Schwäbische Zeitung (Biberach)

In die Falle getappt

- Von Peter Schmogro

Von wegen Saure-Gurken-Zeit! War zu früheren Zeiten im Sommer oft nicht viel los, so wird einem heutzutage doch echt etwas geboten. Fast jeden Tag kommt aus dem Weißen Haus eine Nachricht, die noch absonderli­cher ist als die vom Vortag. Seit zwei Jahren brodelt der Dieseloder Abgasskand­al und zieht immer weitere Kreise. Und jetzt auch noch der Eierskanda­l, der einem die Freude am Frühstücks­ei vermiest. Und wetten? Der nächste Skandal wird nicht lange auf sich warten lassen und den Zeitungen und Nachrichte­ndiensten wieder genug Stoff bieten, über den wir uns aufregen können.

So gesehen, wäre eigentlich eine Saure-Gurken-Zeit, in der nicht viel los ist und in der auch keine neuen Schurkerei­en begangen werden, gar nicht schlecht. Aber, können wir uns ein Leben ohne Skandale überhaupt vorstellen? Eigentlich gibt’s das doch schon immer, schon seit dieser Sache mit dem Apfel. Das Wort „Skandal“ leitet sich ja aus dem griechisch­en „skandalon“ab, was ursprüngli­ch das „Stellholz in der Tierfalle“meinte. Wenn ein Tier, das sich vom Geruch eines Köders anlocken und verführen ließ, dieses Holz umstieß, schnappte die Falle zu.

Ein Skandal ist also, wenn sich jemand in eine Falle locken lässt. Und dieses Bild ist seit jeher auch ins Religiöse übertragen worden: Im Alten Testament etwa redet man vom „Skandal“, wenn sich jemand zu einem anderen Glauben verführen lässt und damit von Gott abfällt. Unser Leben ist voller Fallen, Verlockung­en ködern uns auf alle nur denkbaren Arten: Es lockt das schnelle Geld, der politische Ruhm, die sexuelle Befriedigu­ng, die spirituell­e Erfüllung, der sportliche Erfolg ... Wer hier auf dumme Gedanken kommt, um vermeintli­ch schneller ans Ziel zu gelangen, dem geht’s wie so manchem Automobilm­anager, Politiker, Geschäftsm­ann, Dopingsünd­er und religiösem Verführer. Weil sie der schnellen Versuchung erlegen und in die Falle getappt sind, sind sie nun gefangen. Vielleicht ihr Leben lang. Die Folgen sind manchmal verheerend.

Ein Leben ohne Skandale – das wäre wünschensw­ert. Und ist weit davon entfernt, ein langweilig­es Saure-Gurken-Leben zu sein. Denn, wer den Versuch wagt, auf den wartet das Abenteuer eines Lebens, das den Fallen unserer Zeit und unserer Mitmensche­n versucht auszuweich­en – mit Freundlich­keit, Geduld und Gottvertra­uen. Und es hat einen großen Vorteil: Wer nicht in die Falle tappt, bleibt frei. Und wie macht man das? Christen, Juden und Moslems sind sich darin einig, dass das erste und wichtigste Gebot ist, dass man sein Herz allein an Gott hängt, denn „wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“(2. Kor. 3,17).

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FOTO: PRIVAT Pfarrer Peter Schmogro, Friedenski­rche Biberach, Diakonie Biberach

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