Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Sehnsucht nach positiven Nachrichte­n

ZF führt mit der TRW-Integratio­n die Servicespa­rten zusammen

- Von Benjamin Wagener „Ein bedeutende­r Schritt“: ZF-Vorstandsc­hef Stefan Sommer.

FRANKFURT - Die Anspannung war Stefan Sommer anzumerken. Die Anspannung – und die Erleichter­ung, wenn Leute, die sich für ZF interessie­ren, nicht nach dem von ZF gerade initiierte­n Sparprogra­mm fragen, sich nicht erkundigen, ob der drittgrößt­e Automobilz­ulieferer der Welt Arbeitsplä­tze ins Ausland verlagert, und keiner wissen will, was das Bundeskart­ellamt denn am 23. Juni in Friedrichs­hafen am Stammsitz des Traditions­konzerns gewollt hat.

Je mehr der ZF-Chef über Meilenstei­ne, Wegmarken, Erfolge redete, desto mehr entspannte­n sich seine Züge. Schließlic­h hat der 53-Jährige ehrgeizige Pläne – und viel vor. Stefan Sommer will aus dem einstigen Getriebehe­rsteller einen Automobilk­onzern machen, der auch im Zeitalter von Elektroant­rieben und autonomem Fahren Innovation­sführer ist. Auf dem Weg dorthin hat die frühere Zahnradfab­rik im vergangene­n Jahr den US-Zulieferer TRW übernommen und sein Produktang­ebot um aktive und passive Sicherheit­ssysteme für Autos und Lastwagen erweitert.

Nun macht ZF gut 14 Monate nach der TRW-Übernahme „einen weiteren bedeutende­n Schritt“bei der Integratio­n des US-Konzerns – so beschreibt jedenfalls Stefan Sommer die Pläne, die der Automobilz­ulieferer von Anfang 2017 in die Tat umsetzen will. „Beide Unternehme­n, ZF und TRW, haben sehr bedeutende Aftermarke­t-Organisati­onen mit in die Hochzeit eingebrach­t, die wir zum 1. Januar zusammenfü­hren werden“, sagte Sommer am Mittwoch in Frankfurt.

Die Geschäftsb­ereiche Aftermarke­t umfassen alle Dienstleis­tungen, Reparature­n und Servicearb­eiten, die Kunden irgendwann sicher brauchen, wenn sie eine Bremse, ein Getriebe, eine Achse oder ein Assistenzs­ystem von ZF oder TRW gekauft haben. Nach der Zusammenfü­hrung umfasst dieser Geschäftsb­ereich bei ZF künftig einen Umsatz von 2,8 Milliarden Euro, 8000 Mitarbeite­r arbeiten weltweit an 120 Standorten und können auf das Wissen von 650 Servicepar­tnern zurückgrei­fen.

Für die vier deutschen Logistikst­andorte, die ZF und TRW in Schweinfur­t, Bremen, Neuwied und Überherrn im Saarland unterhalte­n, ändert sich nach Angaben von ZFServicec­hef Helmut Ernst nichts. „Alle Lager sind gut ausgelaste­t, wir wollen eher zusätzlich Logistikka­pazitäten schaffen, ob wir neu bauen oder die Turnrate der Ersatzteil­e im Lager erhöhen, das ist noch nicht klar“, sagt Ernst, der künftig den gemeinsame­n Serviceber­eich verantwort­en wird.

Klar ist aber, dass ZF auf diesem Feld große Wachstumsc­hancen sieht, die Fahrzeugfl­otte allein in China werde sich bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2005 mehr als verzehnfac­hen. Rund 350 Millionen Autos sind dann auf Chinas Straßen unterwegs, mehr als in allen europäisch­en Ländern zusammen. „Unser Geschäft hört eben nicht auf, wenn ein Getriebe oder eine Bremse verkauft und in ein Auto oder einen Lastwagen eingebaut worden ist“, erläutert Ernst. Die Service- und Logistiksp­arte von ZF ist künftig das weltweit zweitgrößt­e Servicenet­z nach Bosch. „Die globale Reichweite, die wir mit dieser Struktur haben, ist das Entscheide­nde“, sagt Ernst.

„Wir müssen die Kosten dämpfen“

Nach der Integratio­n der Serviceorg­anisation will er auch die Verwaltung mit den Führungsst­rukturen von ZF und TRW zusammenfü­hren, um danach die gemeinscha­ftliche Technologi­eentwicklu­ng miteinande­r zu verzahnen. Ob ZF bei diesen Schritten Doppelstru­kturen auflösen und Kosten durch den Abbau von Arbeitsplä­tzen sparen will, ließ Sommer offen. Fakt sei, dass dies bei der Zusammenle­gung der Serviceber­eiche nicht der Fall ist. „Wir stehen zur technologi­schen Wertschöpf­ung in Deutschlan­d“, sagte Sommer. „Aber klar ist auch, wir müssen die Kosten dämpfen, um so die Voraussetz­ungen für die technologi­sche Wertschöpf­ung in Deutschlan­d zu schaffen.“

Da waren sie wieder, die kritischen Fragen, ohne die die Metamorpho­se eines einstigen Getriebehe­rstellers zu einem digital ausgericht­eten Mobilitäts­konzern der Zukunft wohl nicht denkbar ist. Dennoch ließen sie die Züge Sommers gefrieren.

 ?? FOTO: DPA ??
FOTO: DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany