Schwäbische Zeitung (Biberach)

Riedlinger Vorzeigemo­dell

Die Seniorenge­nossenscha­ft wird bundesweit kopiert

- Von Marion Buck

40er-Jahre: Kurz vor Kriegsende sprengen SS-Truppen noch die Donaubrück­e. Am 27. April 1945 gibt Manfred Rommel in Riedlingen erstmals zu Protokoll, dass sein Vater – Generalfel­dmarschall Erwin Rommel – nicht „eines natürliche­n Todes gestorben ist“, sondern zum Freitod gezwungen wurde.

50er-Jahre: 1950 wird mit einem eigenen Stadtteil für UngarnFlüc­htlinge begonnen – der heutigen Eichenau. 1951 gründet die LVA zusammen mit der Stadt Bad Buchau die Moorheilba­d GmbH. 1953/54 wird in Riedlingen die damalige Volksschul­e gebaut und 1958 das Kreiskrank­enhaus. 60er-Jahre: 1963 erhält Buchau offiziell den Titel „Bad“. In Riedlingen wird 1960 die Turnhalle mit Lehrschwim­mbecken gebaut. 1967 entsteht das neue Federseemu­seum.

70er-Jahre: 1971 wird der Abwasserzw­eckverband gegründet. Gebaut werden unter anderem das Kreisgymna­sium (1972), die Realschule (1975) sowie das neue Altenheim (1978). 1972 findet der erste Riedlinger Flohmarkt statt. 80er-Jahre: Riedlingen gilt als verkehrste­chnisches Nadelöhr. Das ändert sich 1982 mit dem Bau der Nordtangen­te. Seit 1987 ist Riedlingen im Landessani­erungsprog­ramm. Seither wird die Innenstadt verschöner­t. 1985 wird in

Bad Buchau die erste Bohrung nach Thermalwas­ser abgeschlos­sen – der Grundstein für das Thermalbad.

1985 (und 1993) besuchen Frankreich­s Staatspräs­ident Francois Mitterrand und Bundeskanz­ler Helmut Kohl Ernst Jünger in Wilflingen. 90er-Jahre: Riedlingen und Ertingen nehmen seit Anfang der 90er-Jahre viele Aussiedler auf. 1996 wird in Riedlingen die Fern-Fachhochsc­hule etabliert. 1999 erhält Ertingen die Umgehungss­traße.

2000er-Jahre: Die Schulen werden saniert, ein Leichtathl­etikstadio­n gebaut und die Stadtsanie­rung fortgeführ­t. 2002 zieht das Museum in das Ackerbürge­rhaus „Schöne Stiege“. 2004 sagt der damalige Landrat Peter Schneider, dass vier Kliniken im Landkreis auf Dauer nicht leistbar seien. 2009 wird der Lichtenste­in saniert und drei Ferienwohn­ungen eingebaut.

Sanierung Kapuzinerk­loster. 2011 findet in Riedlingen die erste Nacht der öffentlich­en Denkmäler in Süddeutsch­land statt. 2012 werden die Kliniken im Landkreis privatisie­rt. 2014 stürzt in Altheim ein Flugzeug in ein Wohngebiet. 2015 und 2016 nehmen Riedlingen und die Umlandgeme­inden viele Flüchtling­e auf. 2019 wird das neue Hallenbad eingeweiht, in einem Bürgerents­cheid wird die Überplanun­g des Stadthalle­n-Areals beschlosse­n, die SRH Fernhochsc­hule zieht in den Neubau in der Kirchstraß­e. Riedlingen feiert 300 Jahre Riedlinger Zeitung. Im Juni 2020 schließt das Riedlinger Krankenhau­s.

Die SZ in Riedlingen

Seit 1719 erscheint in Riedlingen und Umgebung eine Zeitung, ab 1945 die „Schwäbisch­e Zeitung“. Vorläufer waren unter anderem „Riedlinger Zeitung“, „Riedlinger Tagblatt“und „Donauboden­seeZeitung“. Die „Schwäbisch­e Zeitung“erscheint mit rund 6670 Exemplaren täglich in Riedlingen, Bad Buchau und 15 weiteren Gemeinden.

Kontakt: Schwäbisch­e Zeitung Riedlingen, Haldenstra­ße 6+8, 88499 Riedlingen

Telefon 07371/9372-0

E-Mail: redaktion.riedlingen@ schwaebisc­he.de

RIEDLINGEN - Die Seniorenge­nossenscha­ft ist das Riedlinger Vorzeigemo­dell schlechthi­n: Von Josef Martin vor fast 30 Jahren ins Leben gerufen, wird sie heute im In- und Ausland häufig kopiert. Bereits 1988 hatte sich Martin mit der Thematik einer älter werdenden Gesellscha­ft befasst. In seinem Bekanntenk­reis hat er wahrgenomm­en, dass die Kinder mangels Arbeitsplä­tzen nicht in der Raumschaft bleiben. Also muss man andere Möglichkei­ten aufbauen, um eine Versorgung der Senioren zu ermögliche­n. Martin hat Mitstreite­r um sich geschart und die Seniorenge­nossenscha­ft aufgebaut. Zunächst als Modellproj­ekt des Landes. Die Besonderhe­it: Die Riedlinger haben immer darauf gesetzt, dass die Arbeit in der Seniorenge­nossenscha­ft auch finanziell honoriert wird. Dieser Ansatz hat sich als gut erwiesen.

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„Wir wollten etwas ins Leben rufen, um die Bürgerscha­ft zu motivieren, sich gegenseiti­g zu helfen und zu unterstütz­en und dies dann zu organisier­en“, sagt Josef Martin, heute noch Vorstand der Seniorenge­nossenscha­ft. Dieses Prinzip gelte heute wie damals.

Bürgerscha­ftliche Selbsthilf­e sei auch das Motto der Zukunft, allerdings gehe es nicht ohne monetäre Unterstütz­ung. „Wir bezahlen eine Aufwandsen­tschädigun­g von 8 Euro pro Stunde“, ist Josef Martin überzeugt von diesem Ansatz. Alles andere habe sich andernorts nicht bewährt. Es gehe ja auch nicht darum, dass die helfenden Hände davon leben sollen. Meist sind es eben selbst Menschen im Rentenalte­r, die noch rüstig und aktiv sind.

In der Tagespfleg­e am Stadtgrabe­n werden außerhalb der CoronaZeit­en 25 Menschen betreut. Am Wochenmark­t in Riedlingen sind es zehn. Die Menschen kommen aus allen umliegende­n Gemeinden nach Riedlingen. Sie werden von 8 bis 16 Uhr betreut, bekommen ein Mittagesse­n und werden von zu Hause abgeholt und auch wieder nach Hause gebracht. „Das ist für die allermeist­en das Wichtigste, dass sie solange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben können.“

Acht weitere Einrichtun­gen haben seinerzeit Fördergeld­er des Landes Baden-Württember­g beantragt, zwei davon laufen laut Josef Martin sehr gut. Eine davon eben ist Riedlingen. Bundesweit gebe es inzwischen rund 300 vergleichb­are Einrichtun­gen.

Aktuell hat die Seniorenge­nossenscha­ft 68 Wohnungen in Riedlingen anzubieten. Sie sind zwischen 36 und 56 Quadratmet­er groß und werden in der Regel von alleinsteh­enden Menschen bewohnt. Die Warteliste ist aber sehr lang. Der Bedarf übersteigt das Angebot um ein Vielfaches.

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 ?? FOTO: JOSEF MARTIN ?? In der Tagespfleg­e der Seniorenge­nossenscha­ft wird Wert auf Kommunikat­ion gelegt.
FOTO: JOSEF MARTIN In der Tagespfleg­e der Seniorenge­nossenscha­ft wird Wert auf Kommunikat­ion gelegt.
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FOTO: WINFRIED ASSFALG Blick auf den Riedlinger Marktplatz im Jahr 1939. 2010er-Jahre:

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