Schwäbische Zeitung (Biberach)
Differenzen zwischen Petermann und Schafft
Riedlingens Ex-Bürgermeister Petermann wirft Nachfolger Versäumnisse vor – Der vermisst Amtsloyalität
RIEDLINGEN - Der Ton zwischen Riedlingens Bürgermeister Marcus Schafft und dessen Vorgänger Hans Petermann wird rauer. In E-Mails, die an einen großen Verteiler gingen, beklagt Petermann Versäumnisse in der Stadtpolitik, vor allem bei der Fortführung der Straßenbaupläne. Aber auch zur Umgestaltung der Kanalbrücke nimmt er Stellung. Schafft zeigt sich irritiert und würde sich vom Vorgänger mehr Amtsloyalität wünschen.
Fast vier Jahre nach dem Amtswechsel, in denen sich Petermann weitestgehend zu stadtpolitischen Themen zurückgehalten hat, mehren sich die E-Mails des ehemaligen Schultes und jetzigen Kreisrats. Ob Donautalbahn, ob B-311-Ortsumfahrung (Ostumfahrung), die Umsetzung der Eisenbahnkreuzungsgesetzmaßnahmen (EBKM) oder nun aktuell die Planungen zur Kanalbrücke – Petermann nimmt inzwischen Stellung; häufig gegensätzlich zur aktuellen Haltung der Stadtverwaltung und seines Nachfolgers.
In der jüngsten E-Mail, die an etliche Gemeinderäte und an Mitarbeiter der Stadtverwaltung ging, beklagt der ehemalige Bürgermeister eine „zentrale Planungsänderung“beim Konzept zum Neubau der Kanalbrücke. Im Jahr 2004 war eine Unterführung unter der Kanalbrücke für Radfahrer, Fußgänger aber auch Rollstuhlfahrer geplant, um eine kreuzungsfreie und ebenerdige Querung der Hindenburgstraße zu ermöglichen. Davon ist der Gemeinderat in seinen Entscheidungen abgerückt, in erster Linie aus Kostengründen, wie Schafft sagt. Er hat eine solche Unterführung erst für die Landesgartenschau als langfristiges Ziel ins Spiel gebracht.
Schildbürgerstreich
Die Unterführung war „für den Brückenwettbewerb aus gutem Grund eine zentrale, mit allen Behörden abgestimmte und vom Preisträger erfüllte Forderung“, so Petermann. Durch eine Unterführung könnten attraktive Rundstreckenläufe angeboten werden oder auch ein Rundwander- und Radwanderweg. „Bei der von Ihnen angestrebten Landesgartenschau wäre die Unterführung wohl zwingend notwendig. Sie erst dann zu schaffen und dann wesentlich mehr Mittel aufwenden zu müssen, käme einem Schildbürgerstreich gleich“, so Petermann: „Sorgen Sie und wenn nötig der Gemeinderat dafür, dass (...) die ursprüngliche Planung vom Grundsatz her realisiert wird.“
Schafft ist irritiert über die Einlassungen seines Vorgängers, weil dies ein für Riedlingen spezifisches Thema ist und keines, das Petermann als Kreisrat betrifft. „Mit welcher Legitimation ist er unterwegs“, fragt Schafft. Zu dessen Zeit als Bürgermeister hat man die Planung entwickelt, aber inzwischen ist der Rat zu einer anderen Einschätzung gekommen. Schafft hält auch die Ideen für die Laufveranstaltungen für interessant, aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Er erwartet mehr Amtsloyalität in Fragen, die nur Riedlingen betreffen.
Petermann hat sich allerdings auch zum Thema Verkehrsinfrastruktur in Riedlingen zu Wort gemeldet und einen Disput mit seinem Nachfolger ausgelöst. In einer E-Mail, die auch an Landrat Heiko Schmid, an Regierungspräsident Klaus Tappeser und Bürgermeister der Region ging, wirft er ihm vor, dass er die Ostumfahrung Riedlingen, aber auch die EBKM – die geplante Schließung des Bahnübergangs in Riedlingen durch Ausbau des Römerwegs und einer neuen Brücke auf Höhe des Schützenhauses – nicht vorantreiben würde. Seine Antwort beinhalte „... keine konkrete Aussage, wann und wie Sie diese für die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelbereichs Riedlingen und weite Teile des Landkreises Sigmaringen wichtigen Projekte in Riedlingen voranbringen wollen“, so Petermann zu Schafft.
Der hatte in einem SZ-Bericht zur Infrastruktur im ländlichen Raum die Bedeutung der Verkehrsachsen B 311 und B 312 betont, gleichzeitig aber auch darauf hingewiesen, dass für die Unternehmensansiedlungen eine Vielzahl an Faktoren eine Rolle spielen, etwa Breitbandausbau oder die Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Schafft will daher auch in diesen Bereichen Schwerpunkte setzen.
Nicht auf den Gaul einschlagen ... Dass er sich nicht mit Nachdruck für die Projekte einsetzt, weist Schafft zurück. Bei der Ortsumfahrung der B 311 sei die Stadt nicht bei der Umsetzungsplanung beteiligt. Hier müsste der Kreis koordinierend tätig werden, so Schafft. Und bei den EBKM werfe das RP Tübingen derartige Steine in den Weg, dass wir „hier eine anwaltliche Begleitung initiiert haben“, so Schafft in seiner Replik an Petermann.
Schafft bedauert die Differenzen. Petermann könnte als Kreisrat eine wichtige Funktion für Riedlingen haben. Aber: „Unterstützen ist nicht, dass Sie – bestenfalls öffentlich und mit ,Großverteiler Deutschland‘ – auf den Gaul einschlagen, der den Karren zieht. Solche Unterstützung hat die Verwaltung genug.“