Schwäbische Zeitung (Biberach)
Trump hat das „große Bild“nicht im Blick
US-Präsident bricht mit alter Tradition der US-Politik: in internationale Beziehungen zu investieren – Er bedient alleine seine politische Basis
- Es ist nicht so, dass Donald Trump der erste US-Präsident wäre, der sich schwertut mit dem Klimawandel. Schon George W. Bush übernahm das Argument, wonach internationale Klimaabmachungen der eigenen Wirtschaft schaden, obwohl sie in Wahrheit die Modernisierung derselben fördern.
Selbst Barack Obama brauchte eine Weile, ehe er seiner Rhetorik zum Thema Erderwärmung politische Taten folgen ließ. Bevor Obama den Pariser Gipfel zu einem Erfolg machte, indem er dazu beitrug, die zögernden Chinesen ins Boot zu holen, hat er auf einem anderen, in Kopenhagen, die Rolle des Bremsers gespielt.
Was Trump indes unterscheidet von all seinen Vorgängern, ist ein extrem engstirniger Blick auf den Planeten. Der funktioniert in seinen Augen strikt nach dem Prinzip des Nullsummenspiels. Vorteile für den einen gehen zwangsläufig auf Kosten des anderen, als wäre es naiv, an die gerade im optimistischen Amerika so häufig beschworene Win-Win-Situation zu glauben. Sieger oder Verlierer, dazwischen gibt es nichts.
Wer sich noch Illusionen machte über angeblich aufgeklärte Strategen im Stab des Weißen Hauses, wurde dieser Tage eines Besseren belehrt. Die Welt, schrieben Herbert Raymond McMaster und Gary Cohn im „Wall Street Journal“, sei keine globale Gemeinschaft, vielmehr sei sie eine Arena, in der Nationen, nichtstaatliche Akteure konkurrieren, um für sich das Beste herauszuholen. Der eine ist Sicherheitsberater, der andere für Wirtschaftsfragen zuständig.
Das Weltgeschehen als Nullsummenspiel: Der Ansatz hat Trump letztlich zum Ausstieg aus dem Klimaschutzdeal bewogen. Damit bricht er mit der Tradition einer Denkschule, von der Amerika in den vergangenen siebzig Jahren enorm profitierte – dies ist eine große Zäsur.
Seit dem Zweiten Weltkrieg haben US-Präsidenten den nationalen Vorteil nie egomanisch eng definiert, sondern fast immer mit dem „big picture“im Blick. Wer von der Stabilität internationaler Beziehungen profitieren will, muss in sie investieren. Das kostet Geld, ist aber billiger als jede Alternative. Es paarte sich mit dem Grundsatz, dass die weiche Macht der Werte, des guten Beispiels oft mehr bewirkt als die militärische.
Nationalisten setzen sich durch
Mit der Mentalität eines Buchhalters hat Trump mit der Tradition aufgeklärten Denkens gebrochen. Einstweilen sind es die populistischen Nationalisten, angeführt vom Chefideologen Steve Bannon, die sich durchgesetzt haben. Das Weiße Haus kleidet seine Erbsenzählerei in Thesen, die auch ökonomisch keinen Sinn machen, jedenfalls nicht für die USA als Ganzes.
Mit seiner Klimarhetorik erweckt Trump den Anschein, als hänge die Zukunft des Landes allein von der Fähigkeit ab, unbeschränkt Kohle zu verbrennen. In seinem Amerikabild dreht sich alles um den Rostgürtel der Old Economy, als gäbe es nicht auch Kalifornien mit seinen anders gelagerten Interessen. Nun haben ihn die Wähler im Rust Belt die Wahl gewinnen lassen, während ihm Kalifornien die kalte Schulter zeigte. Trump belohnt Loyalität, er bedient allein seine politische Basis, egal, was es für den Rest bedeutet.
Tatsächlich beschäftigt die Solarenergie mehr als doppelt so viele Menschen wie die Kohlebergwerke zwischen Wyoming und West Virginia. Wenn es eine Wachstumsbranche gibt, dann sind es erneuerbare Energien. Kalifornien, auf sich allein gestellt die sechstgrößte Volkswirtschaft der Erde, hat beschlossen, die Emission von Treibhausgasen bis 2030 um 40 Prozent gegenüber dem Niveau des Jahres 1990 zu senken, woran sich nichts ändern dürfte.