Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Edathy-Anwalt sagt aus
SPD-Fraktionschef Oppermann schwer belastet
BERLIN (AFP/dpa) - Vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags hat ein weiterer Zeuge die Version des Ex-SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy zum Informationsfluss in der Kinderpornoaffäre gestützt.
Edathys Anwalt Christian Noll bestätigte am Donnerstag vor dem Ausschuss in Berlin, dass Edathy im November 2013 frühzeitig über Kinderpornoermittlungen informiert worden sei. Als Informanten habe Edathy den damaligen SPD-Innen- experten Michael Hartmann genannt. Nolls Aussage messen die Ausschussmitglieder hohe Glaubwürdigkeit bei, da er bei einer Falschaussage seine berufliche Existenz als Anwalt aufs Spiel setzen würde. Er hat SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann schwer belastet. Edathy habe erfahren, dass Oppermann mehrere Personen in die Ermittlungen gegen den damaligen SPD-Abgeordneten eingeweiht habe, sagte Noll.
Es ist sein gutes Recht. Wer sich selbst belasten könnte, darf die Aussage verweigern. SPD-Mann Michael Hartmann muss Ermittlungen der Staatsanwaltschaft fürchten. Juristisch mag sein Schweigen begründbar sein. Politisch ist es für die SPD der größte anzunehmende Unfall. Eben noch hatten führende Genossen wissen lassen, sie würden von Hartmanns Aussage Aufklärung erwarten. Und nun fällt der vermeintliche Entlastungszeuge aus.
Dass der SPD-Politiker bei seiner ersten Aussage im Dezember nicht erwähnte, dass er versucht hatte, beim LKA-Chef in Rheinland-Pfalz Informationen über das Kinderpornoverfahren gegen Edathy einzuholen, hat Zweifel an sei- ner Glaubwürdigkeit geweckt. Gleiches gilt für die Aussagen anderer Zeugen, die Edathys Schilderung stützten. Täuschen, tricksen, tarnen – nach diesem Muster hat die SPD-Verteidigungslinie bisher funktioniert. Hartmann hat energisch bestritten, Edathys Informant gewesen zu sein. Und doch dürften beide sehr viel ausführlicher über den Fall gesprochen haben als bisher bekannt.
Im Fall Edathy geht es schon lange nicht mehr nur um einen Bundestagsabgeordneten, dessen Verfehlungen und mögliche Informanten. Auf dem Spiel steht inzwischen die Glaubwürdigkeit der Politik.