Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Pläne für bessere Schulen beschlossen
Land baut Schulverwaltung um – Qualität an den Schulen soll so wieder steigen
STUTTGART (kab) - Die Landesregierung hat die Weichen für den Umbau der Schulverwaltung gestellt. Anfang 2019 sollen zwei neue Institute ihre Arbeit aufnehmen: Das Institut für Bildungsanalysen soll Daten an den 4500 Schulen im Land sammeln und auswerten. Das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung soll den Schulen konkret helfen, besser zu werden. Damit reagiert das Land auf das Absacken der Schüler im Südwesten bei verschiedenen Bildungsstudien.
STUTTGART - Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) krempelt die Schulverwaltung um. Ihr Ziel: bessere Schulen und Unterricht von höherer Qualität als bisher. Die Landesregierung folgt ihr und hat am Dienstag ihr Konzept hierzu abgesegnet. „Jetzt stellen wir die Weichen, um die Bildungschancen für die Schülerinnen und Schüler zu verbessern“, betonte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag in Stuttgart. Was ändert sich nun? Das Wichtigste im Überblick:
Welche Veränderungen stehen an?
Anfang 2019 sollen zwei neue Institute an den Start gehen. Das Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) übernimmt mit 135 Mitarbeitern das sogenannte Bildungsmonitoring. Es soll Daten der rund 4500 Schulen im Land sammeln. Diese Fakten und wissenschaftliche Erkenntnisse sollen dann die Grundlage dafür sein, dass die einzelnen Schulen unterstützt werden. So soll perspektivisch die Qualität steigen. „Wir wollen weg vom Blindflug und hin zu passgenauen Lösungen“, erklärte Eisenmann am Dienstag vor Journalisten. Für den Südwesten sei dies Neuland, andere Bundesländer sind hier schon wesentlich weiter. Inspiration für ihr Konzept hat sich Eisenmann unter anderem in Hamburg geholt.
Mit den 195 Mitarbeitern des neuen Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) will Eisenmann den „Wildwuchs“bei der Lehrerfortbildung beenden. „Ziel ist es, Doppel-, Dreifach-, Vierfachstrukturen abzubauen“, so Eisenmann. Die FDP zweifelt daran und erklärt: „Es besteht die Gefahr, dass Doppelstrukturen aufgebaut werden.“Neben der Zentrale soll es sechs sogenannte Regionalstellen des ZSL geben – je zwei in den Regierungsbezirken Stuttgart und Karlsruhe und je eins in Tübingen und Freiburg. Eisenmann sieht darin eine regionale Grundstruktur mit einer klaren zentralen Zuständigkeit.
Die beiden neuen Institute stehen unter der Aufsicht des Kultusministeriums und werden von einem wissenschaftlichen Beirat begleitet. Die SPD mahnt indes: „Mehr Verwal- tungsebenen, mehr Zentralismus und mehr Kontrolle lösen die Probleme an den Schulen nicht.“
Warum dieser massive Umbau?
Bildungsstudien bescheinigen Baden-Württemberg seit einigen Jahren, dass es in der Bildung bergab geht. Die Fähigkeiten der Schüler sind im Vergleich zu vor einigen Jahren abgesackt – vor allem beim Lesen, Rechnen und Schreiben. „Wir brauchen Frühwarnsysteme, um zu sehen, wo stehen wir jetzt, wo müssen wir reagieren“, so Eisenmann. Es gehe nicht darum, dass der ehemalige Primus Baden-Württemberg in Bildungsrankings wieder ganz oben steht, wie es früher üblich war. „Es geht um die Schülerinnen und Schüler“, betonte Eisenmann.
Glauben die Eltern im Land daran, dass hierdurch die Qualität an den Schulen steigen wird?
Grundsätzlich schon. Laut Carsten Rees, Vorsitzender des Landeselternbeirats, seien Veränderungen dringend nötig. „Wir finden das Konzept gut“, sagte er der „Schwäbischen Zeitung“. „Es ist schon eine Leistung der Ministerin, dass die Schulen künftig evidenzbasiert und auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse unterstützt werden“, so Rees. Zwar sei Baden-Württemberg bei diesem Systemwechsel spät dran. Laut Rees berge das den Vorteil, von den Erfolgen anderer Bundesländer zu lernen – und deren Fehler zu vermeiden, wie er hofft. „Aber wir bleiben sehr skeptisch, weil wir seit fast 20 Jahren erfahren, dass an der Zukunft unserer Kinder massiv gespart wurde“, sagte Rees.
Wieviel wird das kosten?
Das Personal der beiden neuen Institute soll laut Eisenmann größtenteils aus der Kultusverwaltung kommen. Dennoch wird es zunächst teuer. Im ersten Jahr sind rund 9,3 Millionen Euro veranschlagt – davon 3,6 Millionen für einmalige Sachkosten und 5,7 Millionen Euro für Personalstellen. Denn Eisenmann will die Leitungsstellen der neuen Institute ausschreiben, um so besonders qualifizierte Führungskräfte zu finden. Beim ZSL hat Eisenmann 40 Leitungsstellen zu besetzen, beim IBBW sind es 18.
Für das Jahr 2020 rechnet das Land dann mit rund 5,9 Millionen Euro. In den Jahren 2021 bis 2023 fallen laut Kabinettsvorlage jeweils Kosten in Höhe von rund sechs Millionen Euro an. Bestehende Leitungsstellen in der alten Struktur sollen nach und nach wegfallen – etwa durch Pensionierungen. Dadurch sollen die Personalkosten perspektivisch wieder auf den heutigen Stand sinken. Statt Ressourcen in neue Institute zu stecken, sollte die Unterrichtsversorgung die höchste Priorität haben, kritisiert die AfD.
Behalten alle Mitarbeiter in der Schulverwaltung ihren Job?
Einen Arbeitsplatz ja, aber nicht unbedingt ihren. Das hängt auch damit zusammen, dass das ZSL in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart angesiedelt werden soll. Manche Stellen – auch etwa aus den Regierungspräsidien – sollen dorthin verlagert werden. Wie viele Stellen es sind, konnte Eisenmann am Dienstag nicht beziffern. „Es wird niemand gezwungen umzuziehen“, sagt sie. Das hat dann aber möglicherweise einen Wechsel auf eine andere Stelle zur Folge. Sie halte das Grundkonstrukt für „zumutbar“, so Eisenmann.
Wann werden die Schüler im Südwesten in Studien wieder besser abschneiden?
Es wird laut Eisenmann einige Jahre dauern, bis die neuen Unterstützungssysteme greifen. In Hamburg seien es zehn Jahre gewesen. Aber: „Dass die Ergebnisse besser werden, ist klar.“