Weltweite Empörung über US-Folterbericht
Bundeskanzlerin Merkel „erschüttert“– Chinas Fernsehen spricht von „Schlag ins Gesicht“
RAVENSBURG (dpa/AFP) - Die von einem Senatsbericht enthüllten Foltermethoden des US-Geheimdienstes CIA sind in der ganzen Welt auf Kritik gestoßen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) appellierte, solche Verhörpraktiken dürften sich nie mehr wiederholen. Das chinesische Staatsfernsehen sprach von einem „schweren Schlag ins Gesicht der amerikanischen Regierung“. Auch Moskau äußerte sich kritisch. Die befürchteten Übergriffe auf US-Einrichtungen im Nahen Osten blieben jedoch zunächst aus.
Zugleich mehren sich aber Forderungen von Menschenrechtsorganisationen, die Peiniger müssten bestraft werden. US-Präsident Barack Obama hatte signalisiert, dass er keine Prozesse und Strafen wolle. Jedoch erwartet Bundeskanzlerin An- gela Merkel eine juristische Aufarbeitung. „Ich denke, das wird Amerika auf die notwendige Art und Weise auch tun“, sagte sie dem TVSender N24. Auf die Frage, ob sie mit solchen Auswüchsen gerechnet hätte, sagte die Kanzlerin: „Nein, das hätte ich nicht – und ich bin genauso erschüttert wie viele Amerikanerinnen und Amerikaner.”
Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) fordert, die Verantwortlichen von Folterverhören strafrechtlich zu verfolgen. „Die Folterpraxis der CIA ist grauenhaft“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Die EU hat den Bericht als positiven Schritt zur kritischen Aufarbeitung begrüßt. Er werfe Fragen zu Menschenrechtsverstößen der USA auf, sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. Zum Folterbericht in den USA befragte Antje Schroeder den Bundesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir.
Wie sehr hat der Bericht Sie überrascht?
Ich war im Untersuchungsausschuss, der die illegalen Entführungen und die Verwicklungen der EUStaaten untersucht hat. Damals wurde alles abgestritten, sowohl von den Amerikanern als auch von den Verbündeten in Europa. Mittlerweile wissen wir, dass in Wirklichkeit alles noch schlimmer war, als wir es uns vorstellen konnten.
Durch die Folter sollen noch nicht einmal brauchbare Informationen geliefert worden sein...
Wir sind angelogen worden. Man hat uns gesagt, das alles würde zu unserer Sicherheit geschehen, und diese Erkenntnisse hätten Terroranschläge verhindert. Heute sieht man, dass das nicht der Fall war. Mit der Folter haben die Verantwortlichen die Sicherheit unserer Bürger gefährdet, denn die Legitimation des Westens ist mit Füßen getreten worden. Die westlichen Staaten setzen sich für Demokratie und Menschenrechte ein. Niemals dürfen sie Methoden anwenden, die sie anderswo vorgeben, zu bekämpfen.
Sollte die Bundesregierung Druck auf die USA ausüben, den Fall juristisch aufzuarbeiten?
Erstmal müssen wir vor der eigenen Tür kehren und schauen, inwieweit wir selber verwickelt waren. Da ist nicht alles aufgeklärt. Aber natürlich müssen wir Obama dabei unterstützen, dass dafür gesorgt wird, dass so etwas nie wieder passiert. WASHINGTON (AFP) - Mehr als 6000 Seiten ist der Bericht des USSenats über den Umgang des Geheimdienstes CIA mit Terrorverdächtigen lang. Seine Ergebnisse fasste der Geheimdienstausschuss in 20 Punkten zusammen:
Der Einsatz erweiterter Verhörmethoden durch die CIA war kein wirksames Mittel, um Erkenntnisse zu beschaffen.
Die Rechtfertigung der erweiterten Verhörmethoden durch die CIA beruhte auf falschen Behauptungen über deren Wirksamkeit.
Die Verhöre der CIA-Gefangenen waren brutal und viel schlimmer, als es die CIA dargestellt hat.
Die Haftbedingungen der CIA-Gefangenen waren härter als dargestellt.
Die CIA hat dem Justizministerium falsche Informationen übermittelt und so eine angemessene juristische Analyse des Programms verhindert.
Die CIA hat eine Aufsicht des Programms durch den Kongress aktiv vermieden und verhindert.
Die CIA hat eine wirksame Aufsicht des Weißen Hauses verhindert.
Die Ausführung und die Verwaltung des Programms durch die CIA haben die Missionen anderer Regierungsbehörden im Bereich der nationalen Sicherheit komplizierter gemacht oder sogar verhindert.
Die CIA hat die Aufsicht durch das Büro des Generalinspekteurs der CIA verhindert.
Die CIA hat die Weitergabe vertraulicher Informationen an die Medien koordiniert, darunter falsche Informationen zur Wirksamkeit.
Die CIA war noch unvorbereitet, als sie mehr als sechs Monate nach der Genehmigung mit ihrem Haftund Verhörprogramm begann.
Die Ausführung und Verwaltung des Haft- und Verhörprogramms der CIA war während der gesamten Dauer zutiefst fehlerhaft, vor allem aber in den Jahren 2002 und 2003.
Zwei externe Psychologen haben die erweiterten Verhörtechniken entwickelt und eine zentrale Rolle bei der Ausführung, Bewertung und Verwaltung des Programms gespielt. Bis zum Jahr 2005 lagerte die CIA mit dem Programm verbundene Tätigkeiten dann an Dienstleister aus.
CIA-Gefangene wurden harschen Verhörmethoden unterzogen, die weder vom Justizministerium erlaubt noch vom CIA-Hauptquartier genehmigt wurden.
Die CIA führte keine genauen Statistiken über die von ihr inhaftierten Individuen und hielt Individuen ohne rechtliche Grundlage gefangen. Die Angaben der CIA über die Zahl der Gefangenen waren falsch.
Die CIA hat dabei versagt, die Wirksamkeit ihrer Verhörmethoden angemessen zu beurteilen.
Die CIA hat Angestellte für ernste Verstöße sowie Managementversagen nur selten gemaßregelt.
Die CIA hat zahlreiche interne Kritiker ins Abseits gedrängt.
Das Haft- und Verhörprogramm war an sich untragbar und wegen Enthüllungen in der Presse, einer verringerten Zusammenarbeit anderer Länder sowie rechtlichen Bedenken im Jahr 2006 praktisch beendet.
Das Haft- und Verhörprogramm hat das Ansehen der Vereinigten Staaten in der Welt beschädigt.
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