Schwäbische Zeitung (Biberach)
Begehrte Betten
Unterkünfte auf der Alb wegen A-8-Ausbau und ICE-Strecke ausgebucht
- „Tut mir leid, wir sind komplett belegt“, lautet die häufige Antwort, wenn Gäste in Merklingen, Nellingen oder auch Türkheim nach Übernachtungsmöglichkeiten suchen. Denn die Betten sind bei Firmen begehrt, die am Ausbau der Autobahn 8 und der ICE-Neubaustrecke beteiligt sind und Schlafmöglichkeiten für ihre Mitarbeiter benötigen.
Allein in der Gemeinde Merklingen wurden im vergangenen Jahr 13 762 Übernachtungen verzeichnet. Die durchschnittliche Verweildauer lag bei 1,4 Tagen. Natürlich sieht Manuela Uebele, Finanzbeamtin der Gemeinde Merklingen, die Nachfrage zum Übernachten in der Albgemeinde auch im Ausbau der Bahntrasse und der Autobahn begründet. Sie hatte die Statistik in der jüngsten Ratssitzung verkündet. Dennoch sind diese bemerkenswert hoch, schließlich sind Merklingen und Nellingen nicht die typischen Tourismusgemeinden, die etwa auf der Tourismusmesse CMT so dominant um Besucher werben wie Westerheim, Laichingen oder Blaubeuren.
„Wir sind während der Woche, meistens von Montag bis Donnerstag, komplett ausgebucht“, bestätigt Hildegard Dürner, die mit ihrem Mann Andreas den Merklinger Gasthof Bürgerstüble führt. Aber wer bucht überhaupt ein Zimmer in den Gemeinden? „Derzeit sind auch viele Ingenieure oder Bauleiter Gäste, die wegen des Ausbaus der A 8 auf der Alb arbeiten“, erklärt Hildegard Dürner.
MERKLINGEN/NELLINGEN
Absagen wegen Ausbuchung
Nichts anderes berichtet die Chefin des Merklinger Gasthofs Sonne, Tanja Morgen: „Ja, wir sind oft völlig ausgebucht.“Das sei zwar früher auch schon öfters der Fall gewesen. „Mittlerweile aber sind die Übernachtungen bei uns durch den Bau der Bahnstrecke deutlich angestiegen.“Laut Gerhard Fink von der Albernte seien die Übernachtungen über den Jahreswechsel und im Januar nicht ganz so häufig gewesen wie sonst. Aber auch er verzeichnet durch die Arbeiter im Autobahnbereich deutlich mehr Gäste. Dauerbelegt ist das Hotel Ochsen am Merklinger Ortseingang. „Alle Gäste, die nicht untergebracht werden können, vermitteln wir selbstverständlich an die Nachbarschaft“, betont Inhaber Andreas Hinz – auch an den Nellinger Landgasthof Krone. In Nellingen jedoch gibt es keine Statistik zu den Übernachtungszahlen. In der Krone sei man bereits durch einige Tagungen hoch frequentiert, nun sind die dortigen Betten auch durch Mitarbeiter der Baufirmen gefragt.
Firmen stellen Container auf
Sogar im Nellinger Nachbarort Türkheim besteht enorme Nachfrage und nicht zuletzt sollen neben der Radarstation 60 Wohncontainer der Firma Leonhard Weiss entstehen, in denen bis 2019 Arbeiter wohnen sollen. Zudem sollen im Merklinger Teilort bis zu 70 Angestellte der Firma Rädlinger aus dem bayerischen Cham in Containern unterkommen. Das sei auf Dauer günstiger, als Zimmer anzumieten.
„Der Trend bei Übernachtungen geht in Richtung low budget“, betont Eva Stricker, Inhaberin des Landgasthofs Krone. „Billig übernachten und kein Frühstück.“Zu 99 Prozent blieben ihre Gäste nur für eine Nacht im Haus, viele der Arbeiter und Angestellten der Baufirmen würden sich um eine Ferienwohnung bemühen: „Es kommt hinzu, dass nun auch viele Privatleute Zimmer oder Wohnungen vermieten.“Neben der Krone stellt auch der „Wilde Mann“in Nellingen Zimmer zur Verfügung. Eva Stricker will sogar schon mitbekommen haben, dass manche Privatvermieter ihren Mietern gekündigt hätten, weil sie durch die kurzfristigen Vermietungen an die Baufirma mehr Geld machen würden. „Jeder will eben vom großen Kuchen etwas abhaben.“
Günstige Übernachtungen gefragt
Eva Stricker will sich indes eher von der 3-Sterne-Kategorie zur 4-SterneKategorie bewegen und setze nach wie vor nicht auf das „low budget“. Eine preiswerte Unterkunft soll allerdings noch in diesem Jahr in Merklingen entstehen. „Übernachten, kein Frühstück, alles nur günstig, das ist die aktuelle Marschrichtung. Der Hotelmarkt hat sich gewandelt“, ergänzt Stricker, die den Hotelmarkt auch in regelmäßigen Treffen mit den Unternehmerdamen des Deutschen Hotelund Gaststättenverbands Ulm/AlbDonau-Kreis beobachtet. Hierzu zählt auch Tanja Gekeler aus Feldstetten, die zukünftig für das neue Merklinger Hotel direkt gegenüber des McDonalds zuständig sein wird. „Die Branche boomt, sogar die WMF will in Geislingen eine Unterkunft für die eigenen Leute bauen“, fügt Stricker hinzu. Eva Stricker aber fällt noch ein dringender Wunsch ein: „Wir brauchen unbedingt das Interesse der Auszubildenden. Vielleicht sollte endlich mal deutlich werden, was für gute Chancen sich auf diesem Markt bieten.“
Dass die Übernachtungen von Geschäftsreisenden, Arbeitern und Touristen im Alb-Donau Kreis deutlich angestiegen ist und immer mehr Ferienwohnungen entstehen, bestätigt auch das Landratsamt. So war im Jahr 2014 von insgesamt 488 000 Übernachtungen die Rede, im Jahr 2015 waren es bereits 494 000 mit deutlichem Anstieg im Sommer.
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