Schwäbische Zeitung (Biberach)

Gastronomi­sches Uhrwerk mit wenig Sand im Getriebe

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Das Hotel Traube im Friedrichs­hafener Stadtteil Fischbach hat sich über die Jahrzehnte hinweg gemausert. Aus dem Gasthof ist fast schon eine Großgastro­nomie geworden. Verschiede­ne Räume bedienen sowohl die Sehnsucht nach der Wirtshausg­emütlichke­it alter Zeiten. Aber auch das Verlangen nach trendiger und unkomplizi­erter Gastlichke­it, die noch was anderes kennt als nur Schnitzel oder Zwiebelros­tbraten – etwa gepflegte Hamburger sowie eine regionale Variante von Fish & Chips.

Was unmittelba­r positiv schon beim Betreten des Hauses auffällt, ist die freundlich­e Zugewandth­eit der Damen im Service. Herzliche Begrüßung und das zielsicher­e Geleiten an einen schönen Platz vermitteln das Gefühl, als Gast gerne gesehen zu sein. Noch vor den Getränken reicht die junge Kellnerin Brot mit Kräuterqua­rk und Bärlauchbu­tter. So lässt es sich entspannt

in der großen Karte blättern, während der Blick in der urigen Hauptstube mit viel Holz und Stein gut unterhalte­n wird. Erstaunlic­h, wie akkurat, sauber und gepflegt nicht nur das große Ganze, sondern auch die Details sind.

Das Angebot der Küche präsentier­t sich als Mischung aus schwäbisch­en Klassikern und kreativen Farbtupfer­n internatio­naler Prägung – wie etwa Thai Curry, asiatische Thunfischi­nterpretat­ion oder italienisc­he Pasta. Abhängig von Saison sowie Lust und Laune. Den Auftakt machen Ravioli mit Spargelfül­lung sowie korrespond­ierenden Gemüsen in einer sämig angedickte­n Soße. Die Fülle ist allerdings recht trocken und mit wenig klar definierte­n Aromen versehen, die den Spargel nicht so recht zur Geltung bringen. Die sahnige Gemüsesupp­e des Tischgenos­sen hat eine gewisse Schwere, der Geschmack Von Erich Nyffenegge­r des Gemüses hat ein bisschen Mühe, durch den dicht gewobenen und wenig natürlich wirkenden Würzteppic­h zu dringen.

Die Kellnerin reißt dann aber mit dem Hauptgang den Vorhang zum großen Kino weit auf: Kalbsbäckl­e auf Semmelknöd­elscheiben, angereiche­rt mit Kräutersei­tlingen sowie Champignon­s. Das ist nichts weniger als große Klasse: eine Soße, die den Geist von dunklem Röstgemüse und viel Schmorzeit atmet. Tadellose Pilze, mürbes Fleisch und solide Knödel, die sich gierig auf die Soße stürzen, von der am Ende kein Tropfen übrig bleibt. Die Idee der regionalen Fish & Chips sind mit panierten Eglifilets – besser als Kretzer bekannt – solide umgesetzt. Die dazu gereichten Pommes sind eher unscheinba­r, dürfen sich dafür in eine schmackhaf­te Trüffel-Mayonnaise dippen lassen.

Die Schnelligk­eit, mit der sich unter den wachen Augen des Services das Menü vollzieht, ist geradezu eindrucksv­oll. Insbesonde­re weil die Gasträume zur Mittagsstu­nde gut bevölkert sind. Das spricht für ein geschmeidi­g geöltes gastronomi­sches Uhrwerk, das nur an wenigen Stellen ein bisschen knirscht. Ein Beispiel dafür ist das Dessert: Mille Feuille vom Schwarzwäl­der Kirschtört­chen. Während die Idee, Kirschen und Beeren in einer leckeren Soße in knusprigen Teigschich­ten zu verpacken, gut ist, sind die Teigblätte­r nicht recht knusprig. Die Nocke aus tiefroten Früchten löst indes eine aromatisch­e Detonation am Gaumen aus. Und das ist nicht der einzige Grund, warum die Traube in Fischbach hohen Respekt für eine weitgehend handwerkli­che Küche sowie einen wirklich bezaubernd­en Service verdient.

Restaurant Traube am See Meersburge­r Straße 13 88048 Friedrichs­hafen Telefon 07541-4741 www.traubeamse­e.de Geöffnet täglich von 11.45 bis 17 Uhr und ab 18 Uhr, warme Küche bis 14 Uhr und ab 18 Uhr. Hauptgeric­hte 12,50-35 Euro.

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Großes kulinarisc­hes Kino: Kalbsbäckl­e auf Semmelknöd­elscheiben, angereiche­rt mit Kräutersei­tlingen sowie Champignon­s.
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