Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Schadnager in der Stadt der Liebe
Nun ist die Digitalisierung also auch im Untergrund angekommen, in den Eingeweiden von Städten und Dörfern, in den Kanälen und unter Gullideckeln, wo die Ratten wohnen. In Paris gibt es nach Angaben der Stadtverwaltung besonders viele davon: Die Schätzungen gehen von etwa 3,8 Millionen sogenannten Schadnagern aus. Zum Vergleich: Menschen leben nur etwa 2,2 Millionen in der französischen Hauptstadt.
Statistisch betrachtet kommen also auf jeden Pariser 1,72727273 Ratten. Von diesen Zahlen abgesehen, ist es jetzt für den Bürger möglich, im Internet Funde von toten oder lebenden Ratten zu melden, sodass dadurch so eine Art digitalisierter Rattenstadtplan entsteht. Das geschieht natürlich nicht, damit das Pariser Fremdenverkehrsbüro lokalisieren kann, welche touristischen Ziele Ratten in der Stadt an der Seine bevorzugen, sondern um die ungebetenen Nagetiere möglichst effektiv zu bekämpfen. Die Stadt will für diesen mordlüsternen Zweck eine Million Euro zur Verfügung stellen. Damit sollen die 3,8 Millionen Ratten vertrieben werden, was pro Ratte also ein S ch ad nagerv er treibungsbudg et von 26 Cent bedeutet.
In einer Stadt wie Paris kommt man mit 26 Cent ansonsten nicht weit. Die Show im berühmten Moulin Rouge kostet zum Beispiel 97 Euro und dauert 90 Minuten. Für 26 Cent kann man die Veranstaltung also lediglich 14,47 Sekunden lang genießen. Auch wenn das Rattenvertreiben da vordergründig billiger erscheint: Die Stadt der Liebe sollte für eine Million Euro eine liebenswürdigere Verwendung finden. (nyf)