Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Ganz schön heiß
Gnabry dreht auf – TSG beendet Ergebniskrise furios
SINSHEIM (dpa) - Seine ersten beiden Tore für die TSG Hoffenheim feierte Serge Gnabry mit der „Cooking“-Geste, die NBA-Star James Harden populär gemacht hat: Er rührte in einer imaginären Tasse mit einem Gesichtsausdruck, der sagen will: Ganz schön heiß! Das war auch sein Treffer zum 3:0 aus 43 Metern. „Ich hab' den Ball einmal mitgenommen, kurz geschaut und mich dann entschieden, einfach draufzuhauen“, so der zweifache Nationalspieler nach dem 4:0 (1:0) gegen RB Leipzig.
Trainer Julian Nagelsmann hob zwar seinen „Qualitätsspieler“hervor, erklärte aber auch: „Wir haben ihn schon geholt, dass er mehr als die zwei Tore schießt. Er ist noch lange nicht da, wo er hin kann und auch hin muss, wenn er bei dem Verein spielen muss, dem er gehört.“Bis zum Sommer ist Gnabry vom FC Bayern an Hoffenheim ausgeliehen.
Ob die TSG ihn länger halten kann? „Ich habe große Hoffnung“, sagte Sportchef Alexander Rosen. Nagelsmann wiegelte ab: „Ich würde vieles gern. Ich hätte auch gerne Sebastian Rudy, aber haben wir nicht. Ich hätte auch gerne Messi, haben wir auch nicht.“
Doch war die Stimmung dennoch überragend in Sinsheim. Ein einziges Spiel hat – wie so oft im Fußball – die Stimmung um 180 Grad gedreht. Beim beeindruckenden Sieg gegen Leipzig vermittelten die Kraichgauer den Eindruck, dass sie in der Bundesliga wieder weit vorne mitmischen können. „Wir haben Qualität, aber wir sind auch kein Top-Top-Team. Da brauchen wir uns nichts vormachen“, sagte Nagelsmann, der seiner Mannschaft vergangene Woche noch „Mittelmaß“bescheinigen musste.
Die TSG hatte das vorzeitige K.o. in der Europa League mit dem 1:3 bei Sporting Braga und das anschließende 0:3 beim Hamburger SV offenbar bestens verarbeitet – in vielen Einzelgesprächen und Videositzungen. Gegen den Tabellenzweiten spielte die TSG so befreit auf, als fange die Saison noch einmal von vorn an.
„Super erleichtert“war nicht nur der starke Nadiem Amiri. „Wir haben heute wieder mit viel Herz und Leidenschaft gespielt, viele Emotionen gehabt“, sagte der U21-Europameister. Er hatte den Torreigen in der 13. Minute eröffnet, Gnabry (52./62.) sowie Mark Uth (87.) erhöhten. Nagelsmann erzählte später begeistert davon, dass er mit 26 Spielern eine Woche durchtrainieren konnte und dass nach so einigen Verletzungssorgen plötzlich wieder Konkurrenzkampf da sei. „Ich muss sagen, dass wir eine sehr schwere Phase hatten, das ist unumstritten“, erklärte Rosen. „Ich hatte aber nicht diesen grundsätzlichen Zweifel an Qualität und Mentalität.“
Rosen sprach von einer „mentalen Frische“, die deutlich sichtbar gewesen sei bei seinem Team. Im Endeffekt hatte sich der Club durch die mitunter trostlose Europa League geschleppt, nachdem er zuvor in der Champions-League-Qualifikation noch an der Anfield Road beim FC Liverpool auflaufen durfte. „Viele positive Erlebnisse hatten wir da nicht“, sagte Nagelsmann vor dem Schaulaufen in dem für Hoffenheim bedeutungslosen letzten Gruppenspiel am Donnerstag (19.00 Uhr) gegen Bulgariens Serienmeister Ludogorez Rasgrad.
Dort will der 30-Jährige nun seinen hungrigen Reservisten eine Chance geben: „Die wollen sich profilieren und werden so aufs Gas drücken, dass uns niemand etwas vorwerfen kann.“
In der Bundesliga ist zudem der Anschluss zur Spitzengruppe wieder hergestellt und auf das nächste Bundesliga-Heimspiel freut sich ohnehin der ganze Club: Am 13. Dezember kommt der VfB Stuttgart zum Landesderby.