Schwäbische Zeitung (Biberach)
Staat soll vernünftigen Rahmen schaffen
Lebhafte Diskussion beim Forum der Biberacher Wirtschaftsjunioren in Schwendi
- Staat und Wirtschaft sollten sich ergänzen und nicht behindern. So kann man das 14. Forum der Biberacher Wirtschaftsjunioren am Dienstagabend im Weishaupt-Forum zusammenfassen. Knapp zwei Stunden diskutierten auf dem Podium die Chefin des Bezirks Ostwürttemberg-Ulm der Gewerkschaft Verdi, Maria Winkler, der Berkheimer Unternehmer Max Wild und Ministerialdirektor Guido Rebstock aus dem baden-württembergischen Wirtschaftsministerium unter dem Titel „Wie viel Staat braucht die Wirtschaft?“.
Die Positionen wurden dabei schnell deutlich: Maria Winkler forderte einen starken Staat mit einer starken sozialen Komponente, man dürfe bei allem wirtschaftlichen Denken den Arbeitnehmer nicht vergessen und müsse ihn mitnehmen. Für Max Wild, den Geschäftsführer eines erfolgreichen Familienunternehmens, sollte der Staat dagegen so wenig wie möglich in die unternehmerischen Ideen und Ziele eingreifen, aber durchaus Rahmenbedingungen setzen.
Wild nannte drei Beispiele, mit denen sein Unternehmen in der jüngsten Vergangenheit immer wieder mit dem Staat und seinen Verwal-
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tungen kollidiert sei. Der Mindestlohn sei an und für sich richtig und angemessen, nur die Umsetzung in den ersten Wochen sei eine mittlere Katastrophe gewesen. „Keiner hat so richtig gewusst, was man machen soll.“Zudem seien gerade in seiner Branche die Bauleitplanung und der Verkehr wichtige Fragen, die in die Zukunft gerichtet besser beantwortet gehörten. Es könne nicht angehen, dass man für 70 Hektar Industriefläche sofort 30 Hektar Ausgleichsfläche ausweisen müsse und auch nicht, dass er mit seinen schwereren LKW nach Hamburg über Leipzig und Berlin fahren müsse und nicht den direk- ten Weg über die A 7 nehmen könne. An diesen Beispielen könne man sehr gut sehen, dass der Vertrauensvorschuss des Staates für die Unternehmer gesunken sei, so Max Wild.
„Ist das wirklich so?“, wollte Moderator Christoph Plate wissen. Der stellvertretende Chefredakteur der Schwäbischen Zeitung richtete die Frage ganz konkret an Guido Rebstock. „Ich muss an manchen Stellen zu viel Regulierung einräumen“, sagte Rebstock, der vor seiner Zeit im Ministerium eine Arbeitsagentur geleitet hatte. Aber grundsätzlich – und das stehe auch im Koalitionsvertrag von GrünRot – verfolge man eine offene Wirtschaftspolitik. Man stehe im regelmäßigen Kontakt mit der Wirtschaft, die in Baden-Württemberg von kleinen und mittelständischen Betrieben absolut dominiert werde. „Wir brauchen den richtigen Staat, der keine privaten und staatlichen Monopole zulässt.“Darauf sei die Landespolitik ausgerichtet gewesen in den vergangenen fünf Jahren. Der Schwerpunkt müsse weiterhin auf Bildung, Forschung und Entwicklung gelegt werden, den Ressourcen, die Baden- Württemberg zur erfolgreichsten Region in Europa gemacht habe.
Aber Regeln seien auch dafür da, Rechtssicherheit zu gewährleisten. „Was wäre denn, wenn der Staat zu spät oder gar nicht eingreifen würde“, fragte Rebstock und schob die Antwort gleich nach: „Deregulierung führt zu Instabilität.“Insofern hatten sich Max Wild und Guido Rebstock im Lauf des Abends angenähert. Anders bei Maria Winkler. Sie musste sich am Ende auch bei Fragen aus dem Publikum der rund 150 Gäste heftig wehren. Die Gewerkschaft blockiere die unternehmerische Freiheit, zur Generationengerechtigkeit habe sie kaum etwas zu sagen, wurde ihr als Gewerkschaftsvertreterin vorgehalten. Als Maria Winkler dann die „Super-Super-Reichen“ins Spiel brachte und Verteilungsgerechtigkeit anmahnte, platzte dem Hausherrn, Siegfried Weishaupt, der Kragen: „Das kann man so nicht stehen lassen, was würde denn passieren, wenn man die Familie Quandt heranziehen würde? Das würde keinem nutzen, das würde der Gesellschaft nur schaden.“
„Ich muss an manchen Stellen zu viel Regulierung einräumen.“
Ministerialdirektor Guido Rebstock