Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Berufe mit Sinn und Perspektive
Die Aussichten junger Menschen, die sich für eine Ausbildung oder ein Studium in den verschiedenen Teilbereichen des Gesundheits- und Sozialwesens entscheiden, sind hervorragend
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as Gesundheitswesen einschließlich Pflege ist eines der Politikfelder, die in der Bevölkerung besonders viel Aufmerksamkeit erfahren. Zu Recht, denn hier geht es um Themen, die für jeden Menschen von existenzieller Bedeutung sein können. Dass das Gesundheitswesen aber auch ein sehr wichtiger wirtschaftlicher Faktor ist, geht in dieser Diskussion manchmal etwas unter. Seine große ökonomische Bedeutung beweisen eindrucksvolle Finanz- und Beschäftigtenzahlen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden flossen 2016 gut 350 Mrd. Euro an Gesundheitsausgaben in den wirtschaftlichen Kreislauf. Zum Vergleich: Das Volumen des Bundeshaushaltes lag mit 316 Mrd. Euro deutlich darunter. Die Zahl der im Gesundheitswesen Beschäftigten betrug rund 5,5 Millionen. Das entsprach gut 13 Prozent aller Erwerbstätigen. Fast drei Viertel davon waren Frauen.
Gesundheitswesen hat mit die höchsten Beschäftigtenzahlen in der Region
Auch in unserer Region zeichnet sich das Gesundheitswesen durch eine besonders stabile Beschäftigung aus. So geht aus einer statistischen Erhebung aus dem Jahr 2013 hervor (und daran dürfte sich seither nichts Grundsätzliches geändert haben), dass etwa im Landkreis Biberach das Gesundheitswesen mit 4500 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Personen den dritten Platz unter den zehn beschäftigungsintensivsten Branchen einnahm. Im Kreis Ravensburg war es mit rund 10 000 Beschäftigten sogar die Nummer eins, was nicht zuletzt mit den zahlreichen Kurund Reha-Einrichtungen zusammenhängt, die es im südlichen Oberschwaben und im Württembergischen Allgäu gibt. In BadenWürttemberg insgesamt nahm das Gesundheitswesen mit 293 000 Beschäftigten den zweiten Rang hinter dem Maschinenbau (303 800) und vor dem Einzelhandel (286 300) ein und lag auch deutlich vor der Automobil- und Kfz-Zulieferindustrie (210 500), die vor allem in der Politik häufig als der Beschäftigungsmotor schlechthin bezeichnet wird.
Bei diesen Zahlen ist allerdings zu berücksichtigen, dass es in den einzelnen statistischen Veröffentlichungen zum Teil deutliche Unterschiede gibt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Definition des Gesundheitswesens in Abgrenzung zu verwandten Wirtschaftsbereichen nicht einheitlich ist.
Alternde Bevölkerung und Fortschritte in der Medizin lassen die Branche wachsen
Alle Statistiken lassen aber keinen Zweifel an der herausragenden ökonomischen Bedeutung des Gesundheitswesens, und auch alle Prognosen gehen davon aus, dass das in den nächsten Jahren so bleiben wird, dass die Wachstumsraten des Gesundheitsmarktes, wie diese Branche heute auch oft genannt wird, sogar noch steigen werden, nicht nur aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung, sondern auch durch die weiter zu erwartenden Fortschritte in der Medizin, der Medizintechnik und der Pharmaindustrie.
Vor diesem Hintergrund sind die Aussichten junger Menschen, die sich für einen Beruf in den verschiedenen Teilbereichen des Gesundheitsund Sozialwesens und in den angrenzenden Branchen (zum Beispiel Pharmaindustrie) interessieren, ausgesprochen gut. Auf diese Entwicklung haben sich auch die Hochschulen des Landes mit ihren Lehrplänen eingestellt. So bietet etwa die Hochschule Aalen den Studiengang Gesundheitsmanagement an, die Hochschule Ulm die Studiengänge Informationsmanagement im Gesundheitswesen und Data Science in der Medizin. An der Hochschule Biberach kann Pharmazeutische Biotechnologe studiert werden und an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen das Fach Pharmatechnik mit den Fachrichtungen BioEngineering und Betriebstechnik.
Die Duale Hochschule BadenWürttemberg hat an ihrem Sandort Heidenheim vor einigen Jahren den Studienfachbereich Gesundheit eingeführt, der heute aus den Teilbereichen Angewandte Gesundheitsund Pflegewissenschaften, Angewandte Hebammenwissenschaft, Interprofessionelle Gesundheitsversorgung sowie Medizintechnische Wissenschaften besteht.
Studiengang Pflege kooperiert mit mehreren Kliniken
Interessant ist auch ein Angebot der Hochschule Ravensburg-Weingarten. Der dortige Studiengang Pflege, bei dem mit mehreren Kliniken kooperiert wird, verbindet eine praktische Pflegeausbildung mit einem Bachelorstudium. Während sich die Absolventen der genannten Studiengänge in ihrem Beruf vor allem um kranke und pflegebedürftige Menschen kümmern, haben es die Studierenden der Fächer Soziale Arbeit beziehungsweise Sozialwesen später mit den vielfältigsten sozialen Schwierigkeiten zu tun, in die Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen geraten können. Entsprechende Studienangebote gibt es ebenfalls in unserer Region. So kann beispielsweise an der Hochschule Ravensburg-Weingarten ein Bachelorstudium in Sozialer Arbeit absolviert werden mit der Möglichkeit eines anschließenden Masterstudiums in den Fächern Angewandte Sozialarbeitswissenschaft, Management im Sozialund Gesundheitswesen (berufsbegleitend) und angewandte Gesundheitswissenschaft. Nach langen Diskussionen auf allen politischen Ebenen und nicht zuletzt unter dem Druck einer steigenden Zahl von Pflegebedürftigen (2015 waren es bundesweit bereits 2,9 Millionen) und eines gravierenden Mangels an Pflegekräften hat der Bundestag im Juli 2017 eine Reform der Pflegeausbildung beschlossen, die ab 2020 gelten wird. Damit sollen die Qualität der Ausbildung weiter verbessert und die Attraktivität der Pflegeberufe deutlich erhöht werden.
Pflegeausbildung ab 2020 grundlegend reformiert und kostenfrei
Kernpunkt der Neuregelung ist die Einführung einer dreijährigen generalistischen schulischen und praktischen Ausbildung, die später auch einen Wechsel zwischen den einzelnen Pflegebereichen erleichtert. Das kann etwa bei einem Wohnortwechsel von Vorteil sein und eröffnet auch zusätzliche Aufstiegsmöglichkeiten. Diese Ausbildung führt zum Abschluss „Pflegefachfrau/Pflegefachmann“. Die Auszubildenden können sich im dritten Jahr aber auch für eine Vertiefung in der Altenpflege oder der Kinderkrankenpflege entscheiden und erwerben dann den Abschluss „Altenpfleger/in“beziehungsweise „Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in“. Vorgesehen sind auch eine Modernisierung der Ausbildungsinhalte und eine bessere Ausstattung der Pflegeschulen. Schulgeld fällt nicht an. Dafür wird es eine Ausbildungsvergütung geben. Voraussetzung für eine Pflegeausbildung ist ein mittlerer Schulabschluss oder ein Hauptschulabschluss mit weiteren Qualifikationen.