Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ehrliche Hilfe statt Abzocke
Wie man bei einem Notfall in Haus oder Wohnung einen seriösen Handwerker- oder Schlüsselnotdienst findet
Oft passiert es zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Da fällt spät abends etwa die Tür von außen ins Schloss, und der Schlüssel steckt innen, ein Rohr platzt ausgerechnet am Wochenende und setzt die Wohnung unter Wasser oder die Heizung fällt an einem kalten Wintertag aus. In solchen Fällen ist schnelle Hilfe nötig. Zum Glück gibt es im Internet viele Notdienste. Doch Vorsicht: Nicht alle Firmen arbeiten seriös. Manche präsentieren Betroffenen völlig überzogene Rechnungen für ihre Leistungen. Verbraucherschützer berichten von Fällen und geben Tipps, worauf Verbraucher bei der Suche nach einem Notdienst achten sollten.
1. Beispiel: Wespen, überall Wespen. Eine Frau war verzweifelt, weil sich ein Nest in der Nähe ihres Küchenfensters befand, erzählt Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Sie wandte sich an einen Notdienst, der das Nest entfernen sollte – und wurde abgezockt. „Statt der üblichen Preise zwischen 80 und 150 Euro inklusive Anfahrt sollte die Verbraucherin 1700 Euro zahlen.“
In einem solchen Fall rät Bauer: Geht es um Schädlingsbekämpfung, dann bloß nicht einen Notdienst kontaktieren. „Die richtige Anlaufstelle ist die Untere Naturschutzbehörde in der Gemeinde des Verbrauchers, die dann für Abhilfe sorgt“, sagt er. Im absoluten Notfall, etwa am Wochenende, kann auch die Feuerwehr zurate gezogen werden.
2. Beispiel: Zack, da fällt die Tür zu. Carolin Semmler von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen erzählt von einer Frau, die den Schlüsselnotdienst gerufen hatte: „Die Frau musste fast 800 Euro für eine einfache Türnotöffnung bezahlen“. Zum Vergleich: Eine Umfrage der Verbraucherzentralen bei deutschlandweit 600 Schlüsseldiensten ergab, dass eine Türnotöffnung je nach Bundesland im Schnitt zwischen 59,40 Euro und 83,61 Euro
kostet. Als die Frau gegen den Schlüsseldienst vorgehen wollte, stellte sich heraus, dass die Rechnungsangaben frei erfunden waren.
Ortsansässige bevorzugen
„Auch in einer Notsituation sollten Geschädigte Angebote und Preise von ortsansässigen Schlüsseldiensten vergleichen“, rät Semmler. Empfehlenswert ist es, schon gleich beim ersten Anruf zu fragen, wie weit der Monteur anreisen muss. Wer einen Notdienst unter einer örtlichen Vorwahl kontaktiert, muss nur die Kosten für die An- und Abfahrt innerhalb der Ortsgrenzen zahlen. Vor der Auftragsvergabe ist es zudem sinnvoll nach einem verbindlichen Komplettpreis zu fragen. Zuschläge dürfen Schlüsseldienste nur außerhalb der üblichen Arbeitszeiten verlangen.
3. Beispiel: Teilnehmer nicht erreichbar. Auch wenn Verbraucher
vorab einen Preis vereinbaren, kann die spätere Rechnung höher ausfallen. Das zeigt ein Fall der VZ Berlin: Eine Frau sollte knapp 2000 Euro für die Rohrreinigung ihrer verstopften Toilette zahlen. Obwohl ihr vorab ein Vermittler am Telefon Kosten in Höhe von 20 Euro für die Anfahrt und 39 Euro für die Arbeitsstunde genannt hatte, wollte der Handwerker nach getaner Arbeit fast 150 Euro für die Anfahrt, rund 60 Euro pro 15 Minuten Arbeitszeit und knapp 90 Euro pro laufendem Meter Rohrreinigungsspirale. Am Ende summierte sich die Rechnung auf 1985 Euro. Als die Frau mit dem Vermittler die Diskrepanz zum vereinbarten Preis klären wollte, war er telefonisch nicht mehr erreichbar.
„Die Webseiten der HandwerkerNotdienste sollten sich Verbraucher genau anschauen“, empfiehlt Frithjof Jönsson von der VZ Berlin. Fehlt
dort das Impressum oder ist es unvollständig, also etwa nur der Name und eine Handynummer oder eine 0800-Rufnummer angegeben, sollten Verbraucher den Anbieter nicht kontaktieren. „Das Impressum gibt auch Aufschluss darüber, ob der Anbieter sich tatsächlich in der Nähe befindet“, erklärt Jönsson.
Zeugen hinzuziehen
4. Beispiel: Unseriöse Firmen können Kunden massiv zusetzen. Bauer berichtet von einer Frau, die mehrere Hundert Euro für die Reparatur ihrer Waschmaschine zahlen sollte – und zwar umgehend. Die Frau bat die Handwerker, ihr eine Rechnung zu schicken, die sie dann sofort begleichen würde. Darauf ließen sich die Handwerker nicht ein. „Die Frau wurde massiv unter Druck gesetzt sofort zu zahlen – entweder bar oder per EC-Karte“, erzählt Bauer. Doch
ist das überhöhte Entgelt gezahlt, besteht nur wenig Hoffnung, den Betrag zurückzubekommen.
Bauer empfiehlt Verbrauchern, die beim Bezahlen massiv unter Druck gesetzt werden, Zeugen hinzuzuziehen – etwa Nachbarn. „Notfalls sollten Betroffene die Polizei kontaktieren“, rät er. Legt ein Handwerker nach getaner Arbeit eine Rechnung vor, dann muss diese neben einer Adresse auch eine Rechnungssowie eine Steuernummer enthalten. Fehlt eine dieser Angaben, sollte man in keinem Fall zahlen.
Ein Notfall kann immer eintreten. Um dafür gewappnet zu sein, sollten Verbraucher in einer ruhigen Minute nach seriösen Firmen suchen und sich wichtige Rufnummern aufschreiben. „Sinnvoll ist, sich etwa über Berufsverbände oder Innungen nach seriösen Notdiensten zu erkundigen“, sagt Bauer. (dpa)