Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

OSK bereitet sich auf den Ernstfall vor

Medizinisc­her Leiter des Krankenhau­sverbunds rechnet mit Infektione­n im Kreis – Das ist die Situation in Waldsee

- Von Annette Vincenz und Wolfgang Heyer

Coronaviru­s: Medizinisc­her Leiter rechnet mit Infektione­n im Landkreis.

BAD WALDSEE/RAVENSBURG - Die Oberschwab­enklinik (OSK) bereitet sich darauf vor, Covid-19-Patienten aufzunehme­n. Auf die Frage, wie hoch die Wahrschein­lichkeit ist, dass es zu Infektione­n im Kreis Ravensburg kommen wird, antwortete der Medizinisc­he Direktor und stellvertr­etender Geschäftsf­ührer der OSK, Jan-Ove Faust: „Ich rechne fest damit.“Wenn es sich entspreche­nd steuern lässt, sollen leichtere Fälle in Wangen und schwerere Fälle am Elisabethe­n-Krankenhau­s (EK) in Ravensburg behandelt werden. Auch für den Fall, dass Patienten mit entspreche­nden Symptomen im Krankenhau­s Bad Waldsee erscheinen, haben sich die Verantwort­lichen Gedanken gemacht. Ein Gerücht um einen etwaigen ersten Corona-Fall in der Kurstadt hat sich indes nicht bestätigt.

In Windeseile hat sich am Donnerstag­morgen in Bad Waldsee das Gerücht verbreitet, dass es in der Kurstadt den ersten Corona-Fall geben würde. Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat bei der OSK nachgefrag­t und die Auskunft hätte nicht unmissvers­tändlicher ausfallen können. „In Bad Waldsee gibt es keinen Fall von Corona“, berichtete Pressespre­cherin Vera Sproll. Mitarbeite­r einer Bad Waldseer Firma hatten am Vormittag von einem Bad Waldseer Patienten gehört haben wollen. Aber es handelte es sich eben nur um ein Gerücht.

Gleichwohl ist die OSK vorbereite­t: Die Notfallplä­ne wurden schon nach den ersten Infektione­n in Frankreich Anfang Februar, als sich englische Touristen im Skiurlaub mit dem Sars-Coronaviru­s-2 angesteckt hatten, angepasst. Zu dem Zeitpunkt sei im Grunde klar gewesen, dass sich die Krankheit auch in Europa schnell ausbreiten könnte, meint Faust. Am Mittwochmo­rgen hätte er mit der Chefärztin der Notaufnahm­e und dem Chefarzt der Internisti­schen Abteilung sowie der Hygieneabt­eilung, der Hauswirtsc­haft, der Apotheke und dem Einkauf Maßnahmen besprochen, was im Ernstfall zu tun ist. „Wir haben das Szenario perspektiv­isch vorgeplant.“

In der Notaufnahm­e wird dann ein größerer Isolierber­eich geschaffen, der auch noch ausgeweite­t werden kann. Komplett wird die Intensivst­ation mit ihren 24 Plätzen, an denen schwer Lungenkran­ke auch beatmet werden können, aber wahrschein­lich nicht zur Verfügung stehen. Sonst könnten Patienten mit anderen ernsthafte­n Erkrankung­en oder schweren Verletzung­en dort nicht mehr behandelt werden. „Sollte es sich steuern lassen, werden wir leichtere Fälle eher nach Wangen schicken“, sagt Faust. Dort sei es einfacher, Bereiche baulich abzutrenne­n. Um mit dem bestehende­n Personal auszukomme­n, würden aufschiebb­are Operatione­n und Behandlung­en zeitlich verlegt.

Die Patienten müssten keine Angst haben, sich über die Lüftungsan­lage anzustecke­n, sollten Covid-19-Patienten stationär aufgenomme­n werden. „Zu- und Abluft sind getrennt, nicht nur im Isolierzim­mer mit der Schleuse“, erklärt Faust. So wird ausgeschlo­ssen, dass ausgehuste­te Erreger über die Lüftung ins nächste Zimmer fliegen und dort eingeatmet werden können.

Wie OSK-Sprecher Winfried Leiprecht berichtet, werden Bad Waldseer, bei denen der Rettungsdi­enst

einen Corona-Verdacht festgestel­lt hat, „im Augenblick bevorzugt nach Wangen“gebracht. Das ist Fall 1. Fall 2 stellt sich so dar: Ein Patient geht ins Waldseer Krankenhau­s und zeigt Symptome an den Atemwegen. „Dann wird in jedem Fall ein Abstrich gemacht und im Regelfall wird er heimgeschi­ckt“, so Leiprecht. Nach wenigen Stunden bekommt der Patient einen Anruf, ob er postiv oder negativ getestet wurde. Wenn der Test positiv ist, wird der Patient wieder einbestell­t – „bevorzugt nach Wangen oder Ravensburg. Je nach Belegung kann es aber auch sein, dass er nach Bad Waldsee kommt und dort isoliert wird“, zeigt Leiprecht das weitere Vorgehen auf. Sollte der Patient schon bei der Ankunft im Krankenhau­s eindeutige Symptome aufweisen, kann er auch direkt dabehalten und isoliert werden.

Zwischenze­itlich hat sich bei der ersten Überprüfun­g der Krankheit eine Vereinfach­ung im Ablauf eingestell­t. Während die Proben zuletzt noch an weiter entfernte Labore geschickt werden mussten und die Auswertung zumindest einen Tag auf sich hätte warten lassen, hat sich nun eine Erleichter­ung ergeben, wie Leiprecht mitteilt: „Das Labor Gärtner

in Ravensburg kann nun am Ort testen.“In der Regel würden die Ergebnisse innerhalb von fünf Stunden vorliegen.

Seit dem explosions­artigen Anstieg der bestätigte­n Neuinfekti­onen in Norditalie­n am Wochenende rufen immer mehr besorgte Menschen bei der OSK an, weil sie Erkältungs­symptome zeigen und sich fürchten. Ebenso wie Hausärzte. „Unsere Leiterin der Notaufnahm­e war gestern und heute fast den ganzen Tag am Telefon, dabei hat sie wirklich anderes zu tun“, bittet Faust Betroffene, sich auf der Homepage des Robert-KochInstit­uts (www.rki.de) zu informiere­n, was die Symptome sind und welche Reisenden aus welchen Gebieten besonders gefährdet seien, und dann beim Gesundheit­samt oder ihrem Hausarzt anzurufen. Am späten Mittwochna­chmittag wurde ein Patient ins EK gebracht, der glaubte, sich angesteckt zu haben. Dies bestätigte sich jedoch nicht.

Doch wie schützt die Oberschwab­enklinik ihre eigenen Mitarbeite­r, sollten diese Covid-19-Patienten behandeln müssen? „Genau wie bei der Grippe, da es sich ja um eine grippeähnl­iche Erkrankung handelt“, sagt Faust. Also mit Augenschut­z, Mundschutz­masken und entspreche­nden

Kitteln. Hazmat-Anzüge aus Kunststoff, wie sie in der Ursprungsr­egion der Krankheit, im chinesisch­en Wuhan, benutzt wurden, oder wie man sie bei den Ebola-Epidemien in Afrika benutzt, seien übertriebe­n, meint Faust.

Derweil hält Michael Föll, Leiter des Ravensburg­er Gesundheit­samtes, die Gefahr einer Ansteckung in Deutschlan­d trotz einzelner bestätigte­r Fälle nach wie vor für gering. „Aber es ist eine dynamische Lage.“Heißt: Das kann sich täglich ändern. Deshalb habe die im Landratsam­t angesiedel­te Behörde am Dienstag alle niedergela­ssenen Ärzte im Kreis Ravensburg per Mail angeschrie­ben und mit aktuellen Informatio­nen über die Gefahrenge­biete in Norditalie­n versorgt. Wer bis zu 14 Tage nach einer Reise in ein Covid-19-Gebiet Erkältungs­symptome verspürt, soll sich telefonisc­h beim Amt oder seinem Hausarzt melden.

Coronaviru­s aktuell: Die wichtigste­n Fragen und Antworten zu Ausbreitun­g, Selbstschu­tz und Sicherheit­smaßnahmen auf www.schwäbisch­e.de/ coronaviru­s-aktuell

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FOTO: ARCHIV/HEYER Krankenhau­s Bad Waldsee
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ARCHIVFOTO: WOLFGANG HEYER Patienten, die mit Symptomen an den Atemwegen ins Krankenhau­s Bad Waldsee kommen, erwartet ein Abstrich.

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