Extreme treffen die Ärmsten am stärksten
Wetterexperten fordern Geld und langfristige politische Zusagen bei Klimaschäden
● BERLIN - Das Dorf Narikoso auf Ono, einer von mehr als 300 Inseln des Pazifikstaats Fidschi, hat alles, was es zu einer Südsee-Idylle braucht: Strand, Palmen, blaues Meer. Nur, dass es vom Wasser mittlerweile zuviel wird. Bei Flut steht der Pazifik in Narikoso nun direkt vor den Häusern. Grund dafür: der steigende Meeresspiegel. Die Anwohner müssen flüchten. 42 Dörfer will die Regierung von Fidschi demnächst weiter ins Landesinnere verlegen.
Die Folgen des Klimawandels machen sich besonders in armen Staaten auf dem ganzen Globus bemerkbar und verursachen enorme Schäden. Wenn sich die Vertreter von rund 197 Staaten ab der kommenden Woche in Bonn bei der Weltklimakonferenz treffen, wollen sie darüber reden.
Für Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin des evangelischen Hilfswerks „Brot für die Welt“, müssen die Regierungschefs vor allem mehr Geld für die betroffenen Regionen beisteuern. Sie nennt es „tragisch“, dass die internationale Staatengemeinschaft bisher keine Mittel für die ärmsten Menschen vorgesehen hat. Und das, obwohl sie den Klimawandel nicht mitverursacht haben.
Ziel: Ein Zeichen setzen
Bei der UN-Konferenz in Bonn vom 6. bis 17. November geht es in diesem Jahr vor allem um technische Fragen. Wie kann man die Zielvorgaben der einzelnen Staaten vergleichen? Welche Mechanismen muss es geben, damit die Umsetzung der Ziele transparent wird? Wie kann jeder Staat dafür sorgen, dass es nicht bei der bloßen Ratifizierung des Pariser Klimaabkommens von 2015 bleibt, sondern Maßnahmen für mehr Klimaschutz auch tatsächlich umgesetzt werden?
Man will ein Zeichen setzen, gegen das Ausscheren der USA aus dem Pariser Klimaabkommen, heißt es aus Regierungskreisen. Die Rettung des Klimas sei ein Baustein im Kampf gegen Hunger und Armut, wird immer wieder betont. Das kostet Geld, auch dafür werben die Experten. Deutschland setzt sich dafür ein, dass arme Menschen einfacher Zugang zu sogenannten Klimarisikoversicherungen bekommen sollen. Damit könnten sich ärmere Staaten
gegen die Folgen des Klimawandels absichern. Die Idee kommt auch bei Hilfsorganisationen an, greift aber vielen zu kurz. „Der Verlust von Leben, Heimat, Identität oder Land infolge des Klimawandels hat kein Preisschild, aber einen hohen Wert“, sagt Füllkrug-Weitzel. Auch dieser Aspekt müsse Teil des Schutzpaketes für betroffene Menschen werden.
Wie gravierend das Problem bereits ist, zeigt eine aktuelle Studie der Entwicklungsorganisation Oxfam. Demnach haben Menschen in armen Ländern ein fünfmal höheres Risiko aufgrund von Extremwettern aus ihrer Heimat vertrieben zu werden, als Bewohner wohlhabender Staaten. Zwar ist nicht jedes Unwetter und jede Dürre auf den Klimawandel zurückzuführen, sagen auch die Verfasser der Studie. Allerdings steigt die Wahrscheinlichkeit von Starkregen oder Trockenheit, wenn die Atmosphäre sich erwärmt. „Der Klimawandel verschärft Hunger und Armut und zwingt mehr und mehr Menschen zur fluchtartigen Aufgabe ihrer Heimat“, sagt Jan Kowalzig, Klimaexperte bei Oxfam. Nach Katastrophen stehen sie vor dem Ruin. Gerade für diese Menschen müsste der Gipfel in Bonn ein Zeichen setzen.