrainer nach dem 1:3 (0:1) beim kriselnden Hamburger SV. Bei einem Abstiegskandidaten zu verlieren, ist bitter genug. Die Art und Weise zerrte an den Nerven des 36-Jährigen. Vor allem die Phase zwischen der 13. und 20. Minute entnervte die Stuttgarter.
Erst wurde Mittelfeldspieler Dzenis Burnic von Schiedsrichter Guido Winkmann unberechtigt vom Platz gestellt, dann leistete sich Torwart Ron-Robert Zieler beim 0:1 einen gravierenden Patzer. Immerhin hatten Zieler und Winkmann die Größe, ihre Fehler einzugestehen. Zieler ließ den Ball nach einem Freistoß von Aaron Hunt durch die Hände rutschen. Der Ball prallte an den Pfosten, zurück an Zielers Bein – und ins Tor. Sein Verhalten beschrieb der 28-Jährige selbst als „Slapstick“.
Der Platzverweis von Burnic hatte für das Spiel noch gravierendere Folgen, weil der VfB danach 80 Minuten in Unterzahl spielte. Hunt war nach einem Zweikampf mit dem Stuttgarter zu Boden gegangen, Burnic erhielt nach einer Gelben Karte zuvor nun Gelb-Rot. „Meiner Wahrnehmung nach habe ich das auf dem Platz so entschieden, und die Schiedsrichter machen halt Fehler“, räumte Winkmann ein. Gelb-Rot sei falsch gewesen.
Dem VfB erging es damit ähnlich wie zuletzt dem SC Freiburg, der in Stuttgart nach zwölf Minuten auf mehr als umstrittene Weise in Unterzahl geriet und danach beim 0:3 ohne Chance war. Hätte Daniel Ginczek nach drei Minuten eine Großchance zur Führung genutzt, vermutlich wäre alles anders gelaufen. Somit bleibt der ersatzgeschwächte Aufsteiger das schlechteste Auswärtsteam der Liga: sechs Spiele, null Punkte. Nach der Länderspielpause steht der VfB am 17. November zu Hause gegen Dortmund wieder unter Druck. „Auf jeden Fall müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass wir bis zum 34. Spieltag im Überlebenskampf sein werden“, warnte Manager Michael Reschke.
Über den Schiedsrichter wollte Reschke nicht reden – sein Trainer schon. Der Videoassistent schaue das Spiel beruflich an und bekomme Geld dafür, schimpfte Wolf. „Und dann greift man in dem Moment nicht ein bei der Situation, die natürlich spielentscheidend ist. Das kann ich nicht nachvollziehen.“Allerdings: Der Videoassistent darf nur bei Roten Karten eingreifen, nicht aber bei Gelb-Roten.
Dass in der zweiten Spielhälfte ein Videobeweis zum Handelfmeter führte, den Ginczek zum zwischenzeitlichen Ausgleich verwandelte (55.), beruhigte Wolf nicht. Nach dem Hamburger 2:1 durch den früheren VfBProfi Filip Kostic (65.) fehlte Wolfs Elf in Unterzahl die Kraft, um noch einmal zurückzukommen. HSV-Toptalent Jann-Fiete Arp machte alles klar (69.). Wolf kann zumindest darauf hoffen, dass er wieder mehr Alternativen bekommt. Santiago Ascacibar hat seine Gelbsperre bis zum DortmundSpiel abgesessen, Holger Badstuber dürfte bis dahin wieder fit sein.
Arp, das 17 Jahre alte Sturmjuwel des HSV verließ das Volksparkstadion nach seinem nächsten Geniestreich derweil durch die Hintertür, der Club wollte ihn aus dem Blickpunkt nehmen. „Im ersten Moment dachte ich, der Schuss geht an den Pfosten und raus“, sagte der Mittelstürmer über sein emotionales erstes Heimtor: „Aber er ist reingesprungen, und die Nordtribüne ist explodiert.“
Die Medien feiern Arp bereits als künftigen Nachfolger Uwe Seelers, der freute sich an seinem 81. Geburtstag am Sonntag mit. Das war richtig schön, Fiete hat das gut gemacht“, sagte Seeler, warnt aber: „Ich hoffe, dass sie ihn nicht verheizen und weiter richtig behutsam aufbauen.“
„Fiete ist ein Vollblutstürmer“, lobte Manager Jens Todt derweil, er hofft, den Vertrag mit dem Schüler über 2019 hinaus zu verlängern. Für den HSV, bei dem auch der 20 Jahre junge Japaner Tatsuya Ito sowie Kostic und Hunt glänzten, war der erste Heimsieg seit dem Saisonstart jedenfalls ein Befreiungsschlag.