Ein wirklich schwerer Diebstahl
Mit dem Raub einer 3,7 Millionen Euro wertvollen Goldmünze ist Kriminellen ein spektakulärer Coup gelungen
BERLIN - Tiefe Kratzer im Parkettboden sind das Einzige was an den filmreifen Einbruch in das Bode-Museum in der Nacht zum Montag erinnert. In der Mitte des kleinen, ganz in Blau gehaltenen Raumes stand die Panzerglasvitrine mit der rund einen halben Meter großen „Big Maple Leaf“. Die Goldmünze, eine Leihgabe aus Privatbesitz und in etwa so schwer wie eine alte Waschmaschine, war das Ziel der Diebe.
Von draußen dringt der Lärm der S-Bahn in das schicke Gebäude mit der markanten grauen Kuppel. Die Bahn fährt mit so geringem Abstand an den Fenstern des Museums vorbei, dass man als Fahrgast den ein oder anderen Blick auf die kostbaren Statuen und Gemälde im Museum erhaschen kann.
Mit Schubkarre und Seil
Genau das machten sich die Diebe laut bisheriger Erkenntnisse der Berliner Polizei wohl zunutze: Von den Bahn-Gleisen sollen die Täter über eine Leiter auf ein Podest des BodeMuseums und von dort durch das Fenster eingestiegen sein. Im Museum legten sie wohl anschließend bis zu 150 Meter zurück, bevor sie die Glasvitrine mit der Münze erreichten. Mit einem schweren Gegenstand, den sie wohl mitgebracht hatten, zertrümmerten sie die Vitrine und gelangten schließlich wieder über die S-Bahn-Gleise in den angrenzenden Monbijoupark. Die Schubkarre, mit der sie das wuchtige Stück Edelmetall transportierten, sowie ein Seil zum Abseilen von den höher gelegenen Gleisen, fand die Polizei dort nach der Tat.
Von dem Diebstahl, der in etwa zwischen viertel nach drei und viertel vor vier stattgefunden haben muss, hat niemand etwas mitbekommen. Obwohl der Einbruch laut Polizeisprecher Winfrid Wenzel erheblichen Lärm verursacht haben muss. Nun sucht die Polizei Zeugen – und dazu könnte sogar die Bundeskanzlerin zählen. Sie wohnt direkt gegenüber der Museumsinsel. „Ich hatte auch zuerst überlegt, ob man Angela Merkel fragen könnte. Aber die SBahn bietet so einen guten Sichtschutz, da hat sie wahrscheinlich nichts gesehen“, sagt Wenzel dazu.
Noch wichtiger sind deshalb die Zeugen im Museum – sprich die Museumswärter. Denn spannend ist: Der Alarm im Museum schlug nicht an, als die Einbrecher die Münze entwendeten. „Es gibt Zeitpunkte, in denen die Alarmanlage ausgeschaltet werden muss, zum Beispiel bei Kontrollgängen“, so ein Polizeisprecher. Das schienen die Täter gewusst zu haben. Hatten die Täter also Hilfe aus dem Museum? Polizeisprecher Wenzel formuliert das so: „Kann ein Täter, der zufällig am Bode-Museum vorbeiläuft, eine derartige Tat begehen? Da ist die Antwort eher: Nein.“
Der Schock, dass so ein Diebstahl in seinem Museum passieren konnte, sitzt derweil bei Museumsleiter Julien Chapuis tief. „Das ist das Trauma jedes Museumsleiters, das so etwas passiert“, sagt er. Nun will das Museum die Sicherheitsvorkehrungen überdenken, damit mögliche KunstLeihgeber nicht abgeschreckt werden.
Fahndungserfolg ungewiss
Die Berliner selbst nehmen den Diebstahl dagegen vor allem mit Humor. Während die gestohlene Münze im Museums-Café selbst kein Gesprächsthema ist, witzelt der Berliner Rob Meinelt mit seinen Kollegen beim Döner vor dem Museum über die Tat: „Ich wars nicht!“, ruft er, als er auf den Münzenklau angesprochen wird. Das so etwas passieren kann, findet er aber nicht überraschend: „Die S-Bahn fährt ja auch so nah am Museum vorbei, da kann man ja quasi schon reingreifen. Aber so viel kriminelle Energie hab’ ich dann doch nicht“, sagt der 23-Jährige.
Die brauchte es nach Einschätzung des Polizeisprechers Wenzel zur Tat. Die Polizei geht nun davon aus, dass die Täter versuchen werden die Goldmünze schnell einzuschmelzen, um an Geld zu kommen (siehe Kasten). Wie groß die Chancen dann überhaupt noch sind, die Münze und die Täter zu finden, dazu wollen sich weder Museumsleitung noch Polizei bisher äußern.