Schwäbische Zeitung (Biberach)
Hochdorfer Ärzte ziehen positive Bilanz
Modell des Ärztehauses könnte Vorbildcharakter haben, um junge Ärzte aufs Land zu locken
HOCHDORF - Seit einem Jahr gibt es das neue Ärztehaus in Hochdorf. Vielen gilt es als Vorbild dafür, wie die Hausarztversorgung im ländlichen Raum künftig aussehen könnte. Andere Hausärzte klagen darüber, wie überbelastet sie sind und wie schwer es ist, einen Nachfolger zu finden. Die vier Hochdorfer Ärzte dagegen sind inzwischen ein eingespieltes Team, sie vertreten und entlasten sich gegenseitig. Die Praxis gehört den Ärzten Ira Goos, Markus Tech und Christopher Maier. Simone Benedikter gefiel ihre Assistenzzeit in Hochdorf so gut, dass sie geblieben ist. Die junge Mutter ist in Teilzeit angestellt. „Uns ist es wichtig, Menschen nicht am Fließband abzufertigen, sondern uns Zeit für unsere Patienten zu nehmen“, erklärt Dr. Ira Goos. Die Energie für diese wichtige Arbeit habe sie jedoch nur, wenn sie selbst nicht ständig überlastet sei und Zeit zum Regenerieren habe. Ira Goos ist Mutter eines kleinen Mädchens und muss wie alle Elternteile Privat- und Arbeitsleben jonglieren.
„Wir arbeiten inzwischen nicht unbedingt weniger, aber wir teilen die Verantwortung für die gemeinsame Praxis und können uns bei medizinischen Fragen beraten“, sagt Dr. Markus Tech. Das Arbeiten in der Gemeinschaftspraxis sei für ihn daher deutlich entspannter. Jeder habe einen sprechstundenfreien Tag in der Woche, um bürokratische Aufgaben zu erledigen, wie etwa einen RehaAntrag auszufüllen.
„Wenn eins meiner Kinder abends einen Auftritt hat, kann ich jetzt einen meiner Kollegen bitten, meine Sprechstunde zu übernehmen“, erklärt Dr. Christopher Maier. Mehr Zeit für die Familie zu haben, sei ein Wunsch, den viele junge Ärzte teilen würden – und schrecke manchen Studenten ab, sich für die Fachrichtung Allgemeinmediziner zu entscheiden. „Derzeit gibt es immer noch zu wenig Praxen, die jungen Ärzten eine Anstellung in Voll- oder Teilzeit anbieten“, argumentiert Maier. Eine Praxis zu gründen oder zu übernehmen, sei nicht nur mit viel Arbeit, sondern auch mit einem hohen Risiko verbunden.
„Unserer Einschätzung nach sind Modelle wie das unsere die Zukunft“, sagt Goos. Um die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum zu sichern, brauche es mehr Ärztezentren, in denen mehrere Mediziner zusammenarbeiten würden. Da es jetzt schon immer weniger Allgemeinmediziner gebe, seien die Patientenzahlen heute deutlich höher als noch vor 20 Jahren. Zwischen 300 und 400 Patienten kommen jeden Tag in das Ärztehaus in Hochdorf. Die Nachfrage sei sogar noch höher. Die meisten Patienten, die Goos, Tech und Maier zuvor in ihren Praxen in Ummendorf und Winterstettenstatt betreuten, seien ihnen gefolgt. Hinzu kommen einige Hochdorfer, die aufgrund des neuen Angebots ihren Hausarzt gewechselt haben.
Großes Einzugsgebiet
Das Einzugsgebiet erstreckt sich dabei bis nach Bad Waldsee, über Ochsenhausen, Bad Schussenried, Maselheim bis hin nach Eberhardzell. „Manche Patienten kommen zu uns, weil sie uns von früher kennen, als wir noch in anderen Praxen gearbeitet haben oder aufgrund unserer Spezialisierungen“, sagt Tech. Wer einmal Vertrauen zu einem Arzt gefasst habe, bleibe in der Regel. „Was für einige Patienten neu ist und anfangs auch für Unmut sorgte, ist, dass hier in Hochdorf die Organisation funktioniert“, ergänzt er. „In unseren alten Praxen gab es jahrelang die gleichen Sprechstundenhilfen, die die Patienten persönlich kannten, die Termine wurden nach einem anderen System vergeben.“Daran hätten sich einige erst gewöhnen müssen. Und auch nicht immer gebe es am gewünschten Tag einen Termin beim gewünschten Arzt. Anders sei die viele Arbeit aber nicht zu bewältigen.
Toll sei, wie sehr die Gemeinde das Projekt unterstützt habe. Hochdorf hatte das ehemalige Rathaus nach den Wünschen der Ärzte umgebaut. Auch jetzt herrsche ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Vermieter und Pächtern. „Das bestärkt uns darin, dass unsere Entscheidung richtig war“, freut sich Maier.