Schwäbische Zeitung (Biberach)
Nahziel Köln, Fernziel Jugendherberge
Handballer nehmen drei Punkte in WM-Hauptrunde mit – Gegner: Island, Kroatien und Spanien
BERLIN - Dänemark ist noch ganz weit weg. Dass die Handball-Weltmeisterschaft in zwei Ländern ausgetragen wird, ist nicht nur für die meisten deutschen Fans bisher nicht viel mehr als ein Randaspekt. „Ich nehme Dänemark überhaupt nicht wahr, für mich ist hier ein eigenes Turnier, auch weil wir mit der Münchner Gruppe zusammengeführt werden“, sagte etwa auch DHB-Vizepräsident Bob Hanning dieser Tage in Berlin. Doch sind die Vorrundenstädte Berlin und München jetzt Geschichte, von diesem Samstag an geht es für die deutschen Handballer in der Hauptrunde in Köln weiter. Die DHB-Auswahl startet gegen Island (20.30 Uhr/ARD) in die nächste Turnieretappe. Nach Dänemark würde es erst danach gehen. Die Finalrunde findet nächsten Samstag (mit den Spielen um Platz sieben und fünf) und Sonntag (Spiel um Platz drei und Finale) im dänischen Herning statt.
Zeit für eine Zwischenbilanz der Handball-WM.
Deutschland einig Handballland:
Volle Hallen, Rekordquoten im TV: Die meisten gesteckten Ziele sind aus Sicht des Deutschen Handballbundes (DHB) bereits jetzt übererfüllt. „Wir haben gezeigt, dass wir ein handballverrücktes Land sind und hatten in den Hallen eine überragende Auslastung – auch in München“, resümierte DHB-Präsident Andreas Michelmann. Das zeige, dass auch dort, in der Bundesliga-Diaspora, „ein Hunger nach Spitzenhandball da ist. Auch die finanziellen Erwartungen sind damit überboten worden.“Die Zahlen sprechen eine beeindruckende Sprache: „In Berlin hatten wir insgesamt 171 000 Zuschauer und waren jeden Tag ausverkauft, in München war es beinahe ähnlich, da kamen 136 000 Fans. Nimmt man Dänemark hinzu, stehen wir bei 511 000 Zuschauern allein in der Vorrunde – und es kommen noch 36 Spiele hinzu“, unterstrich der DHB-Vorstandsvorsitzende Mark Schober. Für diese Spiele seien bereits 97 Prozent der Tickets verkauft.
Wie sehr ganz Deutschland im Handball-Rausch ist, zeigen die TVQuoten. Bei den fünf Vorrundenspielen schalteten im Durchschnitt 7,2 Millionen Zuschauer ein. Eine Folge: Auch die beiden Hauptrundenkracher gegen Kroatien und Spanien – eigentlich für 18 Uhr angesetzt – werden zur Primetime um 20.30 Uhr ausgetragen. Beim Gewinn der Europameisterschaft vor zwei Jahren und selbst beim WM-Wintermärchen 2007 erreichte das deutsche Team im Schnitt vier Millionen Menschen an den TV-Geräten.
Und auch die Handball-Bundesliga profitiert bereits. „Zum Beispiel beim Spitzenspiel der Füchse Berlin gegen den THW Kiel ist die Nachfrage schon jetzt deutlich gestiegen“, erzählt DHB-Vize Bob Hanning.
Sportliche Erkenntnisse:
Das DHB-Team ist wieder wer im Welthandball. „Wir waren weg, jetzt sind wir aber definitiv wieder an der Weltspitze dran. Wie weit genau, wird sich in den nächsten Tagen zeigen“, meint Hanning. Vor allem das 25:25 gegen Rekordweltmeister Frankreich hat es Hanning angetan: „Wir haben kein Spiel verloren und waren gegen den Weltmeister einen Tick besser“, sagt er. Und das nur einen Tag nach dem kleinen Nackenschlag, dem unglücklichen Unentschieden gegen Russland. „Dieses Spiel war schon ein kleiner Knick, aber wir sind innerhalb von 24 Stunden aufgestanden und haben unfassbar gefightet. Das hat uns nochmal zusammengeschweißt“, verdeutlicht Rückraumspieler Paul Drux.
Bundestrainer Christian Prokop freut sich vor allem über die Ausgeglichenheit des Kaders. „Zudem haben wir eine Abwehr, die das Fundament für alles bildet“, meint er. Bob Hanning glaubt sogar: „Wir haben die Chance, die beste Abwehr der Welt zu stellen.“Dazu kommen zwei großartige Torhüter. Allein im Offensivbereich, bei den Treffern aus der zweiten Reihe, gebe es Nachbesserungsbedarf. „Uns fehlt nach dem Ausfall von Julius Kühn das einfache Tor. Deshalb wird Steffen Fäth auf dem Weg zur Medaille auch noch entscheidend sein“, so Hanning.
Hauptrunde in Köln:
13 500 Zuschauer in Berlin sorgten bei jedem Spiel für eine Ballermann-Atmosphäre. In der Lanxess Arena in Köln werden sogar 19 000 Zuschauer die DHBAuswahl anfeuern. Nach dem IslandSpiel, zuletzt immer ein dankbarer Ggener für Deutschland, folgen zwei echte Kracherspiele gegen Spanien und Kroatien. „Mit Spanien haben wir verschiedene Erfahrungen gemacht, und die Kroaten werden sehen, dass – anders als bisher in München – Deutschland die Heimmannschaft ist. Wir können mit der aktuellen Leistung jedes Team der Welt schlagen“, so DHB-Sportvorstand Axel Kromer.
Damit wäre der Weg nicht nur zum Nahziel – den Halbfinale in Hamburg –, sondern noch weiter nach Norden frei. Auch Bob Hanning hat Dänemark und den Finalort Herning nicht ganz ausgeblendet. Dass es in Herning nur zwei Hotels gibt – kein Problem. „Ich hoffe, auch noch einmal in der Jugendherberge in Dänemark übernachten zu können“, so Hanning.