Von Polen bis zum Islam: Bischöfe argumentieren politisch
D● en Schulterschluss der deutschen katholischen Bischöfe mit ihren polnischen Amtsbrüdern konnte man im Abschlussbericht der am Donnerstag zu Ende gegangenen Vollversammlung der deutschen Oberhirten fast überhören. Aber als Kardinal Reinhard Marx den jüngsten Brief polnischer Bischöfe zur deutsch-polnischen Freundschaft als einen „wunderbaren Beitrag“bezeichnete, wurde klar: Die Kirchen in beiden Ländern wollen stabile und tragfähige deutschpolnische Beziehungen. Dies sei besonders wichtig in Zeiten, in denen sich nationalistische Stimmen in den Vordergrund drängten.
In dem Brief hatten polnische Bischöfe davor gewarnt, die Beziehungen beider Länder durch nationalistische Polemik und überzogene Reparationsforderungen zu belasten.
Ob es ums Versöhnungswerk zwischen Polen und Deutschen und zur Einigung Europas ging, um die Ergebnisse der Bundestagswahl, um praktisch gelebten Umweltschutz, den Umgang mit Flüchtlingen oder die Positionen der AfD: Selten zuvor haben die deutschen Oberhirten so viele politische Positionen bezogen wie während der Vollversammlung, die seit Montag in Fulda getagt hatte. Ebenso selten gab es weniger innerkirchliche Nabelschau.
Der Blick auf die Ergebnisse zeigt kontroverse und weniger umstrittene Standpunkte auf. Dass der neue Bundestag, in dem „eine verbale Abrüstung (...) dringend nötig“sei, Arme und Benachteiligte schützen soll, dürfte Konsens sein.
Aber schon beim Schutz Fremder, also auch der Flüchtlinge, setzen sich vor allem die Kardinäle Marx und Woelki aus München immer wieder Anfeindungen aus. Zwar äußern sie mit Blick auf die Situation abgelehnter Asylbewerber Verständnis dafür, dass die Politik sich in einem besonderen Spannungsfeld bewege. Gleichzeitig sei es den Bischöfen aber wichtig, immer wieder daran zu erinnern, dass „die Würde und die Sicherheit eines jeden Menschen – auch derjenigen ohne Bleibeperspektive – stets Vorrang vor anderen Interessen haben müssen“, sagt Marx. Und er lässt durchblicken, dass die Katholiken sich der Forderung nach einer Obergrenze nicht anschließen.
Klare Erwartungen haben die Oberhirten an Muslime: „Für Menschen des Glaubens ist es eine bedrängende Erfahrung, dass mit dem islamistischen Gotteskriegertum eine Ideologie an Einfluss gewonnen hat, die Gewalt religiös begründe“, sagt Kardinal Marx. Das Prinzip staatsbürgerlicher Rechtsgleichheit in einer modernen Demokratie sei für Muslime annehmbar und umzusetzen, wenn sie die islamischen Überlieferungen im Sinne der heutigen Zeit neu deuten, glaubt der Münchner Erzbischof und appelliert an die eigenen Kirchen: Sie müssten „der in Teilen der Bevölkerung gängigen, falschen Gleichsetzung von Islam und islamistischer Gewalt unüberhörbar widersprechen“.
Bleibt der Umgang mit der AfD: Gespräche auf informeller Ebene könne man führen, Symbolbesuche vor laufender Kamera werde es nicht geben. Und die Abgrenzung müsse immer deutlich sein: Im Ringen um einen guten Weg seien „SchwarzWeiß-Schablonen sowie Hass und Ausgrenzung nicht angebracht“.