Schwäbische Zeitung (Biberach)
Und jetzt noch die Bandscheiben
Alfred Gislason erlebt beim THW Kiel gerade eine der schwierigsten Phasen in fast zehn Trainerjahren – Nur 6:6 Punkte
KIEL (dpa) - Nach der Demütigung in Wetzlar und dem schlechtesten Saisonstart seit 15 Jahren musste Alfred Gislason erst einmal ins Krankenhaus. Der von Selbstzweifeln geplagte Erfolgstrainer des THW Kiel unterzog sich am Freitag einer erfolgreichen Operation an der Bandscheibe und fehlt dem Handball-Rekordmeister am Sonntag. Dann geht es in der Champions League nach Polen zu Vive Kielce. „Ich hatte gehofft, den Eingriff bis zur EM-Pause im Januar verschieben zu können“, sagte Gislason. „Aber es ging einfach nicht mehr.“
Der körperliche Zustand des Isländers steht sinnbildlich für die Krise der Kieler. Routinier Christian Zeitz sprach nach der 22:30-Demontage bei der HSG Wetzlar aus, was vor vier Wochen kaum jemand für möglich gehalten hätte: „Der Zug Deutsche Meisterschaft ist abgefahren. Jetzt geht es darum, die Ehre des THW Kiel zu retten.“Derzeit rangiert man mit 6:6 Punkten auf Platz neun. So schlimm stand es seit 2002 nicht mehr um den 20-fachen Meister. Damals startete Kiel mit 2:10 Zählern und wurde schließlich Sechster.
Mit 9,5 Millionen Euro ist der DHB-Pokalsieger der Etat-Krösus der Bundesliga. Doch sportlich stellt das Team derzeit allenfalls Mittelmaß dar. An der Güte des Kaders kann dies kaum liegen, eher wohl an mentalen Problemen. Das zeigte sich auch in Wetzlar, wo die Kieler nach einer 17:16-Führung (37. Minute) völlig einbrachen. „Wir haben ab einem gewissen Zeitpunkt aufgegeben“, räumte Linksaußen Rune Dahmke ein.
Gislason, der in seiner bald zehnjährigen Amtszeit mit Kiel zweimal die Champions League, sechsmal den nationalen Titel und fünfmal den DHB-Pokal gewonnen hat, schien danach mit dem Latein am Ende. „Es gab eine gewisse Resignation im Team. Darüber bin ich sehr enttäuscht. Ich weiß nicht, warum die Spieler nicht an sich glauben“, sagte er – und: „Ich muss mich fragen, warum die Mannschaft so verunsichert ist. Das geht garantiert auf meine Kappe.“
Es stimmt derzeit nicht im Team. In Abwesenheit des verletzten Domagoj Duvnjak fehlt ein Leader, der wechselwillige Nationaltorwart Andreas Wolff wirkt frustriert, und die Zugänge haben nicht für den erhofften Schwung gesorgt. Zudem wächst die Unzufriedenheit bei den Fans, die in den sozialen Netzwerken bereits den Rauswurf von Gislason und Manager Thorsten Storm fordern.