Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kreis will Deponie wieder in Betrieb nehmen
Planung für Aufnahme „leicht belasteter Böden“in Obermooweiler steht an – Ausschuss berät am Donnerstag
● NIEDERWANGEN - Vor mehr als 20 Jahren landete der letzte Hausmüll auf der Deponie in Obermooweiler. Seit 2005 befindet sie sich in der Stilllegungsphase, die bis zur zweiten Jahreshälfte 2018 endgültig abgeschlossen sein soll. Jetzt will die Kreisverwaltung zumindest auf Teilen des Geländes bei Niederwangen den Deponiebetrieb wieder aufnehmen – möchte aber von keiner „Kehrtwende“sprechen. Dabei geht es nicht erneut um Hausmüll, sondern um so genannte Inertstoffe, also zum Beispiel leicht belastete Böden, wie Kreiskämmerer Franz Baur erklärt. Erste Schritte dazu könnte der Kreisausschuss für Umwelt und Technik am Donnerstag einleiten.
Hintergrund der Überlegungen sind die Zwänge des Landesabfallgesetzes, wie aus den Unterlagen für die anstehende Sitzung hervor geht. Demnach müssen die Landkreise über Zehnjahres-Zeiträume darstellen können, welche Entsorgungsanlagen sie betreiben oder ihnen zur Verfügung stehen. „Es geht um die Entsorgungssicherheit“, so Baur.
Beim Hausmüll ist sie gegeben. Denn der wird schon lange in den Anlagen des Zweckverbands für Abfallwirtschaft in Kempten (ZAK) verbrannt. Anders verhält es sich über kurz oder lang bei den so genannten Inertstoffen. Sie landen auf der Deponie in Ravensburg-Gutenfurt. Doch die wird langsam voll und reicht bei einer Annahmemenge von kalkulierten 20 000 Tonnen pro Jahr voraussichtlich noch für die nächsten zehn Jahre, hat das Abfallwirtschaftsamt berechnet – und deshalb bereits erste Maßnahmen eingeleitet: So nimmt der Kreis in Gutenfurt seit Beginn dieses Jahres keine Asbestabfälle aus Italien mehr an.
Vor dem Hintergrund der bei Ravensburg knapp werdenden Kapazitäten steht der Kreis vor zwei Alternativen, wie der für Entsorgung zuständige Dezernent Franz Baur im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“erklärt: Entweder sucht er sich Kooperationspartner. Sprich: Er bringt die Inertstoffe auf Deponien anderer Landkreise. Oder aber er schafft selbst Kapazitäten. Und da hier „die Erweiterung und Optimierung bestehender Anlagen“grundsätzlich Vorrang vor der Schaffung neuer Standorte habe, wie aus den Unterlagen hervor geht, ist das Landratsamt auf die Deponie Obermooweiler gekommen. Auch, weil diese „gefühlt nur halb voll ist“, wie Baur sagt.
Variante A ist zudem aus anderen Gründen verworfen worden, erklärt der Dezernent: Erstens, weil sich angesichts generell knapper Deponiekapazitäten die Begeisterung anderer Kreise in Grenzen halte, Abfälle aus Oberschwaben und dem Allgäu anzunehmen. Und zweitens, weil der Mülltransport einen „Komfortverlust“bedeute. Heißt: Die hiesige Bauwirtschaft, aber auch Privatleute, hätten dann für entsprechende Stoffe keinen Anlaufpunkt mehr vor der Haustür. Zudem haben allgemein kürzere Transportwege ebenso eine Rolle bei den Überlegungen gespielt, wie die Gebührenfrage. Denn der „Export“koste und müsse umgelegt werden, so Baur.
Kosten erzeugt aber auch die Wiederinbetriebnahme der Deponie Obermooweiler. Das Landratsamt hat dafür bereits drei Varianten ausgearbeitet und ist auf Summen zwischen rund fünf und 6,1 Millionen Euro gekommen – „wirtschaftlich darstellbare Bedingungen“, wie es in der Sitzungsvorlage heißt. Nicht eingerechnet sind darin Beträge, die für die Stilllegung ausgegeben wurden und – nach wie vor – werden. Schätzungen aus dem Jahr 2015 beliefen sich auf 2,5 bis drei Millionen Euro.
Geld, das seit Anfang 2016 in die Abdichtung von Oberflächen und den Auftrag neuer Böden ausgegeben wird. Das Vorhaben sollte bis Ende 2017 abgeschlossen sein, wird sich laut Franz Baur aber noch bis in diesen Herbst hinein ziehen, weil das Erdmaterial teils nur schwer verfügbar gewesen sei.
Auf Nachfrage widerspricht der Kreiskämmerer allerdings einem möglichen Vorwurf, der Kreis vollziehe mit den aktuellen Plänen eine „Kehrtwende“. Denn: „Der Großteil dessen, was man macht, bleibt.“Zur Erklärung: Zahlen aus der Vorlage besagen, dass von der bestehenden, etwa fünf Hektar großen Haldendeponie rund zwei für die Wiederinbetriebnahme vorgesehen sind. Zudem verweist er auf Auflagen des Regierungspräsidiums (RP) Tübingen. Die übergeordnete Behörde habe im Rahmen des Stilllegungsverfahrens die Rekultivierung des Areals vorgeschrieben. Außerdem handele es sich bei den jetzt zur Debatte stehenden Plänen um „ein komplett neues Verfahren“.
Eines, über das am Donnerstag nicht endgültig entschieden wird. Denn laut Beschlussvorschlag geht es zunächst lediglich darum, nach einem „Teilnahmewettbewerb ein geeignetes Planungsbüro zu beauftragen“. Dieses soll sich dann konkret mit der Reaktivierung der Niederwangener Deponie auseinandersetzen.Für das eigentliche Verfahren rechnet Franz Baur mit fünf bis sieben Jahren. Nähme Obermooweiler anschließend wieder Müll auf, rechnet der Kreis mit einer Entsorgungssicherheit in einem Zeitraum von 13 bis 33 Jahren – abhängig davon, ob der Kreis weiterhin das Verbrennungsrestprodukt Schlacke weiter aufnimmt oder nicht.
Die im Zuge der Rekultivierung wegen des seither verstärkten LkwVerkehrs besorgten Anwohner rund um die Deponie will Baur übrigens schon jetzt beruhigen: Es gehe um zwei zusätzliche An- und Abfahrten von Lastwagen täglich. Das zeige die Erfahrung aus Gutenfurt. Und: „Im Verhältnis zum heutigen Verkehr bei Obermooweiler geht das unter.“