Schwäbische Zeitung (Biberach)
Weg zum Abitur wird neu geregelt
Ab 2019 ändern sich Kurssystem und Prüfungen an allen Gymnasien
STUTTGART (tja) - Die Reform der gymnasialen Oberstufe ist beschlossene Sache. Das am Dienstag vom Ministerrat in Stuttgart gebilligte Konzept differenziert stärker als bisher zwischen Leistungs- und Basisfächern. Statt fünf vierstündige Kurse belegen die Schüler künftig auf dem Weg zum Abitur drei fünfstündige Kurse. In diesen drei Leistungsfächern werden sie dann auch im Abitur selbst schriftlich geprüft. Hinzu kommen zwei mündliche Prüfungen statt wie bislang nur eine.
STUTTGART - Der Weg zum Abitur ändert sich. Ab 2019 haben Gymnasiasten mehr Wahlfreiheit, müssen sich aber neben Mathematik in einer weiteren Naturwissenschaft prüfen lassen. Das hat die Landesregierung am Dienstag beschlossen. Fragen und Antworten im Überblick.
Welche Kurse müssen Abiturienten belegen?
Statt bisher fünf Kernfächer belegen Gymnasiasten künftig drei Leistungsfächer. Gab es früher vier Wochenstunden in diesen Kursen, sind es nun jeweils fünf. Hinzu kommen ab 2019 Deutsch, Mathematik, weitere Fremdsprachen und weitere Naturwissenschaften. Sie werden dreistündig unterrichtet, alle übrigen Fächer zweistündig. Die Stundenzahl pro Woche bleibt unverändert bei 32.
Wie laufen die Prüfungen ab?
Die Schüler müssen in ihren drei Leistungsfächern Klausuren schreiben. Dazu kommen zwei jeweils 20minütige mündliche Prüfungen, auf die sich die Gymnasiasten jeweils 20 Minuten vorbereiten können. Die bisherige Präsentationsprüfung entfällt. Dabei konnten Schüler ein Thema aus der Oberstufe vor dem Abitur als Vortrag aufarbeiten, um es zu präsentieren. Das habe sich nicht bewährt, so Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). „Der einzige Erfolg war, dass sich im Internet ein Markt für Powerpoint-Präsentationen entwickelt hat.“Zur Qualität der Bildung habe das nicht beigetragen. Neu auch: Wer eine der fünf Prüfungen mit null Punkten abschließt, fällt durch. Wenn das einem Schüler in einer Klausur passiert, kann er eine freiwillige mündliche Prüfung machen, um doch noch zu bestehen.
Warum wird das Abitur überhaupt reformiert?
Auslöser ist ein Beschluss der Kultusminister aller Bundesländer. Zwar hat jedes Land die Hoheit über sein Bildungswesen. Doch ein Abitur aus Baden-Württemberg soll vergleichbar sein mit einem aus Schleswig-Holstein oder Berlin. Darum arbeiten die Minister daran, den Weg zum Abi und die Prüfungen möglichst ähnlich zu gestalten. Ein Beschluss: Es darf künftig nicht mehr als vier Leistungsfächer geben – in Baden-Württemberg sind es derzeit fünf. Eisenmann betonte am Dienstag jedoch, die Oberstufe sei ohnehin reformbedürftig gewesen.
Wäre ein Zentralabitur für ganz Deutschland nicht besser?
Nein, sagt Eisenmann. „Zentralisierung führt der Erfahrung nach immer zur Nivellierung nach unten“–
sprich, die Prüfungen würden aus ihrer Sicht leichter als bisher in BadenWürttemberg, das Bildungsniveau der Absolventen würde sinken. Schon jetzt gebe es mit bundesweiten Vergleichsarbeiten in verschiedenen Fächern gute Ansätze. Dennoch müsse jedes Land Spielraum für eigene Akzente haben.
Was soll die Reform bringen?
Neben der besseren Vergleichbarkeit mit anderen Bundesländern versprechen sich Grüne und CDU mehrere Vorteile. Erstens bekommen Schüler mehr Wahlfreiheit und können sich
Kurse ihren Neigungen entsprechend auswählen. Die fünfstündigen Leistungsfächer bieten aus Sicht der Regierung mehr Zeit, um sich zu spezialisieren und sich damit besser auf ein Studium vorbereiten. Zweitens stärkt die Reform die Naturwissenschaften, sie werden mit Deutsch, Mathematik und Fremdsprache gleichgestellt. Außerdem legt das Land weiter viel Wert auf Allgemeinbildung. „Ohne Goethe kein Abitur“, sagte Eisenmann. Schüler müssen sich wie bisher in Deutsch und Mathematik prüfen lassen – anders als in anderen Bundesländern.
Wie fallen die Reaktionen von Verbänden und Oppositionsparteien aus?
Überwiegend positiv. Der Verband der Gymnasiallehrer begrüßt die Reform, ebenso wie Arbeitgeber und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Auch die Opposition lobt die Reform als grundsätzlich sinnvoll. Die AfD fordert aber weitere Schritte zur Stärkung der Mathekenntnisse, die SPD mehr Anstrengung für besseren Unterricht an Gymnasien und die FDP warnt vor einer Vernachlässigung der Gesellschaftswissenschaften.