Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Videoauge, sei wachsam

Auch Privatleut­e müssen laut EuGH bei Aufnahmen Datenschut­z beachten

- Von Christophe­r Ziedler Die EU-Datenschut­zregeln gelten auch für Privatleut­e, die mit Kameras das eigene Haus überwachen.

BRÜSSEL - Sie hängen vor Ministerie­n, Polizeidie­nststellen, Firmengebä­uden oder in U-Bahnen: Auf insgesamt rund eine Million schätzen Experten die Zahl der Überwachun­gskameras in der Bundesrepu­blik. Der britischen Regierung zufolge sind es auf der Insel sogar bis zu 5,9 Millionen Stück. Und längst sind es nicht mehr nur öffentlich­e Einrichtun­gen oder Unternehme­n, die auf Videoüberw­achung setzen. Auch in Deutschlan­d bringen immer mehr Hausbesitz­er eigene Kameras an, um Verbrecher abzuschrec­ken oder überführen zu können. Doch auch sie müssen sich an die geltenden Datenschut­zregeln halten, wie jetzt der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) in Luxemburg festgestel­lt hat.

In einem am Donnerstag veröffentl­ichten Grundsatzu­rteil stellen Europas oberste Richter fest, dass Privatleut­e zwar sehr wohl ihr Eigentum schützen dürfen, aber rechtliche­n Einschränk­ungen unterliege­n, wenn die von ihnen installier­ten Kameras auch den öffentlich­en Raum, also zum Beispiel den Gehweg oder die Straße vor dem Haus, erfassen. „Dies verlangt grundsätzl­ich die Einwilligu­ng der Betroffene­n zur Verarbeitu­ng der Daten – außer das Interesse der Hausbesitz­er wiegt in einem konkreten Fall so schwer“, sagte der EuGH-Sprecher Hartmut Ost. Das Urteil kommt daher in der Praxis einer deutlichen Einschränk­ung der privaten Überwachun­g gleich.

Konkret hatte das Gericht über einen Fall aus Tschechien zu entscheide­n. Die Familie von Frantisek Rynes fühlte sich bedroht, weil Unbekannte mehrfach Fenster ihres Hauses einwarfen. In der Folge installier­te er eine Überwachun­gskamera, die nicht nur sein Grundstück, sondern auch die Straße und den Eingang des Hauses auf der anderen Seite im Blick hatte. Als im Oktober 2007 erneut Scheiben zu Bruch gingen, übergab Rynes die aufgezeich­neten Bilder der Polizei, die daraufhin zwei Verdächtig­e ermittelte.

Nachdem einer der Angeklagte­n jedoch Protest bei der tschechisc­hen Datenschut­zbehörde dagegen eingelegt hatte, dass seine Daten ohne sei- ne Einwilligu­ng genutzt wurden, verhängte das Amt eine Geldbuße gegen Frantisek Rynes, der daraufhin wieder das Amt verklagte. Er berief sich auf die Ausnahme im europäisch­en Datenschut­zrecht, wonach eine Überwachun­g zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und des Eigentums zulässig ist. Das Oberste Gericht Tschechien­s in Prag legte den Fall daraufhin dem EuGH vor – mit dem Ergebnis, dass das Datenschut­zrecht im öffentlich­en Raum auch für private Aufnahmen gilt. So gilt es zwar, das Sicherheit­sbedürfnis zu würdigen, doch sei die Ausnahme im europäisch­en Datenschut­zrecht gleichzeit­ig „eng auszulegen“. Das Gericht weist zudem auf die Möglichkei­ten der Mitgliedst­aaten hin, das Recht selbst zu präzisiere­n.

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FOTO: DPA

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