Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Für die Göge ist seine Arbeit von unschätzba­rem Wert

Hermann Brendle wird zum Ehrenbürge­r der Gemeinde Hohentenge­n ernannt

- Von Jennifer Kuhlmann

- Mit unglaublic­her Ausdauer, Akribie und wissenscha­ftlichem Forscherge­ist hat sich Hermann Brendle drei Jahrzehnte lang mit der Geschichte Hohentenge­ns und seiner Ortsteile beschäftig­t. Für das außerorden­tliche ehrenamtli­che Engagement, mit dem er ein dreibändig­es Standardwe­rk über die Göge geschaffen hat, hat er am Mittwochab­end eine besondere Auszeichnu­ng erhalten. Nach einem entspreche­nden Beschluss im Gemeindera­t hat Bürgermeis­ter Peter Rainer den 86Jährigen zum Ehrenbürge­r der Gemeinde ernannt.

Obwohl er seinen Wohnort bereits 1969 nach Bad Saulgau, die Heimatstad­t seiner Frau Edeltrud, verlegte, ist Hermann Brende seiner Heimat - der Göge - immer treu geblieben. Der gelernte Zimmermann studierte nach ein paar Jahren als Geselle in Ennetach Bautechnik und Architektu­r und arbeitete in verschiede­nen Architektu­rbüros bevor er ins Bauamt der Stadt Bad Saulgau wechselte. „Als die Pfarrkirch­e St. Johannes in der Innenstadt und die Kapelle in Schwarzach renoviert und restaurier­t wurden, habe ich begonnen, mich für die Geschichte von Gebäuden zu interessie­ren“, erinnert er sich. Rückblicke­nd sei das der Beginn seines Hobbys der Heimatfors­chung gewesen.

Hermann Brendle ist es zu verdanken, dass heutige und nachfolgen­de Generation­en bei Interesse sehr viel über die Geschichte der Gemeinde Hohentenge­n nachlesen können. Die drei Bände des Geschichts­und Heimatbuch­s „Hohentenge­n, die Göge“sei als Gemeindech­ronik von unschätzba­rem Wert, betonte denn auch Bürgermeis­ter Peter Rainer. „Dieses Werk beschreibt nicht nur die Ereignisse der zurücklieg­enden Jahrhunder­te, sondern es ist sehr viel mehr: Es zeigt, wie die Menschen früherer Generation­en gelebt und gearbeitet, was sie erduldet und für was sie gekämpft haben.“Die Chronik mache deutlich, wie die Vorfahren die Heimat geprägt und wie sie materielle und immateriel­le Werte geschaffen und weitergebe­n haben.

„Wer seine Geschichte nicht erzählen kann, existiert nicht.“Mit diesem

Zitat des indisch-britischen Autors Salman Rushdie stellte Rainer die Wichtigkei­t der Arbeit von Hermann Brendle heraus. „Dank Ihrer Arbeit wissen wir, wer wir sind und können unsere Geschichte erzählen.“Das habe auch das Ministeriu­m für Wissenscha­ft, Forschung und Kunst Baden-Württember­g bereits 2013 mit dem Landesprei­s für Heimatfors­chung gewürdigt.

Bei seiner Arbeit in den Archiven von Oberschwab­en bis Freiburg und Wien hat sich Brendle die Zeit genommen, die er für notwendig hielt. „Mit dem Eintritt in den Ruhestand 1999 sind meine Forschunge­n noch intensiver geworden“, sagt er. Dass er sich mit der Veröffentl­ichung der Chronik nicht hat drängeln lassen, beschrieb Hohentenge­ns ehemaliger Bürgermeis­ter Franz Ott recht anschaulic­h. Als

Otts Amtszeit sich im Jahr 2008 dem Ende entgegen neigte, hätte dieser Brendles Buch gern in trockenen Tüchern gewusst. „Jedes Mal, wenn er ins Rathaus kam, habe ich ihn danach gefragt“, sagt er schmunzelt.

Um die Forschungs­arbeiten für die Gemeinde zu sichern, sollte Brendle etwas zustoßen, schlossen Bürgermeis­ter und Heimatfors­cher schließlic­h einen Vertrag. Gegen ein Honorar trat Hermann Brendle Kopien seine Recherchen bis zu diesem Zeitpunkt an die Gemeinde ab. Diese verpflicht­ete sich im Gegenzug, das Material zu Lebzeiten nur mit Genehmigun­g des Forschers anzutasten. Die Kiste mit den Unterlagen verschwand in einem Schließfac­h der Volksbank - und blieb dort unangetast­et, bis aus der Volksbank das heutige Rathaus in der Steige wurde. Peter Rainer lieferte am Mittwoch den Beweis und zeigte den mit Panzerband verschloss­enen Karton herum.

Franz Ott betonte in seinem Grußwort die stets wissenscha­ftliche Vorgehensw­eise Brendles. „Es wurde nichts geschriebe­n, was nicht belegt

werden konnte und nichts behauptet, für das es keine Beweise gab“, sagte er und prophezeit­e, dass es noch viele Nutznießer dieser Arbeit geben werde. Er sprach außerdem Brendles Ehefrau und seiner Familie seinen Dank dafür aus, dass sie sein über die Norm reichendes Engagement mitgetrage­n haben.

„Jeder Gögemer sollte in dieses Buch schauen“, befand auch Klaus Burger, der als Landtagsab­geordneter und Lokalpolit­iker zugegen war. „Auch Politiker können bei der Lektüre lernen und lesen, was früher falsch gemacht wurde.“Er bezeichnet­e das Werk als eine „Fibel“, in die man immer wieder reinschaue­n könne.

Hermann Brendle nahm die gerahmte Urkunde mit viel Freude entgegen.

„Es ist eine ganz besondere Ehrung, für die ich auch einem gewissen Stolz empfinde“, sagte er. „Sie bedeutet für mich eine weitere Wertschätz­ung meiner Forschungs­arbeit.“

Ganz aufgegeben hat er seine Forschunge­n übrigens trotz seines beachtlich­en Alters nicht. „Archivarbe­it hält fit im Kopf“sagt er. Woran er gerade arbeitet, möchte er aber nicht verraten. Regelmäßig hilft er noch im Stadtarchi­v in Bad Saulgau aus, dessen Leitung er nach seiner Pensionier­ung acht Jahre kommissari­sch übernommen hatte.

Hermann Brendle ist der zweite Ehrenbürge­r der Gemeinde Hohentenge­n. Im Jahr 2016 hat Johann Sauter, der übrigens unter den Gästen der Feierstund­e für Brendle war, die Ehrenbürge­rwürde für sein vielfältig­es Engament erhalten.

„Dank Ihrer Arbeit wissen wir, wer wir

sind und können unsere Geschichte

erzählen“, sagt Bürgermeis­ter Peter Rainer über

Hermann Brendles Heimatfors­chung.

„Es wurde nichts geschriebe­n, was nicht belegt werden konnte und nichts behauptet, für das es keine

Beweise gab“, lobt Franz Ott die Arbeitsewi­se von

Hermann Brendle.

 ?? FOTO: JENNIFER KUHLMANN ?? Hohentenge­ns Bürgermeis­ter Peter Rainer (r.) überreicht Hermann Brendle die Urkunde zu seiner Ernennung zum Ehrenbürge­r der Gemeinde.
FOTO: JENNIFER KUHLMANN Hohentenge­ns Bürgermeis­ter Peter Rainer (r.) überreicht Hermann Brendle die Urkunde zu seiner Ernennung zum Ehrenbürge­r der Gemeinde.

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