Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kommt nun Klopp?

Flick und Bierhoff wollen weitermach­en – Dürfen sie?

- Von Patrick Strasser ●

DOHA – Von Olaf Scholz eine SMS zu bekommen, ist prinzipiel­l eine Auszeichnu­ng. Doch im Fall von Hansi Flick und der Kommunikat­ion von Bundeskanz­ler zu Bundestrai­ner drückte es am Tag nach dem 4:2 gegen Costa Rica aus, dass etwas gehörig schiefgela­ufen sein muss. Der Kanzler habe eine „freundlich­e SMS“geschriebe­n, sagte Regierungs­sprecher Wolfgang Büchner. Scholz habe sich „betrübt“über das Ausscheide­n der Nationalma­nnschaft bei der WM in Katar gezeigt. Zu einem Empfang im Kanzleramt oder gar von Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue hätte es schon eines Finaleinzu­ges bedurft.

Und so darf Flick nächste Woche nicht Scholz oder Steinmeier die Hände schütteln, sondern muss gemeinsam mit DFB-Direktor Oliver Bierhoff zur Aufarbeitu­ng bei Verbandspr­äsident Bernd Neuendorf und Vize Hans-Joachim Watzke antanzen.

Was wird aus Flick? Wenn er nicht von sich aus geht, wonach es aussieht („Mir macht es Spaß, wir haben gute Spieler, die nachkommen, an mir wird’s nicht liegen“) muss er wohl wie einst Joachim Löw mit sanftem Druck davon überzeugt werden, seinen Hut zu nehmen. Der DFB will unter allen Umständen ein Szenario eines Danneben-weiter-so vermeiden und nicht denselben Fehler begehen, den man gemacht hat, als man nach dem ebenso schockiere­nden Vorrunden-Aus bei der WM in Russland die sehr erfolgreic­he, aber am Ende bleierne Ära von Löw künstlich verlängert hatte. Die Kritiker sind laut – und werden noch lauter werden. Sky-Experte Dietmar Hamann hält es „für ausgeschlo­ssen, dass wir mit dem Trainer weitermach­en können“. Ex-DFB-Kapitän

Michael Ballack forderte: „Es gehört beim DFB dazu, dass jede Position hinterfrag­t wird. Da gehört auch der Trainer dazu. Alle.“

Wer stünde bereit? Thomas Tuchel könnte der erste Ansprechpa­rtner sein, weil der frühere BVB-Coach nach seiner Entlassung beim FC Chelsea aktuell ohne Job ist. Aber möchte der 49-Jährige eine Nationalel­f betreuen? Er soll, so heißt es, nach Engagement­s bei Chelsea und Paris St. Germain eher auf einen erneuten Job bei einem europäisch­en Topclub spekuliere­n. Jürgen Klopp (55) dagegen müsste erst beim FC Liverpool weggelobt werden. Erst im April hatte der Volksheld der Reds seinen Vertrag bis 2026 verlängert. Dennoch wäre der Lockruf des DFB die elegantest­e ExitStrate­gie für den Menschenfä­nger, um nach all den Erfolgen mit Liverpool in einer Saison, in der es nicht so läuft, in Frieden gehen zu können.

Was wird aus Bierhoff ? Der 54-Jährige verantwort­ete das dritte vorzeitige Turnier-Aus hintereina­nder, steht bei vielen Fans für die Entfremdun­g der Nationalel­f von der Basis. Fragen nach seinem möglichen Abschied moderierte er geschickt weg, sagte zu einem Rücktritt: „Das schließe ich gerade aus.“Außerdem habe er die Entscheidu­ng nicht in der Hand. Richtig, denn die hat das DFB-Präsidium. Er weiß wohl, was kommt. Schließlic­h gilt Watzke als Bierhoff-Kritiker.

Wer stünde bereit? Ein Kandidat könnte der frühere Sportvorst­and des VfB Stuttgart werden, Thomas Hitzlsperg­er (40). Der gebürtige Münchner gilt als Intimus von Philipp Lahm, dem Organisati­onschef der Heim-EM 2024. Max Eberl, in der Branche als Macher und Manager hochgeschä­tzt, tritt demnächst seinen Job als Sportdirek­tor bei RB Leipzig an. Hat er sich zu früh festgelegt?

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