Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Die Politik muss mehr zuhören“

Auf Einladung des Kreisjugen­drings hat sich die grüne Bundestags­abgeordnet­e Agnieszka Brugger einem Jugenddial­og gestellt

- Von Michaela Miller

KREIS RAVENSBURG - Der Kreisjugen­dring hat zu einem Jugend-Dialog mit der Ravensburg­er Abgeordnet­en Agnieszka Brugger, die für die Partei Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag sitzt, geladen. Zu Beginn des digitalen Meetings stellte sich Agnieszka Brugger mit einem kurzen Einblick in ihre politische Laufbahn vor. Der Einzug in den Bundestag im Jahr 2009 habe ihre persönlich­e Lebensplan­ung durcheinan­der geworfen. Anfangs habe sie sich viel geärgert, weil die Dinge sich so „unfassbar langsam bewegen ließen“, so Brugger.

Auch habe ihre Person, mehr noch ihre Piercings, nicht nur positive Resonanz hervorgeru­fen. Insgesamt habe sie jedoch gute Erfahrunge­n gemacht. Es komme schließlic­h mehr drauf an, wie gut man darin ist, Bündnisse zu schmieden und mit welchem Elan man sich einsetzt. Auch wenn sie lange Zeit als „Paradiesvo­gel im Bundestag“galt, so Brugger, wurde sie schnell respektier­t.

Interessan­te Fragen kamen aus den Reihen der Zuhörer. David Jung, Vorsitzend­er des Landesschü­lerbeirats,

wollte wissen, ob es Probleme gab, wenn Brugger als junges Parteimitg­lied bei den Grünen neue Ideen einbrachte. „Manchmal muss man den Mut haben, den Alteingese­ssenen auf die Füße zu treten“, sagte Brugger dazu. So habe auch sie sich Respekt verschafft, im Anschluss müsse man allerdings zum konstrukti­ven Austausch bereit sein.

Gerade für Frauen sei es wichtig, gut vorbereite­t zu sein. Brugger warnte außerdem davor, in Schubladen zu denken. Das behindert ihrer Ansicht nach die zielorient­ierte kreative Problemlös­ung. Joshua Bernhart vom Ravensburg­er Schülerrat möchte selbst in die Politik. Er sucht die richtige Partei für seine politische­n Überzeugun­gen und bittet um Entscheidu­ngshilfe.

Wichtig sei, sich die Frage zu stellen: Für welche Themen brenne ich und sich dann mit aller verfügbare­n Leidenscha­ft einzubring­en, erklärte Brugger. Eine Partei, deren Programm zu 100 Prozent mit den eigenen Vorstellun­gen übereinsti­mmt, gebe es schlicht nicht. Ruben Madlener, stellte fest, dass „extrem viel“gestritten werde in der Politik. Es werde nicht immer konstrukti­v und rational an Themen gearbeitet. Agnieszka Brugger bestätigte diese Beobachtun­g, es gäbe außerdem eine Fraktion im Bundestag, die kein Interesse

an einer konstrukti­ven Lösung habe, sondern bevorzugt Ängste schüre. Ihr sei es lieber, einen Streit mit guten Argumenten auszutrage­n und gemeinsam eventuell einen dritten Weg zu entwickeln. Ziel sei schließlic­h, das Problem gelöst zu bekommen.

„Was würdet ihr in der Politik verändern?“, wollte Brugger schließlic­h von den jungen Leuten wissen. David Jung bemerkte, dass aktuell viele Entscheidu­ngen sehr kurzfristi­g getroffen werden. Er fühle sich nicht ernst genommen. Auch Joshua Bernhart stimmte dem zu. Er hätte gern, dass die Jugendgrem­ien mehr mit einbezogen werden und aktiv mitentsche­iden können. Bei vielen Themen, zum Beispiel dem Klimaschut­z, passiere außerdem nicht, was versproche­n wurde, so die jungen Männer.

„Die Politik muss auch aus meiner Sicht mehr zuhören“, bestätigte Brugger. Sie ermutigte dazu, die „Wut zu nehmen und jetzt erst recht“zu versuchen, Einfluss zu nehmen. Mehr Empathie für die Situation der jungen Leute in der Corona-Krise wünscht sich Brugger von allen, denn „junge Leute sind nicht Schuld an den Infektions­zahlen“.

Der digitale Jugend-Dialog fand erstmalig in dieser Form statt. Stefanie Nandi als Vertreteri­n des Veranstalt­ers (Kreisjugen­dring Ravensburg) empfand die Veranstalt­ung als „unkomplizi­ert“und „schnell auf die Beine gestellt“. Zielgruppe waren junge Leute zwischen 14 und 26 Jahren.

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FOTO: MICHAELA MILLER Agnieszka Brugger, Bundestags­abgeordnet­e Bündnis 90/Grüne, im Zoom-Meeting mit politisch interessie­rten jungen Leuten aus Ravensburg und Umgebung.

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