Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
EVR will zweite Eisfläche – auch ohne Dach
Der Ravensburger Baubürgermeister Bastin hält das allerdings für „energetischen Wahnsinn“
RAVENSBURG - Die Ravensburger Eissporthalle ist so gut belegt, dass nach Überzeugung des EV Ravensburg (EVR) eine zweite Eisfläche gebaut werden sollte. Anders kann der Eishockeyverein die Anforderungen der hohen Nachwuchsligen innerhalb des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) für seine jugendlichen Spieler wahrscheinlich nicht mehr erfüllen, und weitere Nachwuchstalente drohen zu anderen Vereinen zu wechseln. Da eine zweite Halle oder ein Anbau für mehrere Millionen Euro nicht finanzierbar und somit unrealistisch ist, will der Verein mit der Stadt Ravensburg über eine kleinere Eisfläche ohne Dach, Publikumsränge oder Umkleiden verhandeln. Eine ähnliche Lösung in Lindenberg habe unter einer Million Euro gekostet, sagt EVR-Vorsitzender Winfried Leiprecht.
Leiprecht hat schon einen Plan gezeichnet, wo die Fläche hinpasst. Sie hätte mit 56 mal 26 Metern kanadisches Format, wäre also etwas kleiner als die Eisfläche in der CHGArena (61 mal 30 Meter). Würde man sie an der Westseite der Halle (zu den Baumärkten hin) errichten, müssten nicht so viele Parkplätze wegfallen wie bei der ursprünglich angedachten Hallenlösung an der Nordseite. „Publikumsränge und Umkleiden bräuchten wir nicht“, meint der EVR-Vorsitzende. Die Eisläufer könnten sich in der benachbarten Halle umziehen. Nötig wären hingegen Netze, damit keine Pucks auf die Straße fliegen, Licht und Banden.
Dreifachturnhalle hat Priorität
In Lindenberg, wo es genau wie in Ulm. Davos oder Memmingen neben den bestehenden Eissporthallen ebenfalls Flächen unter freiem Himmel gibt, hätten sich die Investitionskosten in Grenzen gehalten. „Ursprünglich wurde mit 590 000 Euro kalkuliert, und herausgekommen sind dann 800 000 Euro.“Die Lösung wäre also deutlich billiger als eine überdachte Halle an der Nordseite, die zudem eine Tiefgarage haben müsste, weil ja oberirdisch viel mehr Parkplätze wegfallen. Eine solche Halle würde je nach Ausstattung zwischen vier und acht Millionen Euro kosten, so die grobe Kostenschätzung. Dem EVR sei klar, dass die Stadt dafür momentan kein Geld hat, zumal die Dreifachturnhalle Priorität genießt. „Das akzeptieren wir auch, schließlich geht es da um den Pflichtsportunterricht an Schulen.“
Prinzipiell sei die Eisfläche als neue Sportstätte förderfähig. Heißt: Ein Drittel der Kosten würde das Land übernehmen. Käme ein weiteres Drittel von der Stadt, ist Leiprecht überzeugt davon, den Rest über einen Förderverein und Sponsoren aufbringen zu können. „Aber es macht keinen Sinn, jetzt schon einen Förderverein aus dem Boden zu stampfen, wenn noch nicht klar ist, ob das politisch durchsetzbar ist.“Die Entscheidung liege beim Gemeinderat, der im Mai neu gewählt wird.
Andererseits hätte die Stadt auch einen großen Vorteil von der neuen Fläche: Das Gerangel um die Eiszeiten hätte ein Ende. Denn derzeit ist die Halle von August bis März von morgens 6.30 Uhr bis 24 Uhr rund um die Uhr belegt. Es gab in den vergangenen Jahren immer mal wieder Streit darum, wer wann in die Halle darf: Neben der Profimannschaft Towerstars und dem EVR wollen auch die Eiskunstläufer in die Halle und normale Bürger während des Publikumslaufs. Auch für Schulen und Kindergärten gibt es nicht genug Möglichkeiten, und Betriebssportgruppen oder Eisstockschützen können gar nicht in die Halle. „Wir bräuchten pro Woche maximal 13 zusätzliche Stunden fürs Training, der Rest würde allen anderen zur Verfügung stehen“, rechnet der EVR-Vorsitzende vor. Derzeit sei die Eissporthalle die am meisten frequentierte öffentliche Einrichtung in der Region. „Ich bin davon überzeugt, die zweite Eisfläche wäre auch schnell voll.“Aber das Projekt hat auch einen gewaltigen Haken. „Es wäre energetischer Wahnsinn, so eine Eisfläche über Monate unter freiem Himmel zu betreiben“, sagt Baubürgermeister Dirk Bastin. „Das passt gar nicht zur ökologischen Modellstadt Ravensburg.“
Neben den Investitionskosten müssten auch die Betriebskosten einkalkuliert werden. Für Wasser, Kühlung, Eismaschine und Personal würden in der überdachen Halle schon 225 Euro pro Stunde anfallen, unter freiem Himmel wäre der finanzielle Aufwand noch höher, vor allem außerhalb der kalten Wintermonate. „Wir haben im Oktober und im März manchmal Temperaturen um die 20 Grad, der Klimawandel lässt grüßen“, sagt Bastin. „Technisch möglich ist das aber.“
Als Alternativlösung hatte der Gemeinderat vor einigen Jahren eine Kunsteisfläche beschlossen. Das Geld war auch schon im Haushalt eingestellt worden. Nach einer Exkursion mit Vereinsvertretern nach Bludenz ist aber schnell klar geworden, dass der Kunststoff entgegen den Versprechen des Herstellers kein adäquater Ersatz für richtiges Eis sei, sagt Bastin. Die Pläne wurden dann wieder aufgegeben.