Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Draisaitls Traum platzt

Eishockey-Star verliert mit Edmonton das Finale um den Stanley Cup

- Von Thomas Lipinski

(SID) - Mit brüchiger Stimme und geröteten Augen rang Leon Draisaitl nach Worten. Draußen auf dem Eis wanderte der Stanley Cup, das Objekt seiner Begierde, von Hand zu Hand – so nah und doch so weit entfernt. „Es ist herzzerrei­ßend“, gab der deutsche Eishockey-Star in der Kabine der Edmonton Oilers zu, nach dem niederschm­etternden 1:2 im siebten NHL-Finale gegen die Florida Panthers von Reportern umringt.

„Viel näher als wir kann man nicht herankomme­n. Aber davon können wir uns am Ende des Tages nichts kaufen“, sagte der Kölner und rieb sich immer wieder mit dem T-Shirt über das Gesicht. „Es ist sehr hart. Du bist einen oder zwei Schüsse entfernt, das Ding zu gewinnen. Jetzt musst du wieder durch 82 Saisonspie­le gehen, gut genug spielen, um überhaupt noch mal eine Chance zu bekommen.“

Verzweifel­t hatte sich der 28Jährige gegen die ultimative Niederlage gewehrt, stand in den Schlussmin­uten fast ununterbro­chen auf dem Eis, lief mit seinem kongeniale­n Partner Connor McDavid immer wieder gegen das Tor an – aber scheiterte auch immer wieder am überragend­en Goalie Sergej Bobrowski. Das Eishockey-Wunder, der erste StanleyCup-Triumph eines Teams nach 0:3-Rückstand seit 1942, blieb aus.

Die Edmonton Oilers, die einst mit Superstar Wayne Gretzky die NHL beherrscht­en, müssen weiter auf den ersten Titel seit 1990 warten. Und auch die Durststrec­ke der kanadische­n Clubs, die zuletzt vor 31 Jahren den Stanley Cup gewannen, geht weiter. Obwohl Gretzky längst einen Nachfolger gefunden hat.

McDavid brillierte in den Playoffs mit 42 Scorerpunk­ten, brach mit 34 Assists einen der als uneinholba­r geltenden Rekorde der Eishockeyl­egende und wurde als erster Finalverli­erer seit 21 Jahren mit der Conn-Smythe-Trophy als MVP ausgezeich­net. Doch da war der Kanadier, der zusammen mit Draisaitl die Oilers wieder zu einer großen Nummer gemacht hat, schon längst in der Kabine verschwund­en. Wie die Panthers überschwän­glich den ersten Titel der Clubgeschi­chte feierten, wollte er nicht sehen – ebenso wenig wie sein deutscher Teamkolleg­e.

Der setzte zu einer Liebeserkl­ärung an den derzeit besten Spieler der Welt an – auch wenn er sich immer wieder räuspern musste. „Für mich ist er der größte Spieler, der je gespielt hat“, sagte Draisaitl. „Er macht so viele Sachen, die die Leute gar nicht sehen. Er hat den Club eigenhändi­g umgekrempe­lt. Es gibt keinen Spieler auf der Welt,

der mehr als er den Stanley Cup gewinnen will.“

Nachdem die Oilers nach drei Niederlage­n zum Auftakt mit drei überzeugen­den Siegen das siebte Finale erzwungen hatten, gingen die beiden Stars im entscheide­nden Spiel leer aus. Nur der Schwede Mattias Janmark traf zum zwischenze­itlichen 1:1 (7.). Doch Florida triumphier­te nach den Toren von Carter Verhaeghe (5.) und Sam Reinhart (36.).

Was er aus dem verlorenen Finale lernen könne, wurde Draisaitl gefragt. „Hieraus eine Lehre zu ziehen, ist wirklich schwer“, antwortete er, und die Stimme versagte. Wie geht es weiter? „Hoffentlic­h“, sagte der Kölner, „kommen die meisten Jungs zurück“. Sein Vertrag bei den Oilers läuft noch ein Jahr, McDavid ist noch zwei Spielzeite­n gebunden. Es könnte die letzte gemeinsame Jagd auf das Objekt der Begierde werden.

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FOTO: SAM NAVARRO/IMAGO Immer wieder rannte Leon Draisaitl (rechts) an, doch auch der Kölner konnte die Niederlage der Edmonton Oilers nicht verhindern.

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