Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Die Abschlussprüfungen starten
Von kommender Woche an gibt es an den Schulen im Südwesten einige Neuerungen
STUTTGART - Die Viertklässler dürfen zurück ins Klassenzimmer, Abschlussprüfungen beginnen: Am Montag ändert sich vieles an den Schulen im Südwesten. Aber wie geht es dann weiter? Ein Überblick:
Was ändert sich am Montag an den Schulen?
Die Grundschulen öffnen ihre Türen. Dann haben auch die vierten Klassen wieder Unterricht. Bisher gilt dies nur für Schüler, die in diesem oder im nächsten Schuljahr ihren Abschluss haben. Außerdem gibt es an Grundschulen Lerngruppen für Kinder, die im Fernunterricht nicht erreicht wurden. Solche Angebote gibt es bereits an den weiterführenden Schulen. Die Kinder, die die Lehrer dafür vorsehen, müssen teilnehmen, sagt eine Sprecherin von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Zudem beginnen am Montag die Abschlussprüfungen. Nur für wenige Abiturienten geht es in Fächern wie Spanisch los. Der erste große Prüfungstag ist am Mittwoch im Fach Deutsch. Dann beginnen die Abi-Prüfungen auch an den beruflichen Gymnasien. An diesem Tag starten zudem die Abschlussprüfungen für Werkreal- und Realschüler. Hauptschüler müssen sich noch bis Mitte Juni gedulden.
Gab es seit Öffnung der Schulen einen Fall von Covid-19?
Dem Kultusministerium sind keine Infektionen seit 4. Mai bekannt.
Womit kämpfen die Schulen am meisten?
Das hat der Verband Bildung und Erziehung (VBE) im Südwesten zum wiederholten Mal die Schulleiter gefragt. Die Umfrage des Forschungsinstituts Forsa vom Februar hat der VBE Ende April wiederholen lassen, um Ergebnisse vor und während der Corona-Krise vergleichen zu können. In der zweiten Umfrage stand für die 260 Teilnehmer nicht mehr Lehrermangel und Arbeitsbelastung ganz oben, sondern Probleme in Folge der Corona-Krise – vor allem das Krisenmanagement und Konzepte für den Fernunterricht. Insgesamt erklärte etwa die Häfte der Befragten, mit dem Fernunterricht klarzukommen. Das ist je nach Schulart aber unterschiedlich. Vor allem an den Grundschulen gibt es dabei Probleme. Zwei Themen nannte VBEChef Brand „besonders kritisch“: die digitale Infrastruktur und sich verschärfende soziale Ungleichheit.
Ist Besserung bei der digitalen Ausstattung in Sicht?
Fast 40 Prozent der Rektoren nannten in der Umfrage die mangelhafte digitale Ausstattung als eine der größten Herausforderungen. „Es ist ein großer Druck, dass das Ministerium in zehn Wochen versucht digital aufzuholen, was zehn Jahre verpennt worden ist“, sagt Brand. Das soll sich bald ändern. Ministerin Eisenmann stellte am Freitag 300 000 Endgeräte in Aussicht. Vom Bund sollen 65 Millionen Euro in den Südwesten fließen, um abgehängten Schülern einen Laptop oder ein Tablet zur Verfügung zu stellen. Diese Summe will Eisenmann mit Landesgeld nun verdoppeln. Das soll „schnellstmöglich“passieren, erklärt ihre Sprecherin.
Wie geht es weiter mit dem Präsenzunterricht?
Nach den Pfingstferien sollen alle Schüler abwechselnd zurück zur Schule. An weiterführenden Schulen sollen die Jahrgänge wochenweise im Klassenraum und von zu Hause lernen. An Grundschulen kann es auch andere Rhythmen geben. Die Ministerin lässt den Schulen viel Freiraum. Die räumlichen und personellen Bedingungen an den Schulen sind sehr unterschiedlich. Die Schulleiter begrüßen das Management von Ministerin Eisenmann offenbar. In der VBE-Umfrage bekommt Eisenmann die Note 3,4 von den Schulleitern. Das ist der beste Wert seit 2018 – seit der VBE die Umfrage jährlich durchführen lässt.
Wie geht es mit der Betreuung und der Notbetreuung weiter?
Brand mahnt eindringlich, dass die Notbetreuung nach den Pfingstferien von den Kommunen und nicht länger von den Lehrern verantwortet werden soll. „Es steht zu befürchten, dass sich die Lage an den Schulen zuspitzen wird.“Er prognostiziert personelle und räumliche Probleme, wenn wieder mehr Schüler an den Schulen unterrichtet werden sollen. Gespräche dazu gebe es bereits, erklärt Norbert Brugger vom Städtetag. Denn an manchen Schulen seien die Betreuungskapazitäten schon jetzt erschöpft. Die Kommunen stünden bereit. Denkbar sei, dass die Notbetreuung an anderen Orten stattfindet. Das müssten die Städte und Gemeinden aber vor Ort organisieren. Und: Wenn Personal der Kommune die Betreuung übernimmt, müssen die Eltern mit Gebühren rechnen. Das sei bereits jetzt in manchen Kommunen der Fall.
Wie geht es nach den Sommerferien weiter?
Dazu herrscht noch weniger Klarheit. Zu ungewiss ist die Entwicklung der Infektionszahlen. Das Kultusministerium bestätigt aber Informationen der „Schwäbischen Zeitung“, wonach bereits über eine Entschlackung der Bildungspläne nachgedacht wird für den Fall, dass der Fernunterricht fortgesetzt wird. „Dazu werden bei uns aktuell erste Überlegungen angestellt“, so Eisenmanns Sprecherin. Zudem könnten neue Erkenntnisse sämtliche vorige Pläne umwerfen. Dazu könnten die Studien zur Infektiösität von Kindern beitragen, die das Land in Auftrag gegeben hat. Die Ergebnisse sollen laut Regierungssprecher Rudi Hoogvliet kommende Woche öffentlich werden. Auf solche Erkenntnisse und Anstrengungen zur Eindämmung der Infektionen verweist auch Ralf Scholl, Vorsitzender des Philologenverbands. „Ich halte es für grob falsch, jetzt schon so zu tun, als wäre es nicht möglich, nach Pfingsten nicht wieder in den Normalbetrieb einzusteigen.“
Hat die Krise auch gute Seiten?
Laut der VBE-Umfrage hat sich das Verhältnis zwischen Schule und Eltern massiv verbessert. Die Eltern galten noch im Februar als drittgrößtes Problem der Schulleiter – jeder vierte gab das so an. Ende April waren es nur noch sechs Prozent der Rektoren. Die gegenseitige Wertschätzung sei gewachsen, erklärt VBE-Landeschef Brand.