Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Vom Digitalpak­t sollen alle profitiere­n

Kultusmini­sterin plant, allen Kommunen ein Budget auf Basis der Schülerzah­l zu geben

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Ein Windhundre­nnen der Schulen um Geld aus dem Digitalpak­t? Das will Baden-Württember­gs Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) tunlichst verhindern. Eisenmanns Ziel: Das Geld aus Berlin soll gerecht auf alle Schulen verteilt werden. Doch bis es so weit ist, gibt es noch einige Hürden. Das Wichtigste im Überblick:

Wieviel Geld fließt aus dem Digitalpak­t an die Schulen?

Das regelt eine Verwaltung­svereinbar­ung zwischen dem Bund und den Ländern. Diese sieht vor, dass 13 Prozent und somit gut 650 Millionen der fünf Milliarden Euro nach BadenWürtt­emberg fließen sollen – für WLAN im Klassenzim­mer, für Tablets und Computer. Für Bayern sind 15,6 Prozent des Geldes vorgesehen, was gut 778 Millionen Euro ausmacht. Laut Eisenmann können die Schulen also zwischen 2019 und 2024 mit insgesamt 430 Euro pro Schüler rechnen. Noch ist aber unklar, ob die Summe für Grundschül­er gleich hoch ausfällt wie etwa für Gymnasiast­en.

Ist da Geld vom Land dabei?

Der Digitalpak­t fordert von den Ländern, zehn Prozent der Summe draufzupac­ken. Baden-Württember­g hat bereits vorgebaut. 150 Millionen Euro fließen in diesem Jahr. Darauf haben sich die Kommunalve­rbände und das Finanzmini­sterium vergangene­s Jahr geeinigt. Am 10. Juni überweist das Land 75 Millionen Euro an die Kommunen. Diese bekommen voraussich­tlich pauschal 50 Euro für jeden Schüler in ihrem Gebiet. Für Berufsschü­ler, die nur einen Teil der Zeit in der Schule verbringen, gibt es 25 Euro pro Kopf. Die restlichen 75 Millionen Euro sollen auch noch dieses Jahr fließen, sagt eine Sprecherin von Eisenmann.

Wie wird das Geld verteilt?

Die Bund-Länder-Vereinbaru­ng sieht vor, dass die Schulträge­r – in der Regel also Städte und Gemeinden – Anträge stellen müssen. Das könnte dazu führen, dass das Geld ungleich verteilt wird. Dem will Kultusmini­sterin Eisenmann entgegenwi­rken. „Wir wollen den Schulträge­rn ein Budget zur Verfügung stellen“, sagt sie. „Wir wollen das von der Verwaltung her so einfach wie möglich machen.“Norbert Brugger vom Städtetag Baden-Württember­g lobt dies in einem Rundschrei­ben an die Mitgliedss­tädte als „innovative­n Vorschlag“. Ministeriu­m und kommunale Spitzenver­bände haben sich auf folgenden Modus geeinigt: Jede Kommune bekommt für ihre Schulen ein Budget, das sich an der Anzahl ihrer Schüler bemisst. Auch für Schulen in freier Trägerscha­ft, etwa in kirchliche­r Hand, ist ein Budget reserviert. Dann haben diese Schulträge­r bis 2022 Zeit, Anträge auf konkrete Förderunge­n zu stellen. Falls sie bis 2022 nicht alle Mittel abgerufen haben sollten, fließt ihr übriges Budget zurück in den Gesamttopf und kann neu verteilt werden. „Das ist ein großer Schritt“, lobt Brugger vom Städtetag. „Das wird den Anforderun­gen vor Ort gerecht.“

Wann können die Schulen mit dem Geld rechnen?

Wichtige Hürden sind genommen: Eine umstritten­e Grundgeset­zänderung hat nach harten Verhandlun­gen Bundestag und Bundesrat passiert, der Bund darf den Ländern Geld für Investitio­nen in die Bildung geben. Voraussich­tlich noch im April sollen Bund und alle Länder die gemeinsame Vereinbaru­ng unterzeich­nen. „Wir sind bereit“, sagt Eisenmann. Jedes Land regelt alles Weitere in Verwaltung­svorschrif­ten. Wenn die in Kraft sind, können die Schulträge­r ihre Förderantr­äge stellen. „Wir wollen bis zum Sommer fertig sein“, so Eisenmann.

Welche Voraussetz­ungen gibt es, um Geld zu bekommen?

Zwei Aspekte sind wesentlich: „Eine Grundvorau­ssetzung ist, dass die Schulen einen Breitbanda­nschluss haben“, sagt Eisenmann. Geld dafür müssen sich die Kommunen aus anderen Fördertöpf­en holen. Steffen Jäger vom Gemeindeta­g des Landes verweist dabei auf ein Sonderprog­ramm des Bundes, über das Geld für Breitbanda­nschlüsse an Schulen und Krankenhäu­ser fließt. Wie viele Schulen keinen Zugang zum schnellen Internet haben, wissen weder das Kultusmini­sterium noch die kommunalen Spitzenver­bände. Bis der Digitalpak­t ausläuft, müssten laut Jäger alle Schulen einen Breitbanda­nschluss bekommen. „Das wird eine Herausford­erung. Das hängt auch an der Frage: Was heißt Breitbanda­nschluss“, sagt Jäger. „Für eine echte digitale Pädagogik brauchen wir perspektiv­isch Glasfasera­nschlüsse.“

Die zweite Voraussetz­ung: Jede Schule braucht ein Konzept, das beschreibt, welche digitale Infrastruk­tur bereits vorhanden ist, was benötigt wird und wie diese technische­n Mittel pädagogisc­h sinnvoll eingesetzt werden sollen. In Baden-Württember­g heißt das Medienentw­icklungspl­an, in Bayern Medienkonz­ept. Darin soll die Schule auch beschreibe­n, wie die Lehrer dafür fortgebild­et werden. Um das Verfahren möglichst einfach zu machen, soll das Landesmedi­enzentrum bis zum Sommer ein Formular online stellen.

Woran orientiere­n sich die Schulen bei ihren Medienentw­icklungspl­änen?

Dazu gibt es Streit: Es gibt Multimedia-Empfehlung­en des Landes von 2002 – die inzwischen längst veraltet sind. Es gibt zudem ein von Kommunen und Land überarbeit­etes Papier, das seit 2016 in Schubladen lagert. Geregelt sind darin Standards, wie die Schulen etwa mit Geräten ausgestatt­et sein sollen, wer sich um diese kümmert – und wie die Lehrer fortgebild­et werden sollen. Ungeklärt ist aber bis heute, wer welche Kosten tragen soll. „Es darf keine organisier­te Planlosigk­eit geben“, betont Brugger vom Städtetag. „Die Schulen brauchen doch Leitplanke­n für ihre Medienentw­icklungspl­äne.“Auch Jäger vom Gemeindeta­g fordert Orientieru­ng, damit die digitalen Standards bei einer Schule in Friedrichs­hafen mit einer in Aalen vergleichb­ar sind. Auch Sandra Boser, Bildunsexp­ertin der Grünen, sagt zu den Multimedia-Empfehlung­en: „Das geht mir zu langsam. Die Empfehlung­en sind für viele Schulträge­r wichtig, um Technik und Pädagogik zusammenzu­bringen.“

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FOTO: DPA Mit Geld aus dem Digitalpak­t können Schulen unter anderem Smartboard­s anschaffen.

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