Schwäbische Zeitung (Biberach)
Kretschmanns Knatsch mit der Kanzlerin
Südwest-Ministerpräsident rechtfertigt Ausscheren – Merkel erwägt Grenzkontrollen
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BERLIN/STUTTGART - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) möchte neuerliche Grenzkontrollen in der Corona-Pandemie möglichst verhindern, schließt sie aber nicht aus. Deutschland suche einen „kooperativen Ansatz“, Kontrollen als „Ultima Ratio“seien aber denkbar, sagte sie am Donnerstag vor den Beratungen der europäischen Staats- und Regierungschefs. Lange Staus an den Grenzen wie bei ersten Schließungen
im Frühjahr werde es nicht geben, versicherte Merkel.
„Wir werden sicherlich mit der Schweiz reden müssen, mit Tschechien bin ich schon im Gespräch“, erklärte die Kanzlerin. „Richtig ist auch, dass wir für die Pendler Testregime entwickeln.“Auch hierbei sei man mit den Nachbarländern im Gespräch. „Das soll nicht holterdiepolter vom einen Tag auf den anderen gehen, sodass keiner mehr aus dem anderen Land bei uns arbeiten kann. Da haben wir ja alle dazugelernt.“Der Süden der Republik, mit seinen
Grenzen zur Schweiz sowie zu Österreich und Frankreich, wäre von Grenzkontrollen massiv betroffen.
Im Streit um die geplante schrittweise Öffnung von Kitas und Grundschulen zum 1. Februar hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) das Ausscheren BadenWürttembergs am Donnerstag gerechtfertigt. Zugleich räumte er ein, mit dem Vorgehen Verärgerung bei Angela Merkel ausgelöst zu haben. „Selbstverständlich war die Kanzlerin nicht erfreut, was wir in BadenWürttemberg jetzt machen“, sagte der 72-Jährige im Stuttgarter Landtag. Politisch sei das nicht gerade der günstigste Augenblick, das zu machen, aber in der Sache sei die schrittweise Öffnung zu vertreten. Dieses Vorgehen sieht Kretschmann auch vom Bund-Länder-Beschluss gedeckt, der den Ländern Spielraum beim Präsenzunterricht lasse.
Bei der Schalte am Dienstag hatte es in dieser Frage Streit gegeben. Insbesondere Kanzlerin Merkel hatte darauf gedrungen, Kitas und Schulen bis Mitte Februar geschlossen zu lassen.
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