Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Der Verdächtige von Schwäbisch Hall schweigt
Nach dem Tod zweier Seniorinnen sind viele Fragen offen – Soko bleibt auch nach Festnahme bestehen
(dpa) - Nach der Festnahme eines 31-Jährigen, der zwei Seniorinnen in Schwäbisch Hall und Umgebung umgebracht haben soll, bleiben viele Fragen ungeklärt. Der mutmaßliche Täter wird vermutlich zunächst keine davon beantworten: Er hält an seinem Schweigen fest und äußert sich nicht zu den Vorwürfen, wie die Polizei am Donnerstag sagte.
Dem Mann werden Mord und Totschlag vorgeworfen. Er soll in der vergangenen Woche eine 89-Jährige in Michelbach an der Bilz und im Dezember eine 77-Jährige in Schwäbisch Hall getötet haben. Zudem wird er verdächtigt, für den Raubüberfall auf einen 89-jährigen Mann verantwortlich zu sein. Der Verdächtige war am Dienstag von Spezialeinheiten festgenommen worden, er sitzt in Untersuchungshaft.
Die Leichen der beiden Frauen waren in ihren Wohnungen entdeckt worden. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten bei einer Pressekonferenz am Mittwoch gesagt, dass sie eine mögliche Tatwaffe im weiträumigen Umfeld des Tatorts von Michelbach sichergestellt hätten. Auch DNA-Spuren und ein Phantombild, das nach dem Überfall entstanden ist, hatten zu dem mutmaßlichen Täter geführt.
„Viele Fragen sind noch offen“, sagte ein Sprecher der Polizei Aalen. Es müssten Spuren und Hinweise geprüft und Feststellungen
abgeglichen werden. Nicht bekannt ist bislang, wie genau die Frauen zu Tode kamen. Unklar ist auch noch, ob der Serbe bereits in seiner Heimat gewalttätig geworden ist. Er war nach eigenen Worten mit seiner Frau sowie zwei Kindern Anfang Dezember 2022 nach Deutschland eingereist, hieß es von der Polizei. Eine Meldeadresse in Deutschland habe er nicht.
„Eine Kontaktaufnahme mit dem Herkunftsland des Tatverdächtigen wird erfolgen, um zu klären, ob es dort schon Auffälligkeiten gab“, sagte Oberstaatsanwalt Harald Lustig dazu. Doch die extrem hohe Gewaltbereitschaft und die kurze Zeit zwischen den Taten deuten auf eine kriminelle Vorgeschichte hin.
Unklar ist auch, ob der Serbe für weitere Taten in Deutschland verantwortlich ist. Ungeklärt ist bisher auch der Tod einer 94 Jahre alten Seniorin, deren Leiche im Oktober 2020 in Schwäbisch Hall ganz in der Nähe der Wohnung der toten 77-Jährigen gefunden worden war. Auch hier geht die Polizei von einem Tötungsdelikt aus.
Im September 2021 hatte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsakte zunächst geschlossen, weil es keine weiteren Erkenntnisse gab.
Die Staatsanwaltschaft geht beim Tod der 77-Jährigen von Mord aus Habgier aus, weil der Verdächtige einen Geldbetrag in niedriger bis mittlerer dreistelliger Höhe erbeutet haben soll. Im Fall der Getöteten aus
Michelbach sprachen die Ermittler zunächst von Totschlag.
Der Tod der Seniorinnen hatte die Menschen in der Region Schwäbisch Hall in Aufregung und Sorge versetzt. Schon nach dem Tod der 77Jährigen im Dezember hatte die Polizei die Soko „Höhe“gebildet. Als rund einen Monat später die Leiche der 89-Jährigen in Michelbach gefunden wurde, wurde die Soko von rund 50 auf mehr als 75 Beamte aufgestockt – unterstützt von Spezialisten der Rechtsmedizin, des Kriminaltechnischen Instituts des Landeskriminalamtes sowie Kräften des Polizeipräsidiums Einsatz.
Unter hohem Druck habe die Soko herausragende Arbeit geleistet, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU). „Insbesondere das Zusammenspiel sorgfältiger Ermittlungsführung und modernster Kriminaltechnik war der Schlüssel zum Erfolg.“Nach Worten von Oberstaatsanwalt Lustig gehen die Ermittlungen zu den Hintergründen der Taten unverändert weiter. Die Soko bleibe auch nach der Festnahme des 31-Jährigen vorerst in gleicher Stärke bestehen. Die Ermittler hätten Parallelen in den drei Fällen ausgemacht und Verdacht geschöpft, weil die drei Opfer zum Beispiel ältere Frauen aus der gleichen Region gewesen und mittwochs getötet worden waren. Bis Dienstag hatten sie die Ermittlungen und die Überprüfung noch „Routine“und „Automatismus“genannt.