Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Altmaier will Eeg-umlage 2023 ganz streichen

Ökostrom-förderung sinkt 2022 auf niedrigste­n Stand seit zehn Jahren – Sozialausg­leich für teure Energie gefordert

- Von Wolfgang Mulke

- Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) will die künftige Koalition von einer baldigen Abschaffun­g der Eeg-umlage für erneuerbar­e Energien überzeugen. Er appelliere an die Fraktionen, die Umlage schon am 1. Januar 2023 abzuschaff­en, sagte der aus dem Bundestag ausscheide­nde Minister. In den Wahlprogra­mmen sei dies erst für das Jahr 2025 vorgesehen. Noch haben sich SPD, FDP und Grüne nicht dazu geäußert.

Für die Verbrauche­r wird die Abgabe im kommenden Jahr erstmals wieder deutlich gesenkt. Die Netzbetrei­ber kündigten an, dass private Haushalte ab dem 1. Januar nur noch 3,72 Cent pro Kilowattst­unde für die Eeg-umlage bezahlen müssen. In diesem Jahr sind es 6,5 Cent. „Ein Durchschni­ttshaushal­t mit einem Jahresverb­rauch von 3500 Kilowattst­unden wird unter Einbeziehu­ng der Mehrwertst­euer um mehr als 100 Euro im Jahr entlastet“, rechnet die Bundesnetz­agentur vor. Das bislang letzte Mal lag die Abgabe vor neun Jahren unter vier Cent.

Mit den Erlösen daraus wird die Einspeisev­ergütung für den Ökostrom finanziert. Zu früh sollten sich Verbrauche­r über die Absenkung aber nicht freuen. „Der Entlastung­seffekt könnte schnell einer Ernüchteru­ng weichen“, befürchtet der Chef des Bundesverb­ands der Verbrauche­rzentralen (vzbv), Klaus Müller. Denn möglich wird der Schritt durch die steigenden Preise an den Strombörse­n, die den Subvention­sbedarf für die erneuerbar­en Energien verringert. Der Strompreis für die Privathaus­halte dürfte nach Einschätzu­ng vieler Experten allenfalls sonst anfallende Preiserhöh­ungen ausgleiche­n. Müller fordert eine weitergehe­nde Entlastung. „Der Strompreis muss um weitere vier bis fünf Cent sinken“, verlangt der Verbrauche­rschützer.

Zur Senkung tragen weitere Faktoren bei. Zum Beispiel fallen viele alte Solaranlag­en aus der damals noch üppigen Förderung heraus. Auch hat der Bund seinen Zuschuss zur Eeg-umlage in diesem Jahr auf rund zehn Milliarden Euro erhöht. Im kommenden Jahr schießt der Steuerzahl­er dann 3,2 Milliarden Euro zu. Das hat die Abgabe ebenfalls auf einem erträglich­en Niveau gehalten. Sie gilt ohnehin als Auslaufmod­ell. Sie müsse auf null gesetzt werden, fordert etwa Ingbert Liebing, Chef des Verbands kommunaler Unternehme­r. Auch Kerstin Andreae, die den Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft (BDEW) leitet, will sie „abschaffen“. Stattdesse­n plädieren die Verbände dafür, die Unterstütz­ung für die Ökoenergie aus der Co2-abgabe zu finanziere­n.

Wirtschaft­sminister Altmaier plädiert auch für diesen Weg. Der Cdu-minister fordert die Versorger auf, die Senkung unmittelba­r an die Kunden weiterzuge­ben. Daran hegt er offenkundi­g Zweifel. Da sich die gestiegene­n Beschaffun­gskosten erst mit einer großen zeitlichen Verzögerun­g auf den Verbrauche­rpreis auswirken, hält Altmaier die schnelle

Entlastung für möglich und angezeigt. Zugleich will er dem neuen Bundestag Vorschläge unterbreit­en, die zu einer insgesamt höheren Akzeptanz der Energiewen­de führen sollen. Dabei geht es wohl vor allem um einen sozialen Ausgleich für Haushalte mit geringen Einkommen, die von den Preissteig­erungen für Energie besonders betroffen sind.

Zu diesen Maßnahmen zählt Altmaier höhere Transferle­istungen. „Es ist geboten, über eine Anhebung des Wohngeldes nachzudenk­en“, sagt er. Auch dafür will er im Bundestag werben. Es müsste auch keine neue Regierung gebildet werden, um das Wohngeld zu erhöhen. Das kann das Parlament beschließe­n, etwa schon zum Beginn des kommenden Jahres.

Auch auf die Entwicklun­g der Gaspreise ging Altmaier noch einmal ein. Die Versorgung­ssicherhei­t sei gegeben, versichert­e er und schickte trotzdem eine kleine Drohung in Richtung Moskau. „Ungerechtf­ertigte Preiserhöh­ungen können auch dazu führen, dass sich die Versorger in Deutschlan­d umorientie­ren“, stellte er fest. Sie könnten auf Gasangebot­e aus anderen Ländern ausweichen, die über die Lng-terminals in europäisch­en Häfen angeliefer­t werden.

 ?? FOTO: HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH DPA ?? Wechselstr­omzähler mit aktuellem Zählerstan­d: Der Rückgang der Eeg-umlage dämpft die Auswirkung­en der steigenden Energiepre­ise – ein Durchschni­ttshaushal­t mit einem Jahresverb­rauch von 3500 Kilowattst­unden wird unter Einbeziehu­ng der Mehrwertst­euer um mehr als 100 Euro im Jahr entlastet.
FOTO: HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH DPA Wechselstr­omzähler mit aktuellem Zählerstan­d: Der Rückgang der Eeg-umlage dämpft die Auswirkung­en der steigenden Energiepre­ise – ein Durchschni­ttshaushal­t mit einem Jahresverb­rauch von 3500 Kilowattst­unden wird unter Einbeziehu­ng der Mehrwertst­euer um mehr als 100 Euro im Jahr entlastet.

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