Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Missbrauch im Fußballzug: Verdächtiger stellt sich
Polizei fahndete mit Foto – Mutmaßlicher Täter sollte wegen eines weiteren Delikts in Haft
MÖNCHENGLADBACH (dpa) - Nach dem mutmaßlichen sexuellen Missbrauch einer 19-Jährigen in einem Zug voller Fußballfans hat sich ein gesuchter Verdächtiger gestellt. Der Mann meldete sich am Montag zum Haftantritt in einer Justizvollzugsanstalt in Nordrhein-Westfalen – wegen einer anderen Straftat. Der Mann habe eine Haftstrafe wegen Körperverletzung zu verbüßen, teilte die Polizei mit. Gleichzeitig habe sein Anwalt bei der Polizei angerufen und gesagt, dass sich sein Mandant zu der Tat in dem Zug nach dem Fußballspiel Bayern München gegen Borussia Mönchengladbach äußern werde.
Die Polizei hatte intensiv nach dem Mann gesucht. Er soll auf der Rückreise von dem Bundesligaspiel eine junge Frau vergewaltigt haben. Die 19-Jährige war am frühen Sonntagmorgen von der Polizei am Bahnhof Flörsheim in der Nähe von Frankfurt in Empfang genommen, zunächst kurz befragt und dann in eine Wiesbadener Klinik gebracht worden. Die junge Frau und der Verdächtige lernten sich den Angaben nach im sogenannten Tanzwagen des Zuges kennen. „Danach gab es auf der Toilette im Zug nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen an der 19Jährigen“, sagte Polizeisprecher Wolfgang Röthgens. Noch im Zug rief die junge Frau ihre Eltern an, die die Polizei alarmierten.
Ein Zugordner habe nach Bekanntwerden der mutmaßlichen Tat ein Foto von dem Mann gemacht, den er mit der Frau zusammen gesehen hatte. Ob der Mann auf dem Foto der Täter sei, wisse man nicht. Er müsse von dem Opfer erst identifiziert werden, sagte Röthgens. Der Mann werde lediglich verdächtigt.
Unklar ist, wer den Sonderzug gechartert hatte. Das sei Sache des Fußballvereins. „Der Zug war privat organisiert – das heißt, nicht vom Verein und auch nicht vom Fanprojekt“, betonte Markus Aretz, der Pressesprecher von Borussia Mönchengladbach. Für die Sicherheit in Fußball-Sonderzügen ist nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GDP) vor allem das Unternehmen verantwortlich, das die Fans befördert. „Wir fahren nicht mit, das ist nicht unsere Aufgabe“, sagte der GDPLandeschef NRW, Arnold Plickert.
Sonderzug aus der Schweiz
Der Sonderzug gehört dem Schweizer Anbieter Centralbahn. Dieser zählt zu den großen privaten Eisenbahngesellschaften der Schweiz und ist auch bekannt als Veranstalter von Sonderzügen. Zum Vorfall am Samstagabend wollte eine CentralbahnSprecherin keine Stellung nehmen.
Das nordrhein-westfälische Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) führt eine Statistik zu Reisezwischenfällen in Zusammenhang mit Liga-Fußballspielen – dazu zählen Schlägereien oder Randale von Fangruppen auf Rastplätzen, aber auch massive Sachbeschädigungen in Zügen und andere Fälle von strafrechtlicher Relevanz. In der Saison 2016/2017 mit rund 600 Spielen kam es demnach bundesweit zu 72 Zwischenfällen. Ein Vergewaltigungsfall sei ihm nicht bekannt, sagte ein LZPD-Sprecher.