Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Für die Göge ist seine Arbeit von unschätzbarem Wert
Hermann Brendle wird zum Ehrenbürger der Gemeinde Hohentengen ernannt
- Mit unglaublicher Ausdauer, Akribie und wissenschaftlichem Forschergeist hat sich Hermann Brendle drei Jahrzehnte lang mit der Geschichte Hohentengens und seiner Ortsteile beschäftigt. Für das außerordentliche ehrenamtliche Engagement, mit dem er ein dreibändiges Standardwerk über die Göge geschaffen hat, hat er am Mittwochabend eine besondere Auszeichnung erhalten. Nach einem entsprechenden Beschluss im Gemeinderat hat Bürgermeister Peter Rainer den 86Jährigen zum Ehrenbürger der Gemeinde ernannt.
Obwohl er seinen Wohnort bereits 1969 nach Bad Saulgau, die Heimatstadt seiner Frau Edeltrud, verlegte, ist Hermann Brende seiner Heimat - der Göge - immer treu geblieben. Der gelernte Zimmermann studierte nach ein paar Jahren als Geselle in Ennetach Bautechnik und Architektur und arbeitete in verschiedenen Architekturbüros bevor er ins Bauamt der Stadt Bad Saulgau wechselte. „Als die Pfarrkirche St. Johannes in der Innenstadt und die Kapelle in Schwarzach renoviert und restauriert wurden, habe ich begonnen, mich für die Geschichte von Gebäuden zu interessieren“, erinnert er sich. Rückblickend sei das der Beginn seines Hobbys der Heimatforschung gewesen.
Hermann Brendle ist es zu verdanken, dass heutige und nachfolgende Generationen bei Interesse sehr viel über die Geschichte der Gemeinde Hohentengen nachlesen können. Die drei Bände des Geschichtsund Heimatbuchs „Hohentengen, die Göge“sei als Gemeindechronik von unschätzbarem Wert, betonte denn auch Bürgermeister Peter Rainer. „Dieses Werk beschreibt nicht nur die Ereignisse der zurückliegenden Jahrhunderte, sondern es ist sehr viel mehr: Es zeigt, wie die Menschen früherer Generationen gelebt und gearbeitet, was sie erduldet und für was sie gekämpft haben.“Die Chronik mache deutlich, wie die Vorfahren die Heimat geprägt und wie sie materielle und immaterielle Werte geschaffen und weitergeben haben.
„Wer seine Geschichte nicht erzählen kann, existiert nicht.“Mit diesem
Zitat des indisch-britischen Autors Salman Rushdie stellte Rainer die Wichtigkeit der Arbeit von Hermann Brendle heraus. „Dank Ihrer Arbeit wissen wir, wer wir sind und können unsere Geschichte erzählen.“Das habe auch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg bereits 2013 mit dem Landespreis für Heimatforschung gewürdigt.
Bei seiner Arbeit in den Archiven von Oberschwaben bis Freiburg und Wien hat sich Brendle die Zeit genommen, die er für notwendig hielt. „Mit dem Eintritt in den Ruhestand 1999 sind meine Forschungen noch intensiver geworden“, sagt er. Dass er sich mit der Veröffentlichung der Chronik nicht hat drängeln lassen, beschrieb Hohentengens ehemaliger Bürgermeister Franz Ott recht anschaulich. Als
Otts Amtszeit sich im Jahr 2008 dem Ende entgegen neigte, hätte dieser Brendles Buch gern in trockenen Tüchern gewusst. „Jedes Mal, wenn er ins Rathaus kam, habe ich ihn danach gefragt“, sagt er schmunzelt.
Um die Forschungsarbeiten für die Gemeinde zu sichern, sollte Brendle etwas zustoßen, schlossen Bürgermeister und Heimatforscher schließlich einen Vertrag. Gegen ein Honorar trat Hermann Brendle Kopien seine Recherchen bis zu diesem Zeitpunkt an die Gemeinde ab. Diese verpflichtete sich im Gegenzug, das Material zu Lebzeiten nur mit Genehmigung des Forschers anzutasten. Die Kiste mit den Unterlagen verschwand in einem Schließfach der Volksbank - und blieb dort unangetastet, bis aus der Volksbank das heutige Rathaus in der Steige wurde. Peter Rainer lieferte am Mittwoch den Beweis und zeigte den mit Panzerband verschlossenen Karton herum.
Franz Ott betonte in seinem Grußwort die stets wissenschaftliche Vorgehensweise Brendles. „Es wurde nichts geschrieben, was nicht belegt
werden konnte und nichts behauptet, für das es keine Beweise gab“, sagte er und prophezeite, dass es noch viele Nutznießer dieser Arbeit geben werde. Er sprach außerdem Brendles Ehefrau und seiner Familie seinen Dank dafür aus, dass sie sein über die Norm reichendes Engagement mitgetragen haben.
„Jeder Gögemer sollte in dieses Buch schauen“, befand auch Klaus Burger, der als Landtagsabgeordneter und Lokalpolitiker zugegen war. „Auch Politiker können bei der Lektüre lernen und lesen, was früher falsch gemacht wurde.“Er bezeichnete das Werk als eine „Fibel“, in die man immer wieder reinschauen könne.
Hermann Brendle nahm die gerahmte Urkunde mit viel Freude entgegen.
„Es ist eine ganz besondere Ehrung, für die ich auch einem gewissen Stolz empfinde“, sagte er. „Sie bedeutet für mich eine weitere Wertschätzung meiner Forschungsarbeit.“
Ganz aufgegeben hat er seine Forschungen übrigens trotz seines beachtlichen Alters nicht. „Archivarbeit hält fit im Kopf“sagt er. Woran er gerade arbeitet, möchte er aber nicht verraten. Regelmäßig hilft er noch im Stadtarchiv in Bad Saulgau aus, dessen Leitung er nach seiner Pensionierung acht Jahre kommissarisch übernommen hatte.
Hermann Brendle ist der zweite Ehrenbürger der Gemeinde Hohentengen. Im Jahr 2016 hat Johann Sauter, der übrigens unter den Gästen der Feierstunde für Brendle war, die Ehrenbürgerwürde für sein vielfältiges Engament erhalten.
„Dank Ihrer Arbeit wissen wir, wer wir
sind und können unsere Geschichte
erzählen“, sagt Bürgermeister Peter Rainer über
Hermann Brendles Heimatforschung.
„Es wurde nichts geschrieben, was nicht belegt werden konnte und nichts behauptet, für das es keine
Beweise gab“, lobt Franz Ott die Arbeitsewise von
Hermann Brendle.