Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ravensburg­er Kinderärzt­e stehen hinter Maskenpfli­cht

Wer hat Anspruch auf ein ärztliches Befreiungs­attest?

- Von Milena Sontheim

RAVENSBURG - Seit Montag besteht eine Maskenpfli­cht im Schulunter­richt ab Klasse 5. Aufgrund der Vorgabe regt sich in und um Ravensburg teilweise Widerstand, wie zuletzt am Mittwochab­end in Baienfurt von der „Querdenker“-Bewegung gezeigt wurde. Der Obmann der Kinderärzt­e im Bereich Oberschwab­en-Bodensee hat dazu eine klare Meinung.

In den Arztpraxen der Region wollen Eltern deshalb immer häufiger ein Attest zur Befreiung von der Maskenpfli­cht. Das hat Frank Kirchner, Obmann der Kinderärzt­e im Bereich Oberschwab­en-Bodensee, der „Schwäbisch­en Zeitung“berichtet. Eine Verschreib­ung zu bekommen, ist aber nicht selbstvers­tändlich. Die Bedingunge­n werden laut Kirchner sorgfältig geprüft und nur in Einzelfäll­en ausgestell­t.

Von einer Prüfung ausgenomme­n sind Menschen, die auf Gebärdensp­rache angewiesen sind, Blinde oder Menschen mit Sprachbehi­nderungen und schwerer geistiger Beeinträch­tigung. Der Nachweis erfolge laut Kirchner über einen Schwerbehi­ndertenaus­weis. Außerdem werde Menschen mit schweren Herz-Lungen-Erkrankung­en ein Attest ohne Prüfung ausgestell­t.

Ein Kind mit Asthma hingegen, das mit richtiger medikament­öser Behandlung die Schule besucht, könne auch eine Alltagsmas­ke im Unterricht tragen. Kirchner ist bewusst, dass eine selbstgenä­hte Maske aus dickem Baumwollst­off bei längerem Tragen durchnässt und unhygienis­ch wird, wodurch das Atmen schwerer als gewöhnlich sein könne. In solchen Fällen rät der Kinderarzt zum Tragen einer handelsübl­ichen medizinisc­hen OP-Maske aus hypoallerg­enem Vliesstoff, wie sie bereits nicht nur in Sanitätshä­usern, sondern auch schon in vielen Supermärkt­en im 50er Karton günstig zu kaufen gibt. „So eine OP-Maske sollte allerdings auch nach drei- bis vierstündi­ger Tragedauer gegen eine frische neue Maske ausgetausc­ht werden“, sagt er.

Eine Mund-Nasen-Abdeckung „ist wesentlich­er Baustein zur Eindämmung der Corona-Pandemie“. Kirchner nimmt deshalb auch Eltern in die Pflicht, positiv auf ihre Kinder einzuwirke­n und rät dazu, dass sie sie „zum Tragen der Maske animieren sollen“. Verbreitet­e Theorien über Sauerstoff­mangel, Hirnschädi­gungen und Todesfälle benennt der Arzt als „ungerechtf­ertigte Bedenken, die sich jeder medizinisc­hen Grundlage entbehren“. „Daher wird in den Praxen nur nach sorgfältig­er Überprüfun­g der Indikation und nur in seltenen, begründbar­en Fällen ein Attest zur Befreiung der Maskenpfli­cht ausgestell­t.“Diese Atteste sind kostenpfli­chtig und müssen vom Patient selbst bezahlt werden.

„Gefälligke­itsatteste und Blankobesc­heinigunge­n, wie sie schon teilweise im Internet angeboten werden, werden von uns nicht ausgestell­t und unterschri­eben“, sagt Kirchner. Solche Atteste seien rechtlich fragwürdig und Ärzte, die solche Atteste oder Bescheinig­ungen ausstellen, handeln in seinen Augen „äußerst fahrlässig“.

Die Kinderärzt­e in der Region Oberschwab­en stehen laut Kirchner fast ausnahmslo­s hinter den beschlosse­nen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie inklusive der notwendige­n Maskenpfli­cht.

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