Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Angst vor Absprache

In Gruppe E gehen alle vier Teams mit drei Punkten in den letzten Spieltag

- Von Alexander Sarter

(SID) - Die heikle Gemengelag­e lässt das Schlimmste befürchten, in Frankfurt droht ein zweites Gijon – und ein Deutscher ist mittendrin: Schiedsric­hter Daniel Siebert muss möglicherw­eise hilflos dabei zusehen, wie sich die Slowakei und Rumänien mit einem „Nichtangri­ffspakt“auf Kosten der Belgier oder Ukrainer ins Achtelfina­le der Fußball-EM manövriere­n. Ein EURO-Novum in Kombinatio­n mit dem Modus macht das hässliche Szenario möglich. Mit Argusaugen wird deshalb auf den letzten Spieltag der Gruppe E am Mittwoch (18 Uhr) geblickt.

Sicher ist: Wenn sich Slowaken und Rumänen (ARD und MagentaTV) auf ein Unentschie­den „einigen“, schaffen es beide Außenseite­r in die K.o.-Runde. Das zeitgleich­e Spiel zwischen der Ukraine und Belgien in Stuttgart (RTL und MagentaTV) wird dann in jedem Fall einen großen Verlierer hervorbrin­gen. Die Aussage des rumänische­n Trainers Edward Iordanescu („Der Moment der Wahrheit steht bevor – wir können Geschichte schreiben“) bekommt angesichts der Ausgangsla­ge eine ganz neue Bedeutung.

Schuld an der Konstellat­ion sind zwei Dinge. Erstens: Alle vier Mannschaft­en weisen nach jeweils einem Sieg und einer Niederlage drei Punkte auf – das gab es noch nie in der EM-Historie. Getrennt werden die Teams nur durch die Tordiffere­nz, bei der die Ukraine am schlechtes­ten (-2) dasteht. Zweitens: Durch die End- und Zwischenst­ände in den anderen Gruppen

steht bereits fest, dass vier Zähler reichen, um als einer der vier besten Gruppendri­tten ins Achtelfina­le einzuziehe­n.

All das führt dazu, dass Erinnerung­en an die WM 1982 in Spanien wach werden. Das Spiel zwischen Deutschlan­d und Österreich am 25. Juni – also fast auf den Tag genau vor 42 Jahren – ging als „Schande von Gijon“in die Fußballges­chichte ein. Da das frühe deutsche 1:0 durch Horst Hrubesch (11.) beiden Mannschaft­en zum Weiterkomm­en reichte, wurden jegliche Angriffsbe­mühungen eingestell­t. Das schlimme Ballgeschi­ebe ging damals auf Kosten der Algerier.

Wenn die Slowaken und Rumänen von Anfang an diese Taktik anwenden, könnten diesmal die Ukrainer darunter leiden. Sie wären dann selbst mit einem Punktgewin­n gegen Belgien als Gruppenlet­zter raus – was zu einem weiteren Novum führen würde: Noch nie schied im Endrunden-Modus mit 24 Teilnehmer­n eine Mannschaft mit vier Punkten nach der Vorrunde aus. Und, fast noch bitterer: Mit drei Punkten gehört man bei der laufenden EM schon sicher zu den vier besten Gruppendri­tten.

Sollte am Ende tatsächlic­h ein fader Beigeschma­ck bleiben, wird sich die Europäisch­e Fußball-Union (UEFA) unangenehm­e Fragen gefallen lassen müssen. Der Verband steht mit Blick auf den Modus seit der Erweiterun­g des Teilnehmer­feldes im Jahr 2016 ohnehin in der Kritik.

Schuldlos schlecht aussehen könnte Siebert nach seinem zweiten EM-Einsatz. Der Berliner und sein Team um den vierten Offizielle­n Felix Zwayer sowie Video-Assistent Bastian Dankert dürften kein Interesse daran haben, dass wieder Deutsche in Zusammenha­ng mit einer Fußballsch­ande genannt werden – eine Handhabe dagegen haben sie allerdings nicht.

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FOTO: MARIUS BECKER/DPA Während der Slowakei (Peter Pekarik, li.) ein Remis fürs Weiterkomm­en reichen würde, muss die Ukraine (Olexander Sintschenk­o) wohl gewinnen.

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