Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die CDU hat viel zu bedenken
Die CDU ist schon mitten in einem neuen Aufbruch. Sie hatte in der Vergangenheit selten eine größere Auswahl, was ihr Spitzenpersonal angeht. Gleich drei ernst zu nehmende Kandidaten für den Parteivorsitz beflügeln jetzt die Stimmung und die Hoffnung, dass man die Partei vielleicht doch wieder zu größeren Wahlerfolgen führen kann.
Wer am Ende das Rennen macht, ist offen. Und vielleicht bleibt es das sogar bis ganz zum Schluss. Denn auf dem Parteitag in Hamburg dürfte eine entscheidende Rolle spielen, wie die vorherrschende Stimmung gegenüber Angela Merkel ist. Wenn die Delegierten ein tiefes Gefühl des Respekts für ihren Rückzug und Dank für ihre Zeit an der CDU-Spitze haben, hat Merkels Nachfolge-Favoritin Annegret Kramp-Karrenbauer gute Chancen. Sollte aber der Unmut über die vergangenen drei Jahre der Ära Merkel überwiegen, könnten die beiden anderen Kandidaten glänzen.
Jens Spahn hebt in seiner Art von Bewerbung auf die Flüchtlingskrise ab, frei nach dem Motto: „Das dürfe nicht noch einmal passieren“. Friedrich Merz wiederum will als Konservativer die CDU zu mehr klarer Kante zwingen, der Partei wieder Profil geben.
Auch Kramp-Karrenbauer gilt als konservativer als die bisherige Parteichefin, sie hat aber bislang wenig Unterschiede herausgearbeitet. Sie erscheint vielen als Neuauflage von Merkel, auch wenn sie ungleich stärker darin ist, die Partei – und vielleicht auch den jeweiligen Koalitionspartner – einzubinden. Das könnte entscheidend sein. Denn Merkel hat zwar angekündigt, die Legislaturperiode als Bundeskanzlerin bis zum Ende zu führen. Doch das ist allenfalls denkbar, wenn Kramp-Karrenbauer gewählt wird.
Wie lange die Legislatur noch dauert, wird außerdem nicht nur vom künftigen CDU-Parteichef abhängen. Denn der Großen Koalition gehören auch CSU und SPD an. Beide haben die Lösung ihrer Personalprobleme noch vor sich. Und eine niedergeschlagene SPD überlegt sich zunehmend, ob sie nicht besser aus der Großen Koalition aussteigt.