Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Auch Merz kandidiert für die CDU-Spitze
Bereits Ende April wird der neue Vorsitzende gewählt – Positives Echo aus dem Südwesten
STUTTGART/BERLIN - Die CDU will im April ihren neuen Vorsitzenden wählen und damit eine Vorentscheidung über die Kanzlerkandidatur treffen. Nach dem Wahldebakel in Hamburg kündigte die scheidende Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer am Montag an, dass ihr Nachfolger bereits auf einem Parteitag am 25. April gewählt werden solle.
Nach dem CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen will sich auch Friedrich Merz um den Vorsitz bewerben, hieß es am Montagabend aus Parteikreisen.
Merz wird heute vor die Presse gehen. Die CDU wird also erneut in einer Kampfkandidatur über ihren künftigen Parteivorsitz entscheiden. Als weitere Interessenten neben Merz und Röttgen nannte KrampKarrenbauer am Montag noch Jens Spahn und Armin Laschet. Auch sie dürften sich in den kommenden Tagen zu ihren Absichten erklären.
Die CDU-Spitzenkandidatin in Baden-Württemberg, Susanne Eisenmann, begrüßte, dass zeitnah ein neuer Vorsitzender gewählt werden soll. „Eine Hängepartie bis zum Ende des Jahres wäre für das Erscheinungsbild
der CDU Deutschland verheerend und auch im Hinblick auf die baden-württembergische Landtagswahl 2021 kontraproduktiv gewesen“, sagte die Ministerin der „Schwäbischen Zeitung“. Mit dem Beschluss für eine zügige Lösung demonstriere die CDU, dass sie handlungsfähig sei und Fehler der SPD nicht wiederhole. Sie fügte hinzu: „Egal, wie viele Personen kandidieren – entscheidend ist für mich, dass nach der Wahl alle hinter dem neuen Vorsitzenden stehen, sich konstruktiv einbringen und wir uns als CDU dann wieder stärker inhaltlich profilieren.“ Philipp Bürkle, Landesvorsitzender der Jungen Union Baden-Württemberg, sprach sich für Merz als neuen Parteichef aus. Gesundheitsminister Spahn gehöre „ohne Frage die Zukunft“, sagte Bürkle. „Aber unsere Präferenzen für den Parteivorsitz liegen bei Friedrich Merz.“
Die CSU will den Plan der CDU für eine frühe Festlegung auf einen Kanzlerkandidaten allerdings nicht mittragen. Der gemeinsame Kanzlerkandidat der Union solle erst 2021 benannt werden, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume dem „Münchner Merkur“.
BERLIN - Die Chefin ist an diesem Montag im Angriffsmodus: Die CDU-Vorsitzende Annegret KrampKarrenbauer (AKK) geht den SPDGeneralsekretär Lars Klingbeil scharf an. Seit einem Jahr führe der eine „ganz bewusste Diffamierungsund Schmutzkampagne“gegen die CDU. Die bestehe darin, dass Klingbeil immer wieder so tue, als ob die CDU ein Abgrenzungsproblem zur AfD habe. Das sei mitnichten so. Nun solle Klingbeil seine Angriffe einstellen – oder die SPD solle die Regierung verlassen.
In Sachen AfD lassen AKKs Worte ebenfalls keine Zweifel zu: Sie droht CDU-Mitgliedern bei Kooperation mit Ausschluss. Die Bluttat von Hanau sei passiert, „weil Undenkbares gedacht wird“und nach dem Motto „Das wird man ja wohl noch mal sagen dürfen“von „geistigen Brandstiftern“wie der AfD Unaussprechliches ausgesprochen werde. Darum habe die AfD Mitschuld an Hanau. Jede Zusammenarbeit von Christdemokraten mit der AfD sei „nicht vereinbar“mit CDU-Werten, dies sei eine Brandmauer. „Jeder, der in unserer Partei nach Hanau das Gefühl hat, er müsste an dieser Mauer doch noch einmal herumwerkeln und versuchen. sie niedriger zu machen oder sie zu beseitigen, der stellt sich aus meiner Sicht außerhalb dieser Partei.“
Selten hat AKK so klare Kante gezeigt wie an diesem Montag zwei Wochen nach ihrer Rückzugsankündigung. Dabei muss sie an diesem Tag nicht nur über die katastrophale CDU-Niederlage in Hamburg sprechen, sondern auch ihren ursprünglich vorgestellten Fahrplan für die Nachfolgersuche einkassieren. Statt wie geplant im Dezember in Stuttgart soll der neue Parteichef bereits bei einem Sonderparteitag am 25. April in Berlin bestimmt werden.
Und diese Wahl soll damit auch ein „Präjudiz“für die Kanzlerkandidatur 2021 sein. Damit will die CDU eine Dauerdiskussion um die Nachfolge von Angela Merkel verhindern.
Mit diesem Fahrplan wäre CSUChef Markus Söder als möglicher Kanzlermacher oder auch Kandidat aus dem Spiel. Zwar wolle man eine gemeinsame Präsidiumssitzung mit der bayerischen Schwester, betont AKK. Aber ob die vor dem Sonderparteitag stattfindet, ist demnach noch offen. „Die CSU ist erst mal bis Mitte März sehr beschäftigt mit ihrer eigenen Kommunalwahl“, sagt die Parteichefin.
Damit wäre die CDU allein Herrin des Verfahrens, welches seit Montag nun auch offiziell läuft: Schon vorher flatterten „eine Reihe von Initiativbewerbungen“ins Konrad-Adenauer-Haus, sagt AKK. Bis zum Montagmorgen hatte nur Norbert Röttgen seinen Hut in den Ring geworfen. Am Montagabend folgte als Zweiter Friedrich Merz. Der ehemalige Bundestagsfraktionschef will sich am
Dienstag offiziell vor der Bundespressekonferenz äußern.
Als aussichtsreiche Interessenten gelten zudem zwei weitere Männer, die ebenso wie Röttgen und Merz aus Nordrhein-Westfalen kommen: Ministerpräsident Armin Laschet und Gesundheitsminister Jens Spahn. Beide hatten sich bis zum Montagabend noch nicht geäußert – hinter den Kulissen werde noch an einer „Teamlösung“gearbeitet, hieß es in CDU-Kreisen, bevor die Bewerbung von Merz bekannt wurde. Ob die Teamlösung trotz der Kandidatur von Merz weiterhin denkbar ist, ist
offen.
Merz und Spahn waren auch Mitbewerber von AKK bei deren Wahl zur Parteivorsitzenden im Dezember 2018. Anders als damals soll es dieses Mal keine Regionalkonferenzen mit den Kandidaten geben. Stattdessen wolle man der Partei „über ein geregeltes Verfahren“Informationen über die Kandidaten zukommen lassen.
Und anders als bei AKK sollen die Verlierer einer Kampfkandidatur anschließend nicht den Gewählten unterminieren. Sie habe „gelernt aus den letzten zwölf Monaten“, sagt die Nochvorsitzende nicht ohne Bitterkeit. Die „erklärten und potenziellen Bewerber“– gemeint sind Röttgen, Laschet, Merz und Spahn – hätten ihr im persönlichen Gespräch zugesagt, „dass sie jedwedes Ergebnis respektieren werden und sich erkennbar und sichtbar einbringen werden“. Kramp-Karrenbauers klare Worte in Richtung der SPD stießen umgehend auf Widerspruch: Lars Klingbeil wies den Vorwurf der „Schmutzkampagne“zurück. Er frage sich vielmehr, ob er vor dem „Tabubruch“der Thüringer Ministerpräsidentenwahl am 5. Februar nicht lauter hätte sein sollen, sagte der SPD-Generalsekretär.
Die CSU gab sich verschnupft über die „Präjudiz“zur Kanzlerkandidatensuche. Man sei „sehr verwundert“über das „so nicht abgesprochene“Vorgehen, hieß es. Man gehe weiter davon aus, dass die Suche nach dem gemeinsamen Kandidaten wie in der Vergangenheit Sache der dann amtierenden Chefs von CDU und CSU sei.