Schwäbische Zeitung (Biberach)
In die Falle getappt
Von wegen Saure-Gurken-Zeit! War zu früheren Zeiten im Sommer oft nicht viel los, so wird einem heutzutage doch echt etwas geboten. Fast jeden Tag kommt aus dem Weißen Haus eine Nachricht, die noch absonderlicher ist als die vom Vortag. Seit zwei Jahren brodelt der Dieseloder Abgasskandal und zieht immer weitere Kreise. Und jetzt auch noch der Eierskandal, der einem die Freude am Frühstücksei vermiest. Und wetten? Der nächste Skandal wird nicht lange auf sich warten lassen und den Zeitungen und Nachrichtendiensten wieder genug Stoff bieten, über den wir uns aufregen können.
So gesehen, wäre eigentlich eine Saure-Gurken-Zeit, in der nicht viel los ist und in der auch keine neuen Schurkereien begangen werden, gar nicht schlecht. Aber, können wir uns ein Leben ohne Skandale überhaupt vorstellen? Eigentlich gibt’s das doch schon immer, schon seit dieser Sache mit dem Apfel. Das Wort „Skandal“ leitet sich ja aus dem griechischen „skandalon“ab, was ursprünglich das „Stellholz in der Tierfalle“meinte. Wenn ein Tier, das sich vom Geruch eines Köders anlocken und verführen ließ, dieses Holz umstieß, schnappte die Falle zu.
Ein Skandal ist also, wenn sich jemand in eine Falle locken lässt. Und dieses Bild ist seit jeher auch ins Religiöse übertragen worden: Im Alten Testament etwa redet man vom „Skandal“, wenn sich jemand zu einem anderen Glauben verführen lässt und damit von Gott abfällt. Unser Leben ist voller Fallen, Verlockungen ködern uns auf alle nur denkbaren Arten: Es lockt das schnelle Geld, der politische Ruhm, die sexuelle Befriedigung, die spirituelle Erfüllung, der sportliche Erfolg ... Wer hier auf dumme Gedanken kommt, um vermeintlich schneller ans Ziel zu gelangen, dem geht’s wie so manchem Automobilmanager, Politiker, Geschäftsmann, Dopingsünder und religiösem Verführer. Weil sie der schnellen Versuchung erlegen und in die Falle getappt sind, sind sie nun gefangen. Vielleicht ihr Leben lang. Die Folgen sind manchmal verheerend.
Ein Leben ohne Skandale – das wäre wünschenswert. Und ist weit davon entfernt, ein langweiliges Saure-Gurken-Leben zu sein. Denn, wer den Versuch wagt, auf den wartet das Abenteuer eines Lebens, das den Fallen unserer Zeit und unserer Mitmenschen versucht auszuweichen – mit Freundlichkeit, Geduld und Gottvertrauen. Und es hat einen großen Vorteil: Wer nicht in die Falle tappt, bleibt frei. Und wie macht man das? Christen, Juden und Moslems sind sich darin einig, dass das erste und wichtigste Gebot ist, dass man sein Herz allein an Gott hängt, denn „wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“(2. Kor. 3,17).