Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
An manchen Stellen ist’s immer noch zu laut
Wie die dritte Stufe des Lärmaktionsplans den Biberachern mehr Ruhe verschaffen soll
BIBERACH - Tempo 30 auch tagsüber, Durchfahrtsverbote für Schwerverkehr, mehr Lärmschutzwände oder mehr lärmarmer Asphalt: All das sind Maßnahmen, die in Biberach im Zuge der dritten Stufe des Lärmaktionsplans in Zukunft möglich sind. An der Diskussion darüber kann sich auch die Öffentlichkeit in den kommenden Wochen beteiligen. Der Bauausschuss hat der Aufstellung des Lärmaktionsplans bereits einstimmig zugestimmt. Im Vergleich zur zweiten Stufe, die vor fünf Jahren in Kraft trat, wurden die Lärm-Grenzwerte gesenkt und auf dieser Basis elf Lärmschwerpunkte (bisher zehn) im Stadtgebiet identifiziert.
Vor fünf Jahren hat die Stadt die zweite Stufe des Lärmaktionsplans mit verschiedenen Maßnahmen umgesetzt. Dazu zählten verschiedene nächtliche Tempo-30-Reglungen, beispielsweise in der Waldseer Straße, Kolpingstraße, Riedlinger Straße, Felsengartenstraße, Saulgauer Straße sowie in der Ortsdurchfahrt von Ringschnait. In verschiedenen Straßen wurde lärmoptimierter Asphalt verbaut (unter anderem auf Teilen der Ulmer Straße, Waldseer Straße, Riedlinger Straße oder in Ringschnait), Lärmschutzwände aufgestellt und Blitzer installiert.
Gesetzlich ist die Stadt dazu verpflichtet den Lärmaktionsplan alle fünf Jahre zu überprüfen und unter Umständen zu überarbeiten. Dazu wurden vom Ingenieurbüro Brenner Bernard eine schalltechnische Untersuchung erstellt und ein Berichtsentwurf angefertigt. Für die Untersuchung der stark lärmbelasteten Straßen (mindestens 8200 Kraftfahrzeuge pro 24 Stunden) wurden dabei neue Lärmgrenzwerte festgelegt, wie Annika Diehl vom zuständigen Ingenieurbüro im Bauausschuss erläuterte. So gilt tagsüber ein Auslösewert von 65 dB(A) (bisher 70 dB(A)) und nachts von 55 dB(A) (bisher 60 dB(A)). Entscheidend für die Umsetzung von Lärmschutzmaßnahmen ist dabei immer, wie hoch die Anzahl der Anwohner ist, die von dem Lärm betroffen sind.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die zehn Lärmschwerpunkte aus dem Jahr 2015 auch in der dritten Stufe des Lärmaktionsplans enthalten sind. Hinzugekommen ist ein 200 Meter langer Bereich in der Riedlinger Straße/Ritter-von-Essendorf-Straße, der durch die hohe Bewohnerzahl der dortigen MehrGenerationen-Wohnanlage bedingt ist. Noch nicht im Plan, aber im Auge behalten will die Stadt auch einen möglichen Lärmschwerpunkt in der Eisenbahnstraße im Bereich der neuen Seniorenwohnungen auf dem früheren Postareal.
Neu ist diesmal auch die explizite Ausweisung sogenannter „Ruhiger Gebieten“, in denen es künftig keine Zunahme von Lärm geben darf. Als solche werden das Lindele, das Erholungsgebiet Wolfental und der Stadtfriedhof mit Schlierenbachtal definiert. Langfristig sollen auch der Aufstieg zur B 30, die Umfahrung von Ringschnait sowie verbesserte ÖPNV- und Radkonzepte den Verkehrslärm an den betroffenen Punkten reduzieren.
Welche weiteren Lärmschutzmaßnahmen nun umgesetzt werden, steht noch nicht fest. Darüber wird der Gemeinderat erst noch entscheiden. Zuvor werden die entsprechenden Lärmkarten und Berichte im Baudezernat ausgelegt, es wird ausführlich im Amtsblatt „Biberach kommunal“informiert, außerdem stellt Baubürgermeister Christian Kuhlmann den neuen Lärmaktionsplan im November in der Veranstaltungsreihe „Biberach weiter bauen“vor, wie er im Bauausschuss
(L 267)
Lärmschwerpunkt 2: Memminger Straße – Eselsberg (B 465) Lärmschwerpunkt 3: Bergerhauser Straße (L 280) Lärmschwerpunkt 4: Memminger Straße – Fliederweg (B 465) Lärmschwerpunkt 5: Waldseer Straße (B 312) - Lärmschwerpunkt 6a:
Riedlinger
ankündigte. Dabei haben auch Bürger die Möglichkeit, Stellung zu nehmen, Betroffenheiten zu formulieren oder Maßnahmen vorzuschlagen. Daraus erarbeitet die Verwaltung Vorschläge für Maßnahmen, die dann nochmals der Öffentlichkeit vorgelegt werden. Erst dann entscheidet der Gemeinderat endgültig.
Im Bauausschuss wurde dieses Vorgehen begrüßt. Friedrich Kolesch (CDU) vermisste im aktuellen Bericht allerdings den Hinweis, dass bereits mit den jetzigen Maßnahmen schon viel erreicht worden sei. Die ganz großen Erfolge bringe letztlich der Bau des Aufstiegs und der Umfahrung von Ringschnait. Wichtig sei seiner Fraktion vor allem die Lärmreduzierung nachts, so Kolesch. „Auch ein besserer Verkehrsfluss kann zur Lärmreduzierung
Lärmschwerpunkt 8:
Lärmschwerpunkt 9: Innenstadt Nord (B 465) (Bismarckring) Lärmschwerpunkt 10: Ringschnait – Hauptstraße (B 312)
beitragen“, sagte er und regte Verbesserungen der grünen Welle auf dem Ring an. Dort allerdings künftig in bestimmten Bereichen Tempo 30 anzuordnen halte, die CDU aus Gründen der vielen Busse, die dort fahren, für problematisch.
Rudolf Brüggemann (Grüne) mahnte an, dass es inzwischen höchste Zeit für die Überarbeitung des Lärmaktionsplans sei. „Die geforderten fünf Jahre sind eigentlich schon vorbei.“Seiner Fraktion sei vor allem die umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit wichtig.
„Die damaligen Lärmschwerpunkte existieren immer noch, deshalb braucht es weitere Maßnahmen“, sagte Flavia Gutermann (Freie Wähler). Dass die Eisenbahnstraße noch kein offizieller Lärmschwerpunkt sei, wundere sie. „Dass dort Seniorenwohnungen hinkommen, wussten doch alle.“Die Erhebung der entsprechenden Daten sei vor dem Bezug der Wohnungen erfolgt, erläuterte Kuhlmann.
„Wichtig ist uns, Verkehr zu verlagern, aber auch verkehr zu verringern“, sagte Lutz Keil (SPD). Es gebe außerdem noch weitere Stellen, die von den Bürgern als Lärmschwerpunkte wahrgenommen würden.
Durch den Einbau von lärmarmem Asphalt sei man in Ringschnait ein gutes Stück vorangekommen, sagte Ortsvorsteher Walter Boscher. „Durch das Absenken der Lärmgrenzwerte werden wir nun wohl aber nochmals nachlegen müssen.“