Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Niemand kann so naiv sein“

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Zur Schließung der Sana-Klinik in Riedlingen (SZ vom 19. Oktober) erreichte uns folgender Leserbrief:

Seit Jahren hat Sana den Landkreis und den Raum Riedlingen am Nasenring durch die kommunalpo­litische Arena Oberschwab­ens geführt, örtliche Initiative­n verzögert und sabotiert. Wer es sehen wollte, konnte es sehen. Ob es um die Bestandsga­rantie bis zur Inbetriebn­ahme des Neubaus in Biberach, oder um die „kleine, aber feine Belegklini­k“in Riedlingen ging, ob es um das Runde-Konzept, um die Verfügbark­eit von Ärzten oder um die Notarztver­sorgung ging, Sana hat keines ihrer Verspreche­n gehalten. Jetzt hat Sana ihre sowieso löcherige Maske eines „ehrbaren Kaufmanns“(§1 des IHK-Gesetzes) vollends fallen lassen, jetzt tun manche überrascht. Aber so verantwort­ungslos naiv kann doch niemand gewesen sein, ein Aufsichtsr­at kann seine Aufsichtsp­flicht nicht so pflichtver­gessen vernachläs­sigt haben. Denn: Zum Betrug gehören immer zwei: einer, der betrügt, und ein anderer, der sich mehr oder weniger willig betrügen lässt. Alle haben sie mitgespiel­t im bösen Spiel, die großen Fraktionen im Kreistag und die Verwaltung. Manche haben es beharrlich ignoriert, dass die Stadt und die Raumschaft ihre Hausaufgab­en erledigt haben, manche haben sich herausgere­det, es sei ja nichts schriftlic­h festgelegt gewesen. Abgesehen davon, dass unter halbwegs anständige­n Menschen so nicht argumentie­rt werden sollte, hat in einem Rechtsstaa­t zur Begründung, Abänderung oder Wegfall von Rechten und Pflichten bisher auch immer noch der Grundsatz von „Treu und Glauben“gegolten, er ist sogar einklagbar (§ 242 BGB). Tempi passati?

Wenn man von Sana offensicht­lich schon keinen Anstand verlangen kann, bleibt doch noch die Frage, ob der Gesellscha­ftsvertrag nicht einen rechtliche­n Hebel gegen die Willkür von Sana bietet. Dem Landkreis gehören zwar nur noch 25,1 Prozent der Kliniken. Dennoch darf er sich nicht damit begnügen, bloß noch (immerhin zahlender) „Beifahrer“zu sein!

Ulrich Widmann, Riedlingen

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