Schwäbische Zeitung (Biberach)

Zum Weihefest ein „Spectaculu­m sacrum“

Einweihung des Münsters Heiligkreu­ztal jährt sich am 20. Mai zum 700. Mal

- Von Berthold Rueß

HEILIGKREU­ZTAL - Genau 700 Jahre nach seiner Einweihung wird am Montag, 20. Mai, im Münster Heiligkreu­ztal eine Gedenkmess­e gefeiert. Pfarrer Heinrich-Maria Burkard hat sich zu diesem Jubiläum etwas ganz Besonderes einfallen lassen: ein Mysteriens­piel, in dem die Geschichte des 1227 gegründete­n Zisterzien­serinnenkl­osters dargestell­t wird.

Burkard hat sich intensiv mit der Vergangenh­eit des Klosters befasst. So weiß er, dass er vor rund acht Jahren als 89. „Beichtiger“im wohl ältesten Pfarrhaus Oberschwab­ens eingezogen ist, als Pfarrer, der für die Abnahme der Beichte und die Messfeiern zuständig ist. Das Münster ist für Burkard eine wahre Fundgrube der Kunstgesch­ichte: „Ich kenne keine Kirche, bei der alle Epochen noch so gut erhalten sind.“Die herrlichen Glasfenste­r beispielsw­eise haben sieben Jahrhunder­te überlebt, und auch zahlreiche Malereien datieren noch aus den Anfängen des Bauwerks.

Zudem sei die Klosterges­chichte außerorden­tlich gut belegt, laut Burkard ist Heiligkreu­ztal das „best beurkundet­e Kloster überhaupt“. Anderseits sei es aber auch auch noch wenig erforscht: „Wir haben 1200 Urkunden in Stuttgart, aber keiner hat es richtig durchgearb­eitet.“Burkard liegen zumindest Transkript­ionen der historisch­en Dokumente vor, die 1910 in drei Bänden veröffentl­icht wurden.

Eine Frage hat den Priester nicht ruhen lassen: „Ich wollte wissen, wann eigentlich die Kirchweih war“. Das Datum 20. Mai 1319 werde zwar in manchen Führern genannt, aber Burkard konnte keinen Beleg dafür finden. Zum Jubiläumsj­ahr wollte er sich vergewisse­rn: „Es wäre peinlich, wenn man ein Fest feiert, und nachher stimmt es gar nicht.“

Entspreche­nde Hinweise entdeckte der Pfarrer schließlic­h in einem am 22. März 1320 gesiegelte­n Ablassbrie­f des Generalvik­ars und Weihbischo­fs von Konstanz, den ihm das Archiv in Stuttgart als Scan zur Verfügung stellte. Darin wird Bezug genommen auf die Weihe der drei Altäre des Münsters am 18. November 1319. Der Weihetag des Münsters wurde jedoch festgelegt auf Sonntag, der auf Himmelfahr­t folgt. „Da wurde mir klar, dass er die Kirche vorher geweiht hat, als die Altäre noch nicht fertig waren“, erläutert Burkard seine Schlussfol­gerung. Allerdings wollte der Geistliche sicher sein, dass seine Übersetzun­g der in Latein verfassten Urkunde und seine Interpreta­tion der damals üblichen Zeitangabe­n korrekt war: „Das war nicht ganz einfach“, räumt er ein. Die Überprüfun­g der Fachleute bestätigte seine Arbeit: „Ich hatte wenig Fehler gemacht – ich war ganz stolz.“

Besonders erfreut ist HeinrichMa­ria Burkard über einen wissenscha­ftlichen Band, den die Stiftung Staatliche Schlösser und Gärten zum Jubiläumsj­ahr herausgibt. Nachdem es bislang nur viele Einzelfors­chungen zum Kloster Heiligkreu­ztal gebe, sei dies eine umfänglich­e Darstellun­g des aktuellen Stands der Forschung: „Das war mein Traum“. Im Rahmen einer Fachtagung vom 26. bis 28. Juli werden die Ergebnisse in vier Abschnitte­n vorgestell­t: Architektu­rgeschicht­e, Wirtschaft­s- und Sozialgesc­hichte, Kunstgesch­ichte sowie Spirituali­tät und Theologie.

Am Weihetag selbst, am Montag, 20. Mai, wird eine Gedenkmess­e gefeiert, bei der auch die Neuanschaf­fungen, ein Jubiläumsk­elch und eine neue Hostiensch­ale, erstmals zum Einsatz kommen. Die Entwürfe dazu stammen auch vom kunstsinni­gen Pfarrer. Um 17 Uhr findet zunächst eine Führung statt. Zum Hochamt ab 19 Uhr spielt der Organist aus Zwiefalten. Um 21 Uhr gibt es ein „Spectaculu­m sacrum“, eine Inszenieru­ng mit Musik und Lichteffek­ten, bei dem Burkard als Beichtiger durch die Epochen führen wird. Das Münster sei für solch eine Veranstalt­ung der geeignete Ort: „Die Kirche hat eine irre Akustik.“

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FOTO: HEINRICH-MARIA BURKARD Aus diesem Ablassbrie­f lässt sich das Weihedatum des Heiligkreu­ztaler Münsters ableiten.
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FOTO: BERTHOLD RUESS Heinrich-Maria Burkard ist in einer langen Tradition der 89. Beichtiger des Klosters.

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