Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Theater und Kapuziner sollen mehr Geld bekommen
Stadt will kreative Orte mit mehr als einer halben Million Euro fördern – Lob und Kritik von Gemeinderäten
- Augenscheinlich steht die Stadt finanziell gerade gar nicht so schlecht da. Zumindest kann sie die stattlichen Zuschusserhöhungen von insgesamt mehr als einer halben Million Euro, die Theater Ravensburg und Kapuziner Kreativzentrum 2022 bekommen sollen, „ohne Probleme“stemmen, wie Oberbürgermeister Daniel Rapp sagt. Warum es im Kulturausschuss am Montagabend trotzdem Diskussionen gab.
Zunächst lobten alle Fraktionen die Arbeit der beiden „sehr wichtigen Kultureinrichtungen“, wie Bürgermeister Simon Blümcke sie nannte. Es herrschte allgemeines Aufatmen darüber, dass das Theater an seinem Standort in der Zeppelinstraße bleiben kann. Das Konzept, dass künftig das „Kompetenzzentrum Theater“nicht nur selber spielen und pädagogische Angebote machen, sondern auch die Organisation des Theaterspielplan im Konzerthaus übernehmen soll, fanden die Gemeinderäte ebenso gut wie den Umstand, dass es demnächst sowohl einen künstlerischen als auch einen kaufmännisch Leiter geben wird. All das soll die Existenz des Theaters sichern.
Heike Engelhardt (SPD) bezeichnete es als „Quantensprung“, dass die Stadt das Theater künftig statt mit 182 000 Euro mit insgesamt 400 000 Euro pro Jahr unterstützt: „Das wird ein Qualitätsgewinn.“Blümcke stellte klar, das ein Stadttheater noch viel teurer wäre: „Wir haben jetzt ein belastbares, aber kein luxuriöses Modell.“
Laut OB Daniel Rapp ist es kein Zufall, dass das Gremium in derselben Sitzung über den Zuschuss für das Kapuziner Kreativzentrum sprach: „Es geht um die Gleichbehandlung von zwei großen kulturschaffenden Vereinen in unserer Stadt.“Er outete sich als Fan des Zentrums in der Kapuzinerstraße 27, nicht zuletzt, da es auch junge Leute und Neubürger, „die nicht mit blauweißem Blut geboren werden“, anspreche.
Dass die institutionelle städtische Förderung für das Kapuziner-kreativzentrum von zuletzt 32 500 Euro auf 130 000 Euro pro Jahr (plus 50 000 Euro für Projekte) um 400 Prozent in die Höhe schnellt, begründete Verena Müller so: Im Kapuziner-zentrum, das der Verein „Freie Kunstschule Ravensburg“seit Sommer 2019 betreibt, könne jeder Kultur mitgestalten – statt sie nur zu konsumieren. Paradebeispiel: Beim Bau der Figuren für das Lichterfest 2020 hatten rund 500 Ravensburger mitgemacht.
So trage der Ansatz zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und zur Lebensqualität im Schussental bei. Überdies böten Ort und Verein Infrastruktur, Raum und Unterstützung – unter anderem gab es Kooperationen mit dem Bauernhausmuseum oder der Dualen Hochschule. Und das Zentrum für Psychiatrie betreibt ein inklusives Atelier im Haus. Auch während der Coronakrise seien dem Verein „die Ideen nicht ausgegangen“– so wurde etwa eine Streamingplattform
auf die Beine gestellt. Im vergangenen Jahr hätten bei Veranstaltungen, Kursen oder offenen Kursen rund 35 000 Leute das Haus genutzt, so die Kulturamtsleiterin.
All das könnten die Beschäftigten, die „weit über ihre bezahlte Anstellung hinaus gearbeitet haben“, nun nicht mehr „wuppen“, erläuterte Müller: „Es wurde im Ehrenamt unentgeltlich Arbeit für die Sache und das Kapuziner geleistet.“Diese Lücke solle nun die Förderung schließen; außerdem brauche es Equipment. Im Übrigen sammle der Verein auch selber Geld über Spenden, Drittmittel, Eintrittsgelder, Vermietungen
oder Vereinsbeiträge. Schließlich hofft die Stadt, dass das Land Theater Ravensburg und Kapuziner ebenfalls finanziell unter die Arme greift.
Margit Rosenthal (Grüne) war voll des Lobes für das „extrem kreative Team“mit seinen „niederschwelligen und generationsübergreifenden Angeboten und Projekten“. Das Zentrum sei „ein Riesengewinn für Ravensburg“. Auch Rudolf Hämmerle (CDU) findet: „Das Haus muss gehalten werden.“Er kann jedoch einige Kosten nicht nachvollziehen und fordert mehr Transparenz. Zudem gibt er zu bedenken: Laut einer privaten „Umfrage“sei das Kapuziner zwar „in der Szene bekannt“, viele hätten aber noch nichts davon gehört.
Ulrich Höflacher (Bürger für Ravensburg) würdigte ebenfalls den „Hotspot kreativer Unruhe“. Er gab aber zu bedenken, das Kapuziner solle mit Doppelangeboten nicht Vereinen oder Einrichtungen wie der Volkshochschule Konkurrenz machen und „alles wie ein Vulkan niederwalzen“. Rolf Engler (CDU) stieß in dasselbe Horn und mahnte an: „Das Kapuzinerteam darf nicht anderen das Wasser abgraben, die vielleicht nicht so professionell sind“. Abgesehen davon machte er deutlich, dass in anderen Vereinen die Leute ehrenamtlich arbeiten. Und er mahnte an: „Wir haben 2020 um jeden Euro gerungen.“Engler will, dass die Zuschüsse in den Haushaltsberatungen behandelt werden.
OB Daniel Rapp versprach das, zumal ohnehin der Gemeinderat letztlich entscheide, ob und wie viel Geld in die Kultur fließe. In diesem Zusammenhang verkündete Simon Blümcke eine gute Nachricht für die Sport- und Kulturvereine: Eigentlich war geplant, ihnen im Zuge der Konsolidierung des städtischen Haushalts jeweils zehn Prozent der städtischen Förderung abzuknapsen. Weil sie von der Coronapandemie nun aber schon genug gebeutelt wurden, wolle man sie nicht auch noch damit belasten. Abgesehen davon, bekam die Kommune staatliche Coronahilfen und der Gewerbesteuereinbruch fiel nicht so drastisch aus wie befürchtet.