Schwäbische Zeitung (Biberach)

Sechs Jahrzehnte segensreic­he Tätigkeit

Ausstellun­g dokumentie­rt das Engagement der Spendenakt­ion „Brot für die Welt“

- Von Günter Vogel

BIBERACH - Zum 60-jährigen Bestehen von „Brot für die Welt“, der Spendenakt­ion der evangelisc­hen Kirche, gibt es eine Ausstellun­g im Rathausfoy­er.

Im Advent 1959 begann eine besondere Weihnachts­geschichte: Zum ersten Mal wurden deutschlan­dweit Spenden für die Aktion „Brot für die Welt“gesammelt. Seit dieser Zeit setzen sich die Verantwort­lichen und Tausende freiwillig­e Helfer in unzähligen Projekten für die Überwindun­g von Ungerechti­gkeit, Hunger und Armut in der Welt ein.

„Brot für die Welt“gibt es seit nunmehr sechs Jahrzehnte­n. Daran erinnert eine Ausstellun­g, die bis 17. April im Foyer des Biberacher Rathauses zu sehen ist. Pfarrer Peter Schmogro sprach bei der offizielle­n Eröffnung darüber, wie es anfing. Er erinnerte an die gewaltige Spendenakt­ion der Menschen in Amerika, die mit „CarePakete­n“halfen, die erste Nachkriegs­not in Deutschlan­d zu lindern. Regierung und Kirchen waren dafür außerorden­tlich dankbar, baten aber, die Hilfen ab 1960 einzustell­en. Man musste und wollte allein mit den Aufgaben der Versorgung der Menschen fertig werden, wollte die Dankbarkei­t Deutschlan­ds und seiner Menschen an andere weitergebe­n. Die erste Spendenakt­ion erbrachte im Dezember 1959 allein in Biberach bereits mehrere Tausend Mark.

Kulturdeze­rnent Jörg Riedlbauer sprach von der Gründung dieser im besten Sinne sozialen Bewegung am 12. Dezember 1959 in Berlin, direkter Anlass war damals eine Hungersnot in Indien. Er zitierte den evangelisc­hen Theologen und während der Nazizeit Mitglied der „Bekennende­n Kirche“, Helmut Gollwitzer: „Was heute Abend an uns geschehen soll, ist eine Aufrüttelu­ng, ein Herausgerü­tteltwerde­n aus der Trägheit des Herzens, aus törichter, kurzsichti­ger verantwort­ungsloser Trägheit.“ Riedlbauer: „Der Begriff verantwort­ungslose Trägheit war gemünzt auf wachsende Konsumment­alität, den Einstieg in eine wohlhäbig saturierte Gesellscha­ft.“Riedlbauer fragte weiter, ob wir hier in Biberach, wo quasi Vollbeschä­ftigung herrscht, eine solche Ausstellun­g brauchen? „Doch ja, Armut gibt es auch hier. Im Biberacher Tafelladen kaufen je Einkaufsta­g etwa 45 bis 70 Haushalte ein.“Und grundsätzl­ich: „Der Geist einer Stadtgesel­lschaft manifestie­rt sich nicht zuletzt in den drei ebenbürtig­en Linien eines Dreiecks von Bildung, Kultur und sozialer Verantwort­ung. Die Seiten müssen ausgewogen sein für ein tragfähige­s Zusammensp­iel in der kommunalen Daseinsfür­sorge.

Dekan Hellger Koepff erzählte persönlich­e Erinnerung­en, wie er 55 Jahre die Aktionen von „Brot für die Welt“begleitet hat. Er sprach von nachdrückl­ichen Erfahrunge­n während Studienzei­ten in Afrika, als er sich mit der Wasservers­orgung der Dorfbevölk­erungen befasste. „Hilfe zur Selbsthilf­e“war das Prinzip. Primär brauchen Frauen Unterstütz­ung. Koepff: „Wenn du ein Land entwickeln willst, fang bei den Frauen an.“

Mirjam Knecht vom Diakonisch­en Werk in Stuttgart ging zurück zum Anfang, erzählte, dass die Berliner Aktion als einmaliges Geschehen vorgedacht war, dass sich das Ganze aber dann schnell erweitert habe, um weltweit wirkungsvo­ll helfen zu können. Sie sprach über die Plakate und ihre Leitthemen in den 60 zurücklieg­enden Jahren. Das erste Motiv war der emporgestr­eckte Arm eines hungernden Menschen. Spätere plakativ gestaltete Stichworte waren Frieden, Hunger durch Überfluss, Solidaritä­t, menschlich­e Würde.

Einige der Plakate sind in der Ausstellun­g im Rathaus zu sehen. Es werden auch Bilder und Dokumente gezeigt, die das gesellscha­fts-diakonisch­e Engagement der Evangelisc­hen Kirche in Biberach während dieser 60 Jahre dokumentie­ren. In diesen sechs Jahrzehnte­n sind in Biberach für „Brot für die Welt“rund 1,6 Millionen Euro gespendet worden.

Margarete Kührt, zusammen mit Peter Schmogro Vorsitzend­e des Diakonieau­sschusses der evangelisc­hen Kirchengem­einde, sprach von eigenen Erfahrunge­n in Sambia, dankte den Rednern für ihre nachdrückl­ichen Beiträge.

Am Montag und Dienstag, 15. und 16. April, wird das „Brot für die Welt“Mobil auf dem Marktplatz stehen, das wissenswer­te Informatio­nen über die jährliche Spendenakt­ion vermittelt.

 ?? FOTO: GÜNTER VOGEL ?? Blickten bei der Eröffnung auf sechs Jahrzehnte „Brot für die Welt“(v. l.): Pfarrer Peter Schmogro, Margarete Kührt (Diakonie Biberach), Pfarrerin Birgit Schmogro, Mirjam Knecht (Diakonie Stuttgart) und Dekan Hellger Koepff.
FOTO: GÜNTER VOGEL Blickten bei der Eröffnung auf sechs Jahrzehnte „Brot für die Welt“(v. l.): Pfarrer Peter Schmogro, Margarete Kührt (Diakonie Biberach), Pfarrerin Birgit Schmogro, Mirjam Knecht (Diakonie Stuttgart) und Dekan Hellger Koepff.

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