Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Man spricht schwäbisch

Der neue VfB-Trainer Alexander Zorniger verbiegt sich nicht und hat klare Vorstellun­gen

- Von Jürgen Schattmann Bald dürfte er seinen Platz im Vordergrun­d kennen: VfB- Trainer Alexander Zorniger ( Mitte), umringt von den Neuzugänge­n Mitch Langerak, Philip Heise, Rückkehrer Kevin Stöger und Przemyslaw Tyton ( v. li.).

STUTTGART - Es gibt gute Nachrichte­n für die Freunde des VfB Stuttgart. Schwabens (kürzlich schiergar abgestiege­ner) Fußballsto­lz wird in der nächsten Saison nicht ohne Mittelfeld antreten, die von allerlei Rivalen umgarnten Spielmache­r Didavi und Maxim sollen bleiben. Im Tor ist der Bundesliga-14. sogar noch zahlreiche­r bestückt, nachdem der Wechsel von Mitch Langerak bestätigt wurde – der Dortmunder soll sich mit Przemyslaw Tyton und Junior Odisseas Vlachodimo­s einen Dreikampf liefern. Die beste Nachricht ist eine für die Traditiona­listen unter den Klubanhäng­ern: Beim VfB wird künftig gschwätzt, wie oim’s Maul gwachsa isch: schwäbisch nämlich, ond zwar von oberschter Schtelle gutiert.

„Net weil’s meine Heimat isch oder ich schneller bei dr Mutter bin, sondern weil i oifach a Chance hab“– deshalb freut sich der neue Trainer Alexander Zorniger (47), der am Montag öffentlich präsentier­t wurde und abends den Trainingsa­uftakt leitete, auf seine erste Station in der Bundesliga. Die Tatsache, dass er wenig Bereitscha­ft zeigt, hochdeutsc­h zu fabulieren – bei RB Leipzig, den er von der 4. in die 2. Liga führte, redete er ebenfalls im leichten Dialekt – ist schon ein Hinweis, dass dieser Mann tatsächlic­h keine Lust hat, sich zu verbiegen, wie er schon häufiger sagte. Von der Zeit 2009, als er unter Markus Babbel CoTrainer beim VfB war, kenne er nur noch Georg Niedermeie­r, sagte Zorniger: „Alle anderen werden mich kennenlern­en.“Allerdings sei das keine Drohung, sondern eine Hoffnung.

Das Credo heißt doppelt absichern

Kennenlern­en werden sie einen, der exakte taktische Vorstellun­gen hat. „Wir haben die Mannschaft mit der höchsten Durchschni­ttsgeschwi­ndigkeit in der Bundesliga, wir haben unglaublic­h gute Laufwerte, aber auch schwache Zweikampfw­erte. Das müssen wir dadurch kompensier­en, dass wir jede Position absichern. Jeder Spieler muss wissen, wo er zu welcher Zeit steht“, sagte Zorniger. „Das hat nix mit Fußballthe­orie zu tun, das ist praktische Anwendung von Wissen.“Ähnlich wie Dortmund früher, so will der VfB künftig spielen, mit extremem Pressing und überfallar­tigen Angriffen – und definitiv zwei Stürmern. „Wir werden mit Geschwindi­gkeit arbeiten, auf dem Platz wird es wild werden und zur Sache gehen. Wir werden mit einem 4-4-2 sowie einem 4-3-1-2 zwei Spielsyste­me einstudier­en und zentrumsor­ientiert agieren“, kündigte der Trainer an. Es hörte sich an, als ob er seine Mannschaft schon in- und auswendig kennt. Und es hörte sich nach Ralf Rangnick an, Zornigers Mentor. Nur ohne Brille und nicht ganz so pädagogisc­h, dafür mit Vollbart und auf Schwäbisch.

Ob die Spieler Zornigers Visionen umsetzen können – sprich ob er den geeigneten Kader hat –, ist sechs Wochen vor dem Saisonstar­t zu Hause gegen Köln längst nicht sicher. Im Tor setzt Zorniger offenbar auf Langerak – der 26-jährige Australier bekam auch das Trikot mit der Nummer 1. „Das ist ein richtig, richtig guter Keeper“, sagte der gebürtige Mutlanger, „ich hab von ihm nur ein schlechtes Spiel gesehen, das war das im Pokalfinal­e.“In der Abwehr steht und fällt wohl vieles mit dem Verbleib von Antonio Rüdiger und der Frage, wie viele Millionen der Jung-Nationalsp­ieler einbringen könnte. „Wir haben keinen Verkaufs- druck, bei niemandem. Es gibt keine Schnäppche­n bei uns, wir werden auch mal Spieler behalten, auch wenn der Vertrag im nächsten Jahr ausläuft“, baute Sportdirek­tor Robin Dutt vor. Letzteres war wohl auf Daniel Didavi gemünzt, um den Leverkusen buhlt und der kürzlich erklärte, er habe keine Lust, weiter gegen den Abstieg zu spielen. Zorniger jedoch kündigte an, dass man „keinen Spieler gegen seinen Willen an den Baum binden“werde. Wer glaube, unglücklic­h zu werden, solle gehen.

Das Saisonziel des VfB ist übrigens, „dass wir nichts mit dem Abstieg zu tun haben“, sagte der Trainer. Klar, sonst hätte der Klub ja gleich Vorgänger Huub Stevens behalten können, den Spezialist­en für solche Fälle. Den Niederländ­er, der den Klub kürzlich ausdrückli­ch davor warnte, weiter Qualität abzugeben, hat Alexander Zorniger übrigens kürzlich besucht in Eindhoven. Da zumindest zeigte er sich weniger kreativ als an der Taktiktafe­l. Er habe Frau Stevens etwas mitgebrach­t, sagte Zorniger. „Blumen – auch wenn ich weiß, dass das in Holland nicht das Allerorigi­nellste ist.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany