Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kroatische Begleitmusik
Generation Modric hofft nach Elfmetersieg auf mehr – Rechtsrock in der Kabine sorgt für Diskussion
NISCHNI NOWGOROD (dpa) - Luka Modric war einfach nur erleichtert. „Ich möchte nicht sagen, dass es das wichtigste Spiel unserer Generation war, aber doch, das war es. Es war hart, aber wir haben überlebt“, sagte der kroatische Kapitän nach dem Elfmeterkrimi von Nischni Nowgorod gegen Dänemark. Ein Spiel, das mehr war, als bloß ein WM-Achtelfinale. Immer wieder diese Vergleiche zu 1998, als Davor Suker und Co. bis ins WM-Halbfinale gestürmt waren. Vergleiche, die offenbar schwer wie Tonnen auf den schmächtigen Schultern von Modric lasten, hätte doch eine Niederlage das Urteil über diese goldene Generation gefällt.
Die Reaktionen aus der Heimat wären vernichtend ausgefallen, doch es ging noch einmal gut. „Der Liebe Gott war mit uns. Diese Generation hat das verdient“, schrieb das Blatt „Vecernji list“nach dem 3:2 im Elfmeterschießen. Und plötzlich ist alles möglich. „Ich hoffe, wir können die Überraschung dieser WM 2018 werden“, sagte Suker, der heute kroatischer Verbandsboss ist.
Viele Favoriten wie Spanien, Deutschland oder Argentinien sind raus, im Viertelfinale wartet plötzlich Gastgeber Russland, dem überhaupt keiner etwas zugetraut hat. „Ich hoffe, es kommt noch mehr“, sagt Modric, der beinahe zur tragischen Figur geworden wäre. Schließlich hatte er in der Verlängerung den Sieg vom Elfmeterpunkt liegen gelassen. Im Nervenkrimi trat er noch einmal an und brachte den Ball mit einem schwachen Schuss gerade noch über die Linie. „Er hat Verantwortung als wahrer Kapitän übernommen. Man kann sich vorstellen, was passiert wäre, wenn er verschossen hätte“, so Trainer Zlatko Dalic.
Das hätte aber alles nicht gereicht, wäre Torhüter Danijel Subasic mit drei Paraden im Elfmeterschießen nicht über sich hinausgewachsen. „Der feurige Held“, beschrieb die Zeitung „24sata“den Mann vom französischen Top-Club AS Monaco.
„Darauf hat unser Land richtig hingefiebert. Da ist wieder eine Generation am Start, die nochmal richtig einen Sprung gemacht hat“, meinte beim Münchner Trainingsauftakt der neue Bayern-Coach Niko Kovac, der bei der WM 2014 Kroatien trainiert hatte. Sein Nach-Nachfolger Dalic warnt aber davor, Russland zu unterschätzen. „Das wird ein heißes Spiel in Sotschi. Keiner wird uns dort mögen“, sagt der Coach und betont: „Es wird ein großer Test für uns. Wer gewinnt, spielt zwei weitere Spiele. Wir kommen von weit her, wollen aber nicht hier stoppen.“
Nationalistische Gassenhauer
Und so werden schon Vergleiche gezogen zu Italien 2006. Denn es gibt Parallelen. Damals lastete der Manipulationsskandal um Rekordmeister Juventus Turin auf der Mannschaft, in Kroatien ist es dieser Tage ähnlich. In der Heimat läuft ein Korruptionsprozess gegen die Brüder Zoran und Zdravko Mamic. Sie sollen 17 Millionen Euro veruntreut haben. Modric war als Zeuge in dem Prozess verhört worden und wurde anschließend wegen Falschaussage angeklagt.
Und auch ein Video sorgte nach dem Vorrundensieg gegen Argentinien für Aufsehen: Unmittelbar nach dem Spiel sangen einige Spieler in der Kabine einen Teil eines nationalistischen Liedes. Für Brisanz sorgt, dass das Lied mit den Worten – was jedoch nicht auf dem Video zu hören ist – „Za dom – spremni!“(Für die Heimat – bereit!) beginnt und positiv Bezug auf Kroatiens Vergangenheit nimmt. Dies ist die Parole der faschistischen Ustascha-Bewegung.
In Russland wollen sie das Thema komplett ausblenden und als Helden zurückkehren. Lovren, der das umstrittene Video veröffentlichte, träumt gar vom Titel. „Alles ist möglich. Es sind viele Favoriten ausgeschieden“, sagt der Verteidiger.